Anwalt beim Vorwurf Schlägerei - Vorladung, Anklage, Strafbefehl, Ladung zum Gerichtstermin

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Ob es um Hooligans nach einem Fußballspiel oder einem nicht glücklich endenden Abend in einer Kneipe mit einer Kneipenschlägerei geht, so steht gegebenenfalls am Ende des Tages der Vorwurf der Beteiligung an einer Schlägerei im Raum.

Schlägereien tragen naturgemäß eine besondere Gefahr der Eskalation in sich. Dies wirkt sich auch auf die strafrechtliche Würdigung einer Schlägerei aus.

Wie hoch ist die Strafe für eine Schlägerei?

Im Rahmen einer Schlägerei stehen mehrere Delikte im Raum. Hierzu zählen insbesondere Körperverletzungsdelikte, vor allem die Beteiligung an einer Schlägerei, so wie gegebenenfalls sogar eine Strafe wegen eines Tötungsdelikts.

Für die Beteiligung an einer Schlägerei nach § 231 StGB droht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

Eine einfache Körperverletzung nach § 223 Abs.1 StGB ist grundsätzlich mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren, eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs.1 StGB mit einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und 10 Jahren und eine Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 Abs.1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren, bedroht.


Für Totschlag normiert § 212 Abs.1 StGB eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren, für Mord nach § 211 StGB eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Gibt es einen Unterschied zwischen einer Strafbarkeit wegen einer Körperverletzung und einer Strafbarkeit wegen Schlägerei?

Die Beteiligung an einer Schlägerei und die anderen Körperverletzungsdelikte hängen miteinander zusammen, sind aber nicht dasselbe. Die Beteiligung an einer Schlägerei ist mit der Durchführung von Körperverletzungshandlungen verbunden, ist aber auch ein gesonderter Straftatbestand.

Wieso gibt es neben den Körperverletzungsdelikten auch eine Strafbarkeit wegen Beteiligung an einer Schlägerei?

Der Straftatbestand der Beteiligung an einer Schlägerei nach § 231 StGB wurde insbesondere eingeführt, um Beweisschwierigkeiten entgegenzukommen. Im Rahmen einer Rangelei bzw. Schlägerei ist im Nachhinein oftmals nicht nur schwer sondern gar nicht mehr feststellbar, wer nun welche Körperverletzungshandlung ausgeführt hat, insbesondere wer am Ende den Tod oder die schwere Körperverletzung einer anderen Person herbeigeführt hat. Ohne Feststellung einer Kausalität kann man aber nicht z.B. wegen einer Körperverletzung, einer schweren Körperverletzung oder einer Körperverletzung mit Todesfolge bestraft werden. Dass die Beteiligung an einer Schlägerei aber deshalb straflos bleibt (obwohl diese Schwierigkeit in ihrer Natur liegt und fast unvermeidbar ist), wollte der Gesetzgeber nicht. Aus diesem Grund bestraft er nach § 231 StGB allein, dass man bei etwas mitmacht, dem die naturgemäße Gefahr innewohnt, dass etwas passiert (unter der Voraussetzung, dass eine der genannten schweren Folgen der Schlägerei eintritt). Vgl. Bundestag, Drucksache 13/8587 v. 25.09.1997 S.61.

Was ist eine strafbare Beteiligung an einer Schlägerei?

Strafbar nach § 231 Abs. 1 StGB ist die Beteiligung an

  • einer Schlägerei sowie an
  • einem von mehreren verübten Angriff


Eine Schlägerei ist dabei der aktive Austausch von Tätlichkeiten zwischen mindestens drei Personen (vgl. z.B. BGH, Urteil v. 19.12.2013 – 4 StR 347/13). Eine Schlägerei kann aber grundsätzlich auch dann bejaht werden, wenn sie aus verschiedenen Vorgängen besteht, an der jeweils nur zwei Personen beteiligt sind, diese Vorgänge aber in so engem Zusammenhang zueinander stehen, dass sie eine Einheit bilden. Eine Schlägerei endet übrigens nicht unbedingt erst dann, wenn keine Angriffe mehr ausgeführt werden, sondern bereits dann, wenn nur noch zwei Personen „sich schlagen“. Denn ab diesem Moment fehlt das konstitutive Merkmal einer Schlägerei, dass gerade mehr als drei Personen aktiv Tätlichkeiten austauschen. Vgl. BGH, Urteil v. 19.12.2013 – 4 StR 347/13.


Es ist hierbei festzuhalten, dass auch eine Tätlichkeit, die im Rahmen einer Notwehr ausgeübt wird, eine eine Schlägerei begründende Tätlichkeit sein kann (vgl. z.B. BGH, Urteil v. 19.12.2013 – 4 StR 347/13).


Ein Angriff mehrerer hingegen liegt vor, wenn mindestens zwei Personen eine weitere Person in feindseliger Willensrichtung körperlich angreifen (BGH, Beschluss v. 20.01.2022 – 4 StR 430/21).

Durch die Schlägerei muss jemand sterben oder schwer verletzt werden

Die bloße Beteiligung an einer Schlägerei oder einem Angriff mehrerer ist aber erst dann nach § 231 StGB strafbar, wenn durch die Schlägerei jemand zu Tode kommt oder eine schwere Körperverletzung erleidet.

Bei einer schweren Körperverletzung (§ 226 StGB) liegt der besondere Unrechtsgehalt in der schwerwiegenden Folge, die die Körperverletzung nach sich zieht. Hierzu gehört zum Beispiel, dass jemand durch die Körperverletzung erblindet (auf einem oder auf beiden Augen) oder ein wichtiges Körperglied dauerhaft nicht mehr gebrauchen kann.

Macht man sich wegen einer Schlägerei auch dann strafbar, wenn man gar nicht wollte, dass jemand stirbt oder schwer verletzt wird?

Ja. Das liegt daran, dass sich der Vorsatz lediglich auf die Beteiligung an einer Schlägerei beziehen muss. Hinsichtlich der schweren Folge (in Gestalt des Todes oder der schweren Körperverletzung eines anderen Menschen) muss kein Vorsatz bestehen (vgl. BGH, Beschluss v. 20.01.2022 – 4 StR 430/21). Man wird wegen Beteiligung an einer Schlägerei bestraft, weil diese die Gefahr in sich birgt, dass so etwas geschieht, und man sich dementsprechend im Grunde willentlich darauf einlässt.

Aber man kann mir nicht nachweisen, dass ich den Tod oder die schwere Körperverletzung verursacht habe – bin ich trotzdem wegen der Beteiligung an eine Schlägerei strafbar?

Ja. Auch die Kausalität zwischen einer ausgeführten Tätlichkeit des Beschuldigten und dem Tod oder der schweren Körperverletzung eines anderen Menschen muss nicht nachgewiesen werden. Die schwere Folge muss nicht einmal durch eine strafbare Handlung herbeigeführt werden. Nur zwischen der Schlägerei bzw. dem Angriff und der schweren Folge muss ein Ursächlichkeitszusammenhang bestehen (nicht zwischen einer konkreten Handlung des Beschuldigten und der schweren Folge) (vgl. BGH, Beschluss v. 20.01.2022 – 4 StR 430/21). Dies ergibt sich wieder aus dem Zweck der Bestrafung der Beteiligung an einer Schlägerei. Bestraft wird, dass man sich an etwas beteiligt, dem die generelle Gefahr innewohnt, dass hierdurch jemand stirbt oder eine schwere Körperverletzung erleidet. Man wird also nicht hauptsächlich wegen der unmittelbaren Verursachung dieser schweren Folge bestraft.

Welche Strafen drohen bei einer Beteiligung an einer Schlägerei außerdem?

Neben einer Strafe wegen Beteiligung stehen regelmäßig auch die Vorwürfe der („einfachen“) Körperverletzung, einer gefährlichen Körperverletzung, einer Körperverletzung mit Todesfolge, eines Totschlags oder gar eines Mordes, sowie gegebenenfalls einer Sachbeschädigung im Raum.

Dies liegt daran, dass allein durch eine Bestrafung wegen Beteiligung an einer Schlägerei nach § 231 StGB nicht immer bereits der gesamte Unrechtsgehalt der Tat abgegolten ist (vgl. BGH, Urteil v. 02.10.2008 – 3 StR 236/08).

Beteiligung an einer Schlägerei als strafbare Körperverletzung?

Im Hinblick darauf, dass sowohl eine Schlägerei, als auch der Angriff mehrerer mit Körperverletzungshandlungen verbunden ist, steht zunächst auch noch der Vorwurf der Körperverletzung im Raum. Wichtig ist hierbei ein genauer Nachweis der Ursächlichkeit der vorgenommenen Handlung und der Verletzung. Die Körperverletzungsdelikte verzichten gerade nicht auf einen genauen Kausalitätsnachweis.

Körperverletzung nach § 223 StGB

Zunächst gibt es die (vorsätzliche) einfache Körperverletzung nach § 223 Abs.1 StGB. Eine Körperverletzung in diesem Sinne ist eine körperliche Misshandlung oder eine Gesundheitsschädigung.


Eine körperliche Misshandlung ist dabei eine üble und unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt (vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 18.08.2015 – 3 StR 289/15 in openJur 2015, 13084) . Hier kann zum Beispiel an eine Ohrfeige oder ein Faustschlag gedacht werden.


Eine Gesundheitsschädigung ist das Hervorrufen oder das Steigern eines körperlichen Zustands, der von der Norm negativ abweicht. Ein Beispiel wäre das Zufügen einer Schnittwunde. Auch wenn die Rippen einer Person gebrochen werden, liegt eine Gesundheitsschädigung in diesem Sinne vor.


Die Körperverletzung nach § 223 StGB ist die Grundlage der weiteren Körperverletzungsdelikte.

Gefährliche Körperverletzung

Eine Körperverletzung wird dann zu einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 StGB, wenn sie auf eine bestimmte – besonders gefährliche – Art und Weise begangen wird.

Hierzu zählt zum Beispiel die Körperverletzung durch Nutzung eines gefährlichen Werkzeugs. Hierzu zählen z.B. Waffen oder lange Eisenstangen.

Auch die Körperverletzung mit anderen Beteiligten gemeinschaftlich ist eine gefährliche Körperverletzung, weil durch die Anwesenheit mehrerer Personen am Tatort das Opfer eingeschüchtert, besonders bedroht, und in seinen Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt ist. Außerdem wohnt dem eine gewisse besondere Eskalationsgefahr inne.


Unter bestimmten Umständen kann bei einer Schlägerei auch die gefährliche Körperverletzung wegen einer lebensgefährlichen Behandlung (§ 224 Abs.1 Nr.5 StGB) verwirklicht sein. Hierbei genügt es, dass die zugefügte(n) Körperverletzung(en) dazu geeignet sind, dass das Opfer dadurch stirbt. Einer konkreten Gefahr in dem Sinne, dass es pures Glück bzw. Zufall ist, dass das Opfer überlebt, bedarf es nicht (stRspr, vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 10.02.2021 – 1 StR 478/20).

Körperverletzung mit Todesfolge

Stirbt jemand durch eine Körperverletzung und kann nachgewiesen werden, wessen Körperverletzung hierfür ursächlich war, so steht der Vorwurf einer Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) im Raum. Der Täter muss dabei nicht die Tötung beabsichtigt oder auch nur sich mit der Möglichkeit abgefunden, also Vorsatz hierauf gehabt, haben. Es genügt, wenn dem Täter hinsichtlich des Todes des Opfers ein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden kann (also das Außerachtlassen der erforderlichen Sorgfalt). Zudem muss im Rahmen der Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 Abs.1 StGB der Tod gerade die Realisierung der der Körperverletzung innewohnenden Gefahr darstellen.

Beteiligung an einer Schlägerei als Mord?

Wollte der Täter im Rahmen der Schlägerei jemanden töten (hierfür genügt das Erkennen der Möglichkeit, dass jemand durch das Verhalten des Täters stirbt, und dass der Täter den Tod billigend in Kauf nimmt), so kann der Vorwurf eines Totschlags (§ 212 Abs.1 StGB) oder sogar eines Mordes (§ 211 StGB) aufkommen.

Tötet jemand vorsätzlich einen anderen Menschen, so droht eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen Begehung eines Totschlags nach § 212 Abs.1 StGB.

Kommen zusätzlich noch bestimmte Umstände hinzu – sogenannte Mordmerkmale – so droht eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Begehung eines Mordes. Mordmerkmale nach § 211 Abs.2 StGB sind zum Beispiel die Tötung aus Habgier, sonst aus niedrigen Beweggründen, mit der Absicht, eine andere Straftat zu verdecken, oder die heimtückische Tötung.


Ob ein Mordmerkmal vorliegt, ist eine Frage des konkreten Einzelfalles. Eine pauschale Aussage, vorsätzliche Tötungen im Rahmen einer Schlägerei seien ein Mord, kann nicht gemacht werden.

Droht eine Strafe auch dann, wenn der Verletzte durch seine eigene Beteiligung an der Schlägerei in die Körperverletzung faktisch eingewilligt hat?

Nun kann insbesondere im Rahmen einer Schlägerei das Argument auftauchen, dass man durch die eigene Beteiligung an einer Schlägerei damit rechnen muss, dabei selbst verletzt zu werden und im Grunde in eine Verletzung eingewilligt hat.

Tatsächlich gibt es die Figur der sogenannten rechtfertigenden Einwilligung. Für die Körperverletzungsdelikte ist diese in § 228 StGB normiert. Allerdings sind an die Rechtfertigungswirkung bzw. an die Wirksamkeit einer solchen Einwilligung bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Hierzu zählt zum Beispiel, dass der oder die Einwilligende dies in voller Kenntnis der Umstände tun muss. § 228 StGB bezeichnet außerdem die Grenze der Sittenwidrigkeit. Dabei gilt als eine Art Faustregel insbesondere, dass je lebensbedrohlicher die Körperverletzung ist, desto eher ist die Sittenwidrigkeit der Körperverletzung und damit die ausbleibende Möglichkeit einer Einwilligung zu bejahen. Demnach ist die Körperverletzung in der Regel jedenfalls dann sittenwidrig und eine Einwilligung entsprechend unwirksam, wenn das Opfer hierdurch in konkrete Todesgefahr gebracht wird (vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 20.02.2013 – 1 StR 585/12).

Betrachtet man den Fall von beispielsweise rivalisierende Gruppen, die sich zu Schlägereien verabreden, so liegt zwar gegebenenfalls faktisch eine Einwilligung der Beteiligten vor, wenn allerdings keine Regeln aufgestellt werden, die im Rahmen einer solchen Schlägerei gelten sollen und deren Einhaltung auch gesichert wird, so ist die Gefährlichkeit und das Eskalationspotential grundsätzlich so hoch, dass nicht wirksam eingewilligt werden kann (vgl. BGH, Beschluss v. 20.02.2013 – 1 StR 585/12).

Wie sollte ich mich bei Erhalt einer Vorladung, eines Strafbefehls oder einer Anklage mit dem Vorwurf Schlägerei verhalten?

Sollten Sie eine polizeiliche Vorladung, einen Strafbefehl oder eine Anklage wegen einer Schlägerei erhalten haben, gilt es zunächst nicht die Nerven zu verlieren. Als Beschuldigter einer Straftat haben Sie das Recht, zum Tatvorwurf zu schweigen. Hiervon sollten Sie zunächst Gebrauch machen. Vor Analyse der Ermittlungsakten ist jede Aussage gegenüber den Ermittlungsbehörden riskant.

Wenden Sie sich daher bestenfalls so früh wie möglich an einen Anwalt für Strafrecht. Dieser wird Akteneinsicht beantragen und nach Analyse der Ermittlungsakten eine gerade für Ihren Fall geeignete Verteidigungsstrategie entwickeln.


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