Aktuelles zur Abnahme von Werkleistungen

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Vom OLG München kommt eine neue Entscheidung zu der Frage, wann eine Bauwerksleistung durch schlüssiges Handeln als abgenommen gilt. 

Der Bauherr hatte den Auftragnehmer bereits im Jahr 2006 mündlich mit der Lieferung und Montage einer Heizungsanlage nebst Errichtung einer Brunnenanlage für die mit Grundwasser zu speisende Grundwasserwärmepumpe beauftragt. Die Anlage wurde in Anwesenheit des Bauherrn Anfang Juli 2006 in Betrieb genommen. Sie wurde bestimmungsgemäß zur Heizung und zur Warmwasserbereitung genutzt. Im Herbst desselben Jahres musste der Auftragnehmer nachbessern, weil der Schluckbrunnen der Anlage übergelaufen war. Der Bauherr behielt Restwerklohn ein. In der Folge trafen die Parteien am 08.01.2007 eine Vereinbarung über die ratenweise Bezahlung des vereinbarten Restwerklohns. Im Jahr 2009 kam es zu erneuten Ausfällen der Anlage. Der Auftragnehmer verweigerte die Nachbesserung unter Berufung darauf, der Bauherr habe die vereinbarte Ratenzahlung nicht geleistet. Der Bauherr leitete im Januar 2012 ein gerichtliches Beweisverfahren ein. Grundlegende Mängel der Anlage wurden festgestellt. Zudem fiel im November 2012 die Wärmepumpe vollständig aus. Heizung und Warmwasseraufbereitung liefen nicht mehr. Der Bauherr ließ die Anlage schließlich im Jahr 2015 durch eine Gasheizung mit Solaranlage ersetzen. Er forderte vom Auftragnehmer Schadensersatz in Höhe von rund € 56.000,00. Der Auftragnehmer berief sich neben dem bestreiten behaupteter Leistungsmängel auf die Anspruchsverjährung. Das Landgericht verurteilte den Auftragnehmer zur Zahlung von rund € 48.000,00.

Das OLG München hob in der Berufung das der Klage weitgehend stattgebende Urteil auf. Denn Ansprüche des Bauherrn seien verjährt. Mit der Ratenvereinbarung im Januar 2007 habe er eine Abnahmesituation geschaffen, weil das Werk nach Dafürhalten beider Parteien vollständig fertiggestellt, gebrauchsfähig und tatsächlich in Gebrauch und sogar bereits schlussabgerechnet gewesen sei. Der Kläger als Besteller habe seit Einbau der Anlage im Juli 2006 bzw. nach erfolgter Nachbesserung im Herbst 2006 eine angemessene Zeit zur Verfügung gehabt um die Funktionsfähigkeit der Anlage in Bezug auf die Erbringung der geschuldeten Heizungsleistung und Warmwasserbereitung zu prüfen.   

Welcher Zeitraum insofern als angemessen anzusehen sei, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von Art und Umfang des Werks, das in Gebrauch genommen werde (BGH, Urteil vom 20. September 1984, VII ZR 377/83). Unter Gesamtwürdigung der vorliegenden Umstände sei eine Prüfungsfrist längstens bis Ende des Jahres 2006 angemessen gewesen. Die Anlage sei bereits am 7. Juli 2006 in Betrieb genommen und ab diesem Zeitpunkt auch zur Warmwasserbereitung genutzt worden. Nach zwischenzeitlicher Nachbesserung habe die Beklagte sodann im November 2006 die Schlussrechnung gestellt. Die von diesem Zeitpunkt bis zum Jahresende 2006 verbleibenden mindestens sieben Wochen im Winter hätten nach Überzeugung des Berufungsgerichts unzweifelhaft eine angemessene Zeitspanne dargestellt, innerhalb derer nach der Verkehrserwartung eine gründliche Prüfung der Heizungsanlage auf ihre Funktionstauglichkeit möglich gewesen sei. Auch den Einwand des Bauherrn, bei dem Einbau einer Grundwasserwärmepumpe handle es sich um einen Spezialfall und eine nachhaltige Prüfung einer Grundwasserwärmepumpe sei nur während einer längeren Kälteperiode möglich, weil erst dann die Kälte auch im Grundwasser ankomme, wies das OLG München zurück. Thermisch nutzbares Grundwasser habe eine im Jahresverlauf im Wesentlichen gleichbleibende Temperatur. Dies sei aus anderen Gerichtsverfahren bekannt. Schließlich habe der Bauherr mit der Bezahlung eines Großteils des nach Schlussrechnung noch offenen Werklohns am 3. Januar 2007 und dem Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung am 8. Januar 2007 gegenüber dem Auftragnehmer eindeutig und schlüssig seinen Willen zum Ausdruck gebracht, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß zu billigen (vgl. Palandt, BGB, § 640 Rn. 6 mwN). Damit endete die mit dem Tag der Abnahme am 8. Januar 2007 beginnende fünfjährige Verjährungsfrist am 8. Januar 2012. Die Zustellung des Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens sei erst am 27. Januar 2012 und damit nach Fristablauf erfolgt und habe die Verjährung nicht mehr hemmen können.

(OLG München, Urteil vom 08.05.2019 - 20 U 124/19 Bau)


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