Arbeit auf Abruf (nicht nur in Zeiten von Corona)

  • 2 Minuten Lesezeit

Derzeit werden in vielen Branchen Mitarbeiter*innen, die im Abrufarbeitsverhältnis stehen, gar nicht mehr oder kaum noch mit Arbeitsaufgaben betraut. Ist das eigentlich zulässig? Immerhin fällt damit für viele (insbesondere Studentinnen und Studenten) auch der dringend benötigte Verdienst aus. Manchem Unternehmen droht jedoch ein böses Erwachen, wenn auf Abruf beschäftigte Mitarbeiter*innen auf einmal Entgeltrückstände geltend machen, weil sie sich mit der Rechtslage vertraut gemacht haben.

Was derzeit zuhauf zu beobachten ist

In vielen Arbeitsverträgen finden sich Abrufklauseln, die etwa folgendermaßen lauten: Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt, je nach Bedarf, wöchentlich höchstens 20 Stunden (Arbeit auf Abruf). In konjunkturell unaufgeregten Zeiten findet der Arbeitsanfall meist in einem Umfang statt, der den Betroffenen die erwarteten Einkünfte einbringt. Derzeit rufen aber viele Unternehmen pandemiebedingt die Arbeit aus Abrufarbeitsverhältnissen gar nicht oder nur in geringem Umfang ab, so dass die Beschäftigten oft in existenzielle Nöte geraten.

Darf ein Unternehmen nach Belieben Arbeit abrufen?

Die Thematik verfolgt Rechtsprechung und Gesetzgebung schon lange und wird nun wieder besonders virulent. Insbesondere studentische Kräfte mit Abrufarbeitsverträgen sitzen auf dem Trockenen, weil sie durch alle Raster fallen. Da (Werk-)Studentinnen und Studenten in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nicht der Versicherungspflicht unterliegen, kann für sei auch kein Kurzarbeitergeld beantragt werden. Deshalb werden sie in Betriebsvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in der Regel auch aus dem Personenkreis herausgenommen, demgegenüber Kurzarbeit angeordnet werden kann. Sie haben dann weiterhin Anspruch auf die Zahlung des regulären Entgelts.

Wenig bekannt ist, dass der Gesetzgeber das Thema „Arbeit auf Abruf“ in § 12 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) bereits aufgegriffen und zwischenzeitlich auch noch zugunsten Beschäftigter konkretisiert hat. Nach § 12 Abs. 1 S. 2 TzBfG muss ein Abrufarbeitsvertrag unter anderem eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festlegen. Ist das nicht der Fall, gilt nach § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG eine Arbeitszeit von wöchentlich 20 Stunden als vereinbart. Bis Ende des Jahres 2018 lag diese Mindesteinsatzzeit noch bei zehn Stunden pro Woche. 

Der Gesetzgeber hat die Mindesteinsatzzeit also zugunsten der Abrufbeschäftigten von ursprünglich zehn auf zwischenzeitlich 20 Stunden erhöht. In diesem Umfang können auf Abruf Beschäftigte verlangen, eingesetzt (und folglich bezahlt) zu werden, wenn in ihrem Arbeitsvertrag keine wöchentliche Arbeitszeit festgelegt ist. Flexibilisieren darf der Arbeitgeber die Einsatzzeiten nach § 12 Abs. 2 TzBfG nur in einem Umfang von höchstens 25 %, ausgehend von der Mindestarbeitszeit. Ist beispielsweise eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden vereinbart, dürfte ein variabler Anteil entweder von fünf Stunden nach oben (also auf 25 Stunden) oder (nicht: und!) von vier Stunden nach unten (also auf 16 Stunden) vereinbart werden.

Achtung: Ausschlussfristen

Beschäftigte übersehen oft, dass die meisten Arbeitsverträge und so gut wie alle Tarifverträge sogenannte Ausschluss- oder Verfallklauseln beinhalten, die den Verfall auch berechtigter Ansprüche regeln, wenn diese nicht rechtzeitig (meist innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit) geltend gemacht werden. Zwar erweisen sich viele der arbeitsvertraglichen Verfallklauseln als unzulässig. Darauf sollte man aber besser nicht setzen. Dringend anzuraten ist deshalb, Nachzahlungsansprüche rechtzeitig zu verfolgen oder frühzeitig zum Thema anwaltlicher Beratung zu machen. Anderenfalls steht man mit einem an sich berechtigten Begehren am Ende möglicherweise doch mit leeren Händen da.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Michael Loewer

Beiträge zum Thema