Anspruch auf Löschung von Jameda-Bewertungen

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Empfehlungsportale wie Jameda sind im Zeitalter des Internets wichtige Marketing-Hilfen für Ärzte. So lassen sich laut Dt. Ärzteblatt mittlerweile zwei von drei Portalnutzern bei der Arztwahl durch Onlinebewertungen beeinflussen. 

Jameda ist als Tochtergesellschaft der Burda Digital GmbH laut Statistischem Bundesamt Marktführer unter den Bewertungsportalen für Ärzte und Heilberufe. Positive Bewertungen können Praxisinhabern also gute Dienste erweisen.

Ärgerlich wird es allerdings für den betroffenen Arzt, wenn derartige Plattformen für Beleidigungen oder schlechte Bewertungen genutzt werden. 

Die Frage, ob und was bei Jameda gelistete Ärzte ggf. löschen lassen können, ist nicht immer einfach zu beantworten. Nachfolgend möchte ich Ihnen einen Überblick über die Rechtslage zu Jameda geben:

I. Muss ich als Arzt die Veröffentlichung eines Profils auf Jameda dulden?

Nein, wenn Jameda nicht mehr neutraler Informationsmittler ist, sondern zahlenden Ärzten Vorteile verschafft. In diesem Fall überwiegt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arztes und Jameda ist zur Löschung des Profils mit allen personenbezogenen Daten verpflichtet.

In der Vergangenheit musste sich der Bundesgerichtshof bereits in diversen Fallkonstellationen mit Löschungs- und Unterlassungsansprüchen von Ärzten auseinandersetzen. Grundsätzlich stehen sich hier widerstreitende Grundrechte des betroffenen Arztes und Jameda gegenüber, die im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden müssen. Obsiegt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des betroffenen Arztes, muss Jameda das Profil löschen und die Veröffentlichung der Daten in Zukunft unterlassen (Anspruchsgrundlage §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB analog in Verbindung mit Datenschutzrecht).

1. Rechtslage im Jahr 2014

Im Jahr 2014 (also vor Inkrafttreten der DSGVO) entschied der BGH zunächst, dass ein Arzt grundsätzlich die Nennung seiner Basisdaten im Zusammenhang mit Noten und Freitextkommentaren vor dem Hintergrund der freien Arztwahl zu dulden hat und keine Löschung seines (unfreiwilligen) Profils von Jameda fordern kann, solange Jameda „neutraler“ Informationsmittler ist (BGH, Urteil vom 23.09.2014, Az. VI ZR 358/13). 

Zu diesem Zeitpunkt beschränkte sich Jameda darauf in Profilen lediglich „Basisdaten“ des einzelnen Arztes zusammen mit Noten und Freikommentaren zu veröffentlichen. Der BGH wägte hier die Grundrechte der beteiligten Parteien ab und kam zu dem Ergebnis, dass ein Arzt die Nennung seiner Daten ebenso wie die Bewertungen grundsätzlich zu dulden habe.

2. Rechtslage im Jahr 2018

Im Jahr 2018 (ebenfalls vor Inkrafttreten der DSGVO) klagte erneut eine Ärztin auf Löschung ihres unfreiwillig veröffentlichten Basisprofils gegen Jameda und gewann den Prozess (Urteil vom 20.02.2018, Az. VI ZR 30/17). Zu diesem Zeitpunkt hatte Jameda das Internetangebot erweitert und veröffentlichte neben kostenlosen Profilen nun auch kostenpflichtige Profile für Ärzte. Suchte man nach dem kostenlosen Profil der Ärztin, erschienen neben dem Profil Anzeigen von konkurrierenden und an Jameda zahlenden Ärzten.

Der Bundesgerichtshof nahm dies zum Anlass, den Löschungsanspruch der Ärztin zu bejahen. Der Senat begründete seine Auffassung damit, dass Jameda in diesem Fall nicht mehr neutraler Informationsmittler sei. Jameda verschaffe vielmehr zahlenden Ärzten verdeckte Vorteile, weil bei kostenlosen Profilen Anzeigen von konkurrierenden Ärzten mit gleicher Fachrichtung im näheren Umfeld angezeigt werden würden. 

Im Unterschied dazu würden aber bei zahlenden Ärzten keine Werbeanzeigen zu Konkurrenten angezeigt. Damit könne sich Jameda nur noch im geringerem Maße auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit (Art. 5 Abs. 1. Satz 1 GG, Art. 10 EMRK) berufen. Eine Abwägung der Grundrechte führe in diesem Fall dazu, dass das Grundrecht der Ärztin auf informationelle Selbstbestimmung überwiege.

