Anlegeraufsichtsrechtliche gesetzliche Neuerungen

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Produktinformationsblätter (PIBs) für Finanzinstrumente nach § 1 KWG ab 01.07.2011

Ab dem 01. Juli 2011 sind Produktinformationsblätter (PIBs) für Finanzinstrumente im Sinne des § 1 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) verpflichtend. Der Inhalt der Produktinformationsblätter ist in § 5 a der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDVerOV) geregelt. Funktionsweise und Ertragsaussichten unter verschiedenen Bedingungen erfordern eine ausführliche Darstellung. Das PIB muss vom Vermittler selber erstellt und überprüft werden. Verstöße gegen die Ordnungsgemäßheit der Inhalte sind mit Bußgeld bewehrt. § 5 a WpDVerOV stellt nach der Gesetzesbegründung ein Schutzgesetz dar.

Zum Inhalt der PIBs hatte die BaFin das Rundschreiben 6/2011 vom 01. Juni 2011 erlassen. Dort wurde darauf hingewiesen, dass das Informationsblatt „professionellen Kunden" im Sinne des § 31 a Abs. 2 Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) nicht zur Verfügung gestellt werden müsse.

Die Bezeichnung der Informationsblätter, die Art und Weise sowie der Zeitpunkt der Zurverfügungstellung im Übrigen sollen im Beratungsprotokoll (gilt seit dem 01.01.2010) vermerkt werden.

Bei dem gebundenen Vermittler (er steht unter dem Haftungsdach des Wertpapierdienstleistungsunternehmens und ist dort auch versichert) trage das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Verantwortung dafür, dass die Informationsblätter den normativen Anforderungen entsprechen würden.

Die Nichtüberreichung des PIBs vor dem Vertrag könne einen Bußgeldtatbestand verwirken, Ziffer 4. i. Rundschreiben 6/2011 vom 01. Juni 2011. Der Inhalt der PIBs könne durch Rechtsverordnung erfolgen.

In einem Diskussionsentwurf der BaFin für ein Produktinformationsblatt über Aktienfonds wurde ein Hinweis auf den Totalverlust formuliert.

Prüfergebnisse der BaFin vom 05.12.2011 zu den PIBs

Die Beschreibung der Produkte sowie der Funktionsweise war nach der Prüfung der BaFin häufig zu abstrakt und oberflächlich, so ein Bericht vom 05.12.2011. Nach der BaFin-Auslegung ist ein Mindestmaß an Detaillierung erforderlich, bspw. indem bei Aktien und Unternehmensanleihen die Branche des emittierenden Unternehmens genannt wird. (Quelle: http://www.bafin.de/nn_722754/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Service/Sonstige/pm__111205__bericht__produktinformationsblaetter.html)

Key Investor Dokument (KID) bei Investmentanteilen

Bei Investmentanteilen gilt die „wesentliche Anlegerinformation" nach § 42 Investmentgesetz (InvG). Es ist das Key Investor Dokument (KID) in der durch das OGAW-IV-Umsetzungsgesetz geänderten, ab dem 01.07.2011 geltenden Fassung (BaFin-Rundschreiben 6/2011 v. 01. Juni 2011, dort Ziffer 4. c.. Bei der Anlageberatung bei Investmentfonds gibt es derzeit keine Erlaubnispflicht für die Anlageberatung. Es gilt noch die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG.

Dieses wird sich in Zukunft ändern. Der Finanzanlagenvermittler (ein neuer Begriff nach § 34 f Gewerbeordnung (GewO)) bedarf zukünftig einer Erlaubnis für die Anlageberatung oder Anlagevermittlung auch von Investmentanteilen.

Die Rechtsgrundlage für PIBs und KIDs ist das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz mit der Neufassung des § 31 Abs. 3a WpHG.

Vermögensanlagen-Informationsblatt - VIB („Beipackzettel")

Der Beipackzettel, das ist das Vermögensanlagen-Informationsblatt - VIB nach dem zukünftigen Vermögensanlagengesetz (ersetzt das derzeitige Verkaufsprospektgesetz), gilt für Energiefonds, Solarfonds, Filmfonds, Schiffsfonds, geschlossene Immobilienfonds etc. voraussichtlich ab 2012. Es richtet sich an die Emittenten. Die Vermögensanlagen nach dem Vermögensanlagengesetz sind zukünftig Finanzinstrumente. Finanzinstrumente können aufsichtsrechtliche Möglichkeiten durch die BaFin eröffnen.

PIBs, KIDs und VIBs

Zu unterscheiden sind also PIBs, KIDs und VIBs. Sie konkretisieren lediglich die bisher geltende Rechtsprechung in Bezug auf die jeweilige Anlage. Diese Dokumente unterfallen haftungsrechtlich nicht dem Wertpapierhandelsgesetz, nicht dem bisherigen Verkaufsprospektgesetz und nicht dem zukünftigen Vermögensanlagengesetz. Für diese Dokumente gilt voraussichtlich die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung der Rechtsprechung.

