Arbeitsrechtlich sauber lästern: Welche Aussagen über den Chef sind erlaubt?

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Im Arbeitsrecht kann das Lästern über den Chef Abmahnungen oder Kündigungen nach sich ziehen.

Es kommt vor, dass der Unmut über den Vorgesetzten enorm ist. In den eigenen Augen trifft er verkehrte Entscheidungen, zahlt ein unzureichendes Gehalt und delegiert Aufgaben in unpassender Art und Weise. Daraus resultiert das Verlangen, mit anderen Personen darüber zu sprechen und den Frust loszuwerden.

Doch welche Äußerungen sind im Arbeitsrecht erlaubt? Was fällt unter das Recht der freien Meinungsäußerung? Und welche Aussagen ziehen unter Umständen ernsthafte arbeitsrechtliche Folgen nach sich?


Äußerungen im Freundes- und Familienkreis

Mitgliedern der Familie und Freunden vertrauen wir in der Regel. Daher gehören sie normalerweise zu unserem engsten Umfeld. Hier haben wir die Möglichkeit, uns frei zu entfalten, ohne Einschränkungen. Das bedeutet, dass alles erlaubt ist, was uns gefällt.

Der Arbeitnehmer fühlt sich hier sicher. Er vertraut darauf, dass engste Angehörige diese Aussagen weder an die Öffentlichkeit noch an Vorgesetzte weitergeben. Das heiß: Kritik und Beleidigungen haben hier in der Regel keine Konsequenzen, selbst wenn sie dem Chef zu Ohren kommen.

Das Landes-Arbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz erklärte in einem Urteil vom 24.07.2014 (Az. 5 Sa 55/14) die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers für arbeitsrechtlich unwirksam. Der Chemikant hatte während einer Raucherpause im Kollegenkreis über seinen Produktionsleiter gelästert. Er betitelte ihn als "Psycho" und „Arschloch“. Des Weiteren betonte dieser, der Chef gehöre eingesperrt, weil er irre sei.

Der Grund für seine Wut waren gescheiterte Gehalts-Verhandlungen am Vortag. Die Kollegen haben ihn beim Chef verpetzt, was zur fristlosen Kündigung führte. Das Gericht entschied jedoch: Die Kündigung war ungerechtfertigt. Schließlich durfte der Chemikant darauf vertrauen, dass seine Aussagen im Kollegenkreis blieben.


Äußerungen auf Jobportalen?

Im Internet tummeln sich diverse Plattformen, die Arbeitnehmern die Chance bieten, ihre Arbeitsstätte anonym zu bewerten. Diese Option führt mitunter dazu, dass manch verärgerter Angestellter unbedacht seine Kommentare äußert und folglich einen aggressiven Ton anschlägt.

Es ist jedoch wichtig, dass die getätigten Aussagen bestimmte Kriterien erfüllen, um arbeitsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Wichtig ist, dass die Aussagen:

  • der Wahrheit entsprechen
  • keine Beleidigungen sowie Datenschutz-Verstöße enthalten. Namen und betriebsinternes Wissen zu nennen, ist also tabu.

Im engsten Kreis mag es üblich sein, dass Beleidigungen folgenlos bleiben. Jedoch ist dies auf Bewertungs-Portalen anders. Hier gilt es, keine haltlosen Unterstellungen zu verbreiten. Dringend ist davon abzuraten, Äußerungen zu tätigen, wie: "Der Chef schindet Mitarbeiter und ist ein Sklaventreiber.".

Besser ist eine sachliche Formulierung aus der Ich-Perspektive. Zum Beispiel: "Mit der Work-Life-Balance war ich unzufrieden und ich fühlte mich überarbeitet." Damit sind Sie auch arbeitsrechtlich auf der sicheren Seite.


Äußerungen in den sozialen Medien

Es ist wichtig zu bedenken, dass Aussagen in sozialen Medien durchaus schwerwiegende Konsequenzen haben. Im schlimmsten Fall kommt es nicht nur zu einer Abmahnung, sondern zur Kündigung. Das hängt von der Schwere der Beleidigung ab. Es ist dringend zu empfehlen, seine Emotionen nicht unkontrolliert auf die Tastatur zu bringen und Schmähkritik zu vermeiden.

Schmähkritik liegt vor, wenn Angestellte den Chef regelrecht diffamieren und die Äußerungen das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinausgehen.

Hier ist wichtig, die gegenseitige Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB im Arbeitsverhältnis zu beachten. Interessen, Rechte und Rechtsgüter des jeweils anderen schützt diese Pflicht. Das bedeutet, dass abwertende Aussagen, haltlose Unterstellungen sowie Beleidigungen inakzeptabel sind.

Ernsthafte Konsequenzen bekam zum Beispiel ein Auszubildender zu spüren, als er seinen Chef in der Rubrik Arbeitgeber auf seinem Facebook-Profil als „Ausbeuter“ und „Menschenschinder“ betitelte (AZ: 3 SA 644/12). Der Chef kündigte ihm fristlos. In zweiter Instanz urteilte das LAG Hamm, dass diese Kündigung rechtmäßig war.

Es ist empfehlenswert, negative Gefühle nicht im Internet auszubreiten, sondern vertraute Personen zu kontaktieren. Ein klärendes Gespräch mit dem Arbeitgeber ist bei sachlicher Kritik stets die beste Wahl.


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Stichworte: Arbeitsrecht, Abmahnung, Kündigung, Rücksichtnahmepflicht

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