Die vorbezeichneten Urteile basierten noch auf dem alten Bundesdatenschutzgesetz. Die Frage, ob Jameda personenbezogene Daten von Ärzten nach Inkrafttreten der DSGVO ohne Einwilligung der Ärzte veröffentlichen darf, dürfte aber ähnlich zu beantworten sein.

3. Rechtslage ab 25.05.2018 

Die Datenverarbeitung personenbezogener Daten im Internet ohne Vertragsgrundlage oder Einwilligung des Arztes kann seitens Jameda ausschließlich auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO, nämlich ein berechtigtes Interesse gestützt werden. Da im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO eine Abwägung der betroffenen Grundrechte stattfinden muss, kann auf die bisherigen Grundsätze des BGH Bezug genommen werden. Es dürften hier keine nennenswerten Änderungen in der Rechtsprechung zu erwarten sein.

4. Fazit 

Letztendlich kommt es bei der Frage nach der Löschung ganzer Profile immer auf den Einzelfall ein. Verlässt eine Plattform aber seine Stellung als neutraler Informationsgeber, stehen die Chancen auf Entfernung von Profilen gut.

II. Kann ich als Arzt einzelne Bewertungen/Kommentare löschen lassen? 

Verfügen Sie über ein Profil, ärgern sich allerdings über einzelne Bewertungen oder Noten, stehen Ihnen unter Umständen Löschungsansprüche bezogen auf die Bewertungen gegen Jameda zu.

Dies ist der Fall, wenn eine Bewertung

  • gegen interne Nutzungsrichtlinien von Jameda und/oder
  • gegen geltendes Gesetz verstößt/rechtswidrig in Ihre Rechte eingreift.

Ein Verstoß gegen die internen Nutzungsrichtlinien liegt derzeit bspw. vor, wenn

  • die Bewertung nicht den behandelnden Arzt betrifft
  • der Behandlungskontakt mehr als 4 Jahre zurückliegt
  • die Bewertung eine beleidigende Äußerung ist
  • der Bewerter sich mit einem Minute-Mail-Account oder einer Wegwerf-E-Mail-Adresse registriert hat.

Liegt kein Verstoß gegen die Nutzungsrichtlinie von Jameda vor, kann sich ein Löschungs- und Unterlassungsanspruch aber dennoch ergeben.

So besteht ein Löschungsanspruch bei Meinungen, die beleidigend oder ehrverletzend sind. Zudem müssen unwahre Tatsachenbehauptungen – unabhängig davon, ob sie beleidigend sind oder nicht – nicht toleriert werden.

1. Meinungsäußerungen

Grundrechtlich geschützt sind „Meinungen“ von Patienten, die die Grenze der Schmähkritik oder Strafbarkeit nicht überschreiten. Der Arzt hat also auch harte Kritik zu dulden, solange es sich um eine Meinung handelt, die nicht beleidigend oder ehrverletzend ist. 

Die Grenzen dürfen hier allerdings nicht zu niedrig angesetzt werden. Die Bezeichnung eines Rechtsanwalts als „Winkeladvokat“ wurde in der Vergangenheit als akzeptabel beurteilt. Meinungen sind persönliche (subjektive) Werturteile, die nicht dem Beweis zugänglich sind (Bsp. „Die Praxis ist hässlich eingerichtet“.) 

Die Grenze wird dort erreicht, wo die Kritik die Grenze der Schmähkritik überschreitet oder im strafrechtlichen Sinne beleidigend ist.

Fazit: Handelt es sich zwar um eine subjektive Meinung des Patienten, ist diese aber schmähend oder beleidigend, können Sie die Entfernung von Jameda verlangen.

2. Tatsachenbehauptungen

Im Gegensatz zu Meinungen sind Tatsachenbehauptungen dem Beweis zugänglich (bspw. „Der Arzt hat keine Zulassung“.) Grundrechtlich geschützt sind nur wahre Tatsachenbehauptungen, d. h. werden unwahre Tatsachenbehauptungen über Sie verbreitet, besteht kein Schutz zugunsten des Patienten / Verfassers.

Da bei Jameda Bewertungen anonym abgegeben werden können, ist das Bestreiten eines Behandlungskontakts probates Mittel gegen die Bewertung vorzugehen. Jameda ist in diesem Fall dazu angehalten, Nachweise bei dem Verfasser zu dem Behandlungskontakt einzuholen. Gelingt dies nicht, muss Jameda die Bewertung löschen.

Benötigen Sie anwaltliche Unterstützung wegen einer unliebsamen Bewertung, sprechen Sie mich gerne unverbindlich an.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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