Auskunftsansprüche in der Erbengemeinschaft

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Möglichkeiten des Erben, wenn ein Miterbe die Auskunft verweigert

Zu Streit in der Erbengemeinschaft kommt es häufig bereits dann, wenn das Gefühl aufkommt, dass manche Miterben mehr Informationen über den Nachlass als andere haben und diese Informationen womöglich nicht freiwillig mit den anderen Mitgliedern der Erbengemeinschaft teilen.  Miterben fühlen sich dann oft machtlos, da sie nicht per se einen Anspruch auf Auskunft gegen ihre Miterben haben.  

Wir zeigen Ihnen im folgenden Beitrag 4 Konstellationen, in welchen Miterben in der Erbengemeinschaft untereinander Auskunftsansprüche haben, die sie notfalls auch gerichtlich durchsetzen können.

Ausführliche Informationen zu den Auskunftsansprüchen innerhalb der Erbengemeinschaft finden Sie hier: https://www.rosepartner.de/auskunft-erbe-erbengemeinschaft.html

Konstellation 1: Ein Miterbe wurde vom Erblasser mit einer Vollmacht ausgestattet

Eltern statten Angehörige, häufig Ihre Kinder oder Ehepartner, bereits zu Lebzeiten mit einer Vollmacht aus, häufig in Form einer Vorsorgevollmacht oder Kontovollmacht.  Meist wollen Erblasser hierdurch sicherstellen, dass die nahen Angehörigen ihre Angelegenheiten regeln dürfen, wenn sie selbst dazu (plötzlich) nicht mehr in der Lage sind. Vollmachten sind häufig auch so ausgestaltet, dass sie über den Tod hinauswirken. 

Sofern Miterben Sorge haben, dass diese Vollmacht nicht immer im Sinne des Erblassers gebraucht worden ist, sondern vielmehr zu eigenen Gunsten missbraucht worden ist, können Sie in vielen Fällen von dem Bevollmächtigten verlangen, dass dieser ihnen genaue Rechenschaft darüber ablegt, welche Handlungen er zu welchen Zwecken mit der Vollmacht getätigt hat. Voraussetzung für diese Rechenschaftspflicht ist, dass der Vollmacht ein sogenanntes Auftragsverhältnis zugrunde lag. Ob dies der Fall ist, ist einzelfallabhängig, wird aber bei Vorsorgevollmachten und Generalvollmachten in Regel angenommen.

Konstellation 2: Erblasser hat bereits zu Lebzeiten Vermögenswerte an Erben verschenkt

Nicht selten übertragen Erblasser schon vor ihrem Tod Vermögenswerte an ihre späteren Erben. In bestimmten Konstellationen findet innerhalb der Erbengemeinschaft ein Ausgleich für solche lebzeitigen Übertragungen statt. In Betracht kommen hier entweder ein Pflichtteilsergänzungsanspruch oder die Ausgleichspflicht unter Geschwistern in der Erbengemeinschaft. Um diesen Ausgleich zu fordern und durchzusetzen ist aber zunächst erforderlich, dass die Miterben über die lebzeitigen Übertragungen in Kenntnis gesetzt werden.

Ein Ausgleich nach dem Erbfall findet zum einen dann statt, wenn Geschwister nach dem Tod ihrer Eltern eine Erbengemeinschaft bilden und Eltern ihren Kindern zu Lebzeiten bestimmte Zuwendungen gemacht haben. Bei den Zuwendungen muss es sich dann aber um so genannte „Ausstattungen“ oder um „Zuschüsse zum Lebensunterhalt oder Aufwendungen für die Berufsausbildung“ gehandelt haben oder die Eltern müssen bei der Schenkung bestimmt haben, dass diese nach dem Erbfall ausgeglichen werden soll. Geschwister haben dann untereinander ein Recht darauf, dass die begünstigten Geschwister die anderen Geschwister in der Erbengemeinschaft nach dem Erbfall über alle Zuwendungen aufklären, die zum Ausgleich verpflichten könnten.

Zudem können lebzeitige Schenkungen an Miterben zu Pflichtteilsergänzungsansprüchen führen. Diese kommen insbesondere dann in Betracht, wenn der Erblasser besonders hohe Vermögenswerte an einen der Erben verschenkt hat und im Nachlass dadurch deutlich weniger vorhanden ist. In diesen Konstellationen können Miterben nämlich dann unter Umständen einen so genannten Pflichtteilsergänzungsanspruch haben. Sofern eine lebzeitige Schenkung einen solchen Pflichtteilsergänzungsanspruch auslösen könnte, ist der Beschenkte gegenüber den anderen Miterben zur Auskunft über diese Schenkung verpflichtet.

Konstellation 3: Ein Miterbe hat mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft gelebt 

Für den Fall, dass ein Miterbe zu Lebzeiten mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, haben die anderen Miterben nach dem Tod des Erblassers einen Anspruch gegen diesen Hