Anwalt für Strafrecht bei Vorladung, Anklage, Strafbefehl wegen Vorwurf Urkundenfälschung

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„Ein Schreiber konnte mit einem Federstrich über das Schicksal eines ganzen Dorfes entscheiden.“ (Harari, Homo Deus, 14. Aufl., München 2018, S. 225)

Urkunden prägen das gesamte Leben und haben im Rechtsverkehr eine herausragende Bedeutung inne. Sie belegen, wem welches Grundstück gehört, wer gegen wen einen Zahlungsanspruch hat, wer über welchen Bildungsabschluss verfügt und welches Urteil ein Gericht gesprochen hat. Von einer falschen Urkunde kann erheblicher Schaden ausgehen. Aufgrund dieser Bedeutung ist die Fälschung von Urkunden unter Strafandrohung verboten.

Wie hoch ist die Strafe für Urkundenfälschung? – Anwalt für Strafrecht informiert

Für Urkundenfälschung droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe, wenn die Urkundenfälschung begangen oder auch nur versucht wird. In besonders schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe ein halbes bis zu zehn Jahren.

Höhere Strafen drohen beispielsweise bei der Begehung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung bestimmter Betrugstaten oder bestimmter Urkundendelikte verbunden hat und diese gewerbsmäßig begeht: ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe, im minder schweren Fall sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe.

Wann mache ich mich strafbar wegen Urkundenfälschung?

Strafbar macht sich, wer

  • eine unechte Urkunde herstellt (1.),
  • eine Urkunde verfälscht (2.) oder
  • eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht (3.),

und zwar jeweils vorsätzlich, zur Täuschung im Rechtsverkehr sowie rechtswidrig und schuldhaft.

Was ist eine Urkunde?

Ausgangspunkt der Urkundenfälschung ist die Urkunde. Der Begriff wird dabei häufig falsch verstanden; gemeint sind nämlich nicht nur Schriftstücke von Behörden, nicht einmal nur unterzeichnete Schriftstücke. Der Begriff der Urkunde ist weiter: er umfasst alle

  • verkörperten Gedankenerklärungen,
  • die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt sind und
  • ihren Aussteller erkennen lassen.


Deshalb ist ein ausgedruckter und unterzeichneter Kaufvertrag (streng genommen: nicht der Vertrag, sondern die Vertragsurkunde) eine Urkunde – er verkörpert in der Regel die Erklärungen über Identität von Käufer und Verkäufer, Kaufsache, Kaufpreis und ist dazu bestimmt, die niedergeschriebenen Tatsachen zu beweisen und dazu auch geeignet; die Parteien werden ihn gefertigt haben, um im Streitfall das Vereinbarte nachzuweisen. Durch die Unterschriften lässt der Kaufvertrag seine Aussteller erkennen.


Einfache Abschriften sind regelmäßig keine Urkunden, selbst wenn man deren Übereinstimmung mit dem Original versichert: Der BGH entschied dazu, dass ein Angeklagter, der lediglich Abschriften, deren Übereinstimmung mit der Urschrift er „eidesstattlich“ versicherte, zur Täuschung an Dritte versendete, sich nicht wegen Urkundenfälschung strafbar machte. Einfache Abschriften seien keine Urkunden iSd § 267 StGB. (BGH, Urt. v. 11.12.1951, Az: 1 StR 567/51)

Dasselbe gilt in der Regel auch für einfache Fotokopien. Anderes ergibt sich freilich für Ausfertigungen sowie beglaubigte Abschriften bzw. Fotokopien.


Auf diese Definition passen auch Beispiele, denen man im ersten Augenblick keine Urkundseigenschaft zusprechen würde: beispielsweise Stempel in Konzerten, die eine Eintrittskarte ersetzen und Bierdeckel, auf denen die Anzahl der bestellten und zu bezahlenden Getränke durch Strichliste gezählt wird.

Wann ist eine Urkunde unecht?

Eine Urkunde ist dann unecht, wenn

  • der aus ihr hervorgehende Aussteller und
  • der tatsächliche Aussteller
  • auseinanderfallen.


Schreibt man sich also selbst ein Arbeitszeugnis mit dem Briefkopf und der Unterzeichnung des Arbeitgebers, ohne dass dieser hiervon weiß, so liegt regelmäßig eine unechte Urkunde vor. Es scheint so, als habe der Arbeitgeber das Zeugnis geschrieben (aufgrund der hierunter gesetzten Unterschrift und dem Briefkopf) Tatsächlicher Aussteller ist allerdings diejenige Person, die das Zeugnis geschrieben hat.


Erlaubt und entsprechend straflos ist es jedoch in der Regel, wenn der tatsächliche Aussteller den aus der Urkunde hervorgehenden in zulässiger Weise vertritt. Anders liegt der Fall, wenn die Stellvertretung ohnehin nicht zulässig ist: Sich in einer Prüfung „vertreten“ zu lassen, ist unerlaubt –wer es tut, begeht in aller Regel jedenfalls eine Urkundenfälschung.


Was ist das Verfälschen einer Urkunde?

Verfälscht werden kann nur eine echte Urkunde. Eine Verfälschung ist eine nachträgliche Veränderung des Inhalts, die den Eindruck hervorruft, der Aussteller habe sie in der manipulierten Variante abgegeben. Dabei muss die Qualität als Urkunde erhalten bleiben. Das Verfälschen kann beispielsweise durch Änderung, Ergänzung, Beseitigung von Teilen oder Radierungen geschehen. Denkbar ist es zB, dass von einer mehrseitigen Vertragsurkunde eines der mittleren Blätter, die nicht unterzeichnet sind, durch ein anderes ausgetauscht wird, das optisch, nach Format und Seitennummerierung so aussieht, als sei es ursprünglich Teil der Urkunde gewesen.