Freie Anlageberater nach § 34 c GewO

Der freie Anlagenberater darf keine Anlagen vermitteln, die in § 1 KWG aufgelistet sind, etwa Aktien, Anleihen, Derivate oder Schuldverschreibungen. Er vermittelt im wesentlichen Anteile an geschlossenen Fonds. Betroffen sind vor allem AXA Merkens Fonds, Bouwfonds, Buss Capital, BVT Holding, Commerz Real CFB-Fonds, DCM Deutsche Capital Management, Deutsche Bank Asset Finance & Leasing, Deutsche Fonds Holding, Deutsche Structured Finance, Doric Asset Finance, Dr. Peters, DWS Finanz-Service, E&P Real Estate, GEBAB, Hahn Gruppe, Hamburg Trust, Hannover Leasing, Hansa Treuhand, HCI Capital, Hesse Newman Capital, HGA Capital, HIH Hamburgische Immobilien Handlung, IDEENKAPITAL, ILG Fonds, Industrifinans Real Estate, IVG Private Funds, JAMESTOWN, KGAL, König & Cie, LHI Leasing, Lloyd Fonds, MPC Münchmeyer Petersen Capital, Nordcapital, OwnerShip, PCE Premium Capital, Real IS, SachsenFonds, SHB, Signa Property Funds, US Treuhand, Voigt & Coll., WealthCap - Wealth Management Capital Holding, White Owl, Wölbern Invest.

Finanzanlagenvermittler nach § 34 f Gewerbeordnung

Sachkunde und Zuverlässigkeit werden in dem Entwurf nach § 34 f Gewerbeordnung gefordert. Es ist wird eine Prüfung vorausgesetzt werden. Eine „Alte-Hasen-Regelung" gilt für Vermittler ab 2006. 

Für den Finanzanlagenvermittler nach § 34 f Gewerbeordnung ist zukünftig die Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) einschlägig. Der Finanzanlagenvermittler benötigt hiernach eine Erlaubnis für die Beratung und Vermittlung von Anteilen an geschlossenen Fonds und Investmentfonds. Es findet eine Sachkundeprüfung statt. Er benötigte eine Haftpflichtversicherung. Auch für ihn gelten die Regelung von PIBs und KIDs, § 15 FinVermV. Die Vertragsschließung findet nach der Kundenexploration in Richtung persönlicher Geeignetheit statt, § 16 FinVermV. Es gelten fast die gleichen Aufklärungs- und Verhaltenspflichten wie beim Wertpapierhandelsgesetz. Eine Offenlegung der Zuwendungen ist ebenfalls erforderlich, § 17 FinVermV (allerdings muss eine Qualitätsverbesserung wie in § 31 d Abs. 1 Nr. 1 WpHG nicht nachgewiesen werden). Ebenfalls muss ein Beratungsprotokoll erstellt werden, § 18 FinVermV. Eigentum oder Besitz an den Finanzanlagen darf sich der Finanzanlagenvermittler nicht verschaffen, § 20 FinVermV. Ordnungswidrigkeitentatbestände können bei Missachtung der FinVermV erfüllt sein.

Für den Finanzanlagenvermittler nach § 34 f Gewerbeordnung gilt das zukünftige Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) als Nachfolgeregelung des Verkaufsprospektgesetzes.

Die Vermögensanlagen im Sinne des bisherigen Verkaufsprospektgesetzes, im wesentlichen KG-Anteile an geschlossenen Fonds, sind in Zukunft Finanzinstrumente, wie bereits ausgeführt. Dieses ergibt sich aus der Änderung des § 2 Abs. 2 a Wertpapierhandelsgesetz am 27.10.2011.

Damit sind Aufsichtsbefugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gegenüber den beteiligten Emittenten vorstellbar. Die Grenzen ergeben sich aus § 2 a Abs. 1 Ziffer 7 e WpHG. Anbieter oder Emittenten von Vermögensanlagen gelten danach grundsätzlich nicht als Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Hiernach sind geschlossene Fonds keine Wertpapierdienstleistungsunternehmen, sofern sie bloß Anbieter oder Emittenten sind, ohne zu beraten oder zu vermitteln. Die Grenzen zu den aufsichtspflichtigen Dienstleistungen können hier fließend sein.

In dem Merkblatt der BaFin vom 17. Mai 2011 zu den Begriffen der Anlageberatung und Anlagevermittlung wird klargestellt, dass Umgehungsversuchen eine Absage erteilt wird. Genehmigungsfrei ist ein Brieftransportunternehmen, das im Rahmen seiner üblichen Tätigkeit einen Zeichnungsschein eines Anlegers weiterleitet. Hier ist eine Anlagevermittlung nicht anzunehmen.

Wer einen Kontakt zwischen zwei Parteien herstellt, damit diese ein Geschäft über die Anschaffung oder die Veräußerung von Finanzinstrumenten abschließen, der vermittelt erlaubnispflichtig. 

Nach dem gemeinsamen Informationsblatt der BaFin und der Deutschen Bundesbank zum Tatbestand der Anlageberatung vom Mai 2011 erstreckt sich die Definition der Anlageberatung im Sinne von § 1 a Satz 2 Nr. 1 a KWG auf alle Finanzinstrumente.

Die Initiatoren von geschlossenen Fonds sind gut beraten, im Zweifelsfall eine Genehmigung nach § 32 Kreditwesengesetz zu beantragen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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