Ansprüche von Bankkunden auf Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung

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Viele Immobiliendarlehensverträge, die ab dem 21. März 2016 abgeschlossen wurden, beinhalten unzureichende Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. In der Folge haben die betroffenen Banken gegen ihre Kunden keinen Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Hat die Bank trotz fehlerhafter oder unvollständiger Angaben im Darlehensvertrag eine Entschädigungszahlung vereinnahmt, ist sie dem Kunden gegenüber zur Rückzahlung verpflichtet.

Wann fällt eine Vorfälligkeitsentschädigung an?

Wird eine Immobilienfinanzierung vorzeitig zurückgezahlt, beispielsweise weil die kreditfinanzierte Immobilie verkauft wurde, verlangen Banken und Sparkassen zusätzlich zur Restdarlehensschuld die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Dabei handelt es sich vereinfacht ausgedrückt um eine Kompensation der Bank für die durch die vorzeitige Rückzahlung der Finanzierung ausbleibenden Zinseinnahmen. Da sich die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung heranzuziehenden Wiederanlagerenditen vor dem Hintergrund der anhaltenden Niedrigzinsphase auf einem Rekordtief befinden, sind die Vorfälligkeitsentschädigungen im Moment so hoch wie selten zuvor. Forderungen der Kreditinstitute im fünfstelligen Bereich sind die Regel.

Wann kann eine Vorfälligkeitsentschädigung verhindert werden?

Die Kreditinstitute sind dazu verpflichtet, in ihren Darlehensverträgen korrekt über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zu informieren. Fehlen diese Angaben im Darlehensvertrag oder sind sie unzureichend, d.h. fehlerhaft, unklar, unvollständig oder unverständlich, hat die Darlehensgeberin gemäß § 502 Abs. 2 S. 2 BGB keinen Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung. Dies gilt für alle Immobiliarkreditverträge, die ab dem 21. März 2016 geschlossen wurden.

Hat ein Kreditinstitut also mit seinem Kunden einen Immobiliendarlehensvertrag abgeschlossen, der unzureichende Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung enthält, hat die Darlehensgeberin im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens keinen Anspruch auf eine Entschädigungszahlung. Vereinnahmt das Kreditinstitut dennoch eine Vorfälligkeitsentschädigung, hat der Kunde gemäß § 812 Abs. 1 BGB wegen einer sog. ungerechtfertigten Bereicherung der Bank einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung zzgl. Zinsen.

Wegweisendes Urteil des Landgerichts Konstanz

Mit seinem Urteil vom 8. Dezember 2020, C 4 O 155/20, hat das Landgericht Konstanz eine Volksbank dazu verurteilt, eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. rund EUR 8.000,00 zzgl. Zinsen an ihren Kunden zu erstatten. Das Landgericht beurteilte die Angaben der beklagten Volksbank zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung als unzureichend, da im Darlehensvertrag u.a. fehlerhaft über den Zeitraum der geschützten Zinserwartung, d.h. den Zeitraum, für den eine Vorfälligkeitsentschädigung überhaupt geschuldet ist, informiert wurde. So führte die Volksbank im Darlehensvertrag – nach Auffassung des Landgerichts Konstanz unzutreffend – aus, dass die Vorfälligkeitsentschädigung für die komplette Vertragslaufzeit geschuldet sein soll. Richtig ist hingegen, dass der Anspruch der Bank auf eine Vorfälligkeitsentschädigung zum frühestmöglichen Kündigungstermin des Darlehens endet. Darüber hinaus fanden die vertraglich vereinbarten Sondertilgungsrechte in den Angaben der Bank keine Erwähnung, obwohl diese zwingend schadensmindernd in die Berechnung einzubeziehen sind.

Sehr gute Aussichten für viele Bankkunden

Das Urteil des Landgerichts Konstanz bietet hunderttausenden Kunden diverser Volksbanken und anderer Genossenschaftsbanken, wie Sparda-Banken, PSD-Banken oder Raiffeisenbanken die Möglichkeit, die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu vermeiden oder in der Vergangenheit gezahlte Beträge zurückzuverlangen. Denn fast alle diese Banken haben identische oder sehr ähnlich formulierte Vordrucke für ihre Darlehensverträge verwendet und ihre Kunden damit seit dem 21. März 2016 fehlerhaft über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung informiert.

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