Was ist das Gebrauchen einer unechten oder verfälschten Urkunde?

Das Gebrauchen einer (unechten oder verfälschten) Urkunde geschieht, wenn dem zu Täuschenden die Urkunde mit der Möglichkeit der Wahrnehmung zugänglich gemacht wird. Dass dieser sie tatsächlich zur Kenntnis nimmt, ist nicht erforderlich.

Ein Gebrauchmachen liegt deshalb beispielsweise vor, wenn ein gefälschtes Bachelor-Zeugnis bei der Bewerbung vorgelegt wird.

Eine Urkundenfälschung begeht nur, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr handelt

Gleich ob Herstellen einer unechten Urkunde, Verfälschen einer echten oder Gebrauchen einer unechten oder gefälschten Urkunde. Alles muss mit dem Wissen erfolgen, im Rechtsverkehr zu täuschen. Das bedeutet: Der Täter muss wissen, dass er durch sein Handeln einen Anderen durch die gefälschte bzw. unechte Urkunde zu rechtserheblichen Handlungen veranlassen kann.

Im gerade skizzierten Fall des Vorlegens eines gefälschten Zeugnisses bedeutet das: Der Bewerber weiß darum, seinen potentiellen Arbeitgeber über seine akademische Qualifikation täuschen. Er will ihn damit zum (rechtserheblichen) Abschluss eines Arbeitsvertrages veranlassen.

Wann ist eine Urkundenfälschung in strafbarer Weise versucht?

Eine Urkundenfälschung versucht, wer die Schwelle des „Jetzt geht’s los“ übertritt und keine wesentlichen Zwischenakte zwischen sich und dem „Ergebnis“ (Herstellung, Verfälschung oder Gebrauch) mehr lässt; mit anderen Worten: wer zur Urkundenfälschung unmittelbar ansetzt. Voraussetzung für das unmittelbare Ansetzen ist auch, dass der Täter bereits davon ausgeht, dass die beeinträchtigten Rechtsgüter schon jetzt gefährdet sind. Der BGH entschied so zB, dass beim Fälschen von Führerscheinen der Versuch bereits mit dem Herstellen der Vordrucke begonnen hatte (BGH DRiZ 1979, 146).


 Mache ich mich strafbar, wenn ich versehentlich eine Urkunde gefälscht habe?

Dann liegt keine strafbare Urkundenfälschung vor. Unter Strafe gestellt ist nur vorsätzliches (= wissentliches und willentliches) Handeln. Es ist für eine Strafbarkeit also irrelevant, wenn „nur“ nicht mit der erforderlichen Sorgfalt agiert wurde. Wer versehentlich eine gefälschte Urkunde gebraucht, ist daher prinzipiell nicht strafbar. Gerade hier können jedoch Beweisschwierigkeiten auftreten. Daher ist, wenn Sie sich mit dem Vorwurf der Urkundenfälschung konfrontiert sehen, anwaltliche Unterstützung zu empfehlen.

Wann droht eine höhere Strafe wegen Urkundenfälschung?

In einem besonders schweren Fall der Urkundenfälschung droht eine höhere Strafe. Das Gesetz führt Gründe an, in denen „in der Regel“ ein besonders schwerer Fall vorliegt: Nämlich dann, wenn der Täter

  • gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
  • einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
  • durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
  • seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger missbraucht

(§ 267 Abs.3 StGB).


Zu beachten ist allerdings, dass diese gesetzlich normierten Fälle lediglich das Bestehen eines besonders schweren Falls der Urkundenfälschung indizieren. Weder ist die Auflistung abschließend, noch zwingend. Auch wenn einer der genannten Fälle faktisch verwirklicht wurde, ist das Gericht nicht unbedingt dazu verpflichtet, wegen eines besonders schweren Falls einer Urkundenfälschung zu bestrafen.


Besonders schwere Fälle der Urkundenfälschung sind mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem halben und zehn Jahren bedroht (§ 267 Abs.3 StGB)


Ferner droht eine (noch) höhere Freiheitsstrafe dem, der Urkundenfälschungen als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung einiger Betrugs- und Urkundsdelikte verbunden hat, gewerbsmäßig begeht. Dann wird die Urkundenfälschung zu einem Verbrechen im strafrechtlichen Sinne (§ 12 Abs.1 StGB). Es droht eine Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren (§ 267 Abs.4 StGB).


Strafverteidiger beim Vorwurf Urkundenfälschung

Die vorgenannten Hinweise können und wollen nur einen groben Überblick geben. Eine Beratung im Einzelfall ersetzen Sie nicht. Es wird daher empfohlen, einen erfahrenen Fachanwalt für Strafrecht zu konsultieren, sollten Sie sich des Vorwurfs der Urkundenfälschung versehen.


Insbesondere (aber nicht unbedingt nur) bei einer qualifizierten Urkundenfälschung nach § 267 Abs.4 StGB (Bandenmitgliedschaft + Gewerbsmäßigkeit) liegt ein Fall der sog. notwendigen Verteidigung vor. Hier kommt der sog. Pflichtverteidiger ins Spiel. Das bedeutet aber nicht, dass Sie keinerlei Mitspracherecht haben, wer Sie verteidigt. Das Gericht wird Sie in der Regel dazu auffordern, einen Verteidiger zu benennen, der Ihnen dann als Verteidiger beigeordnet wird.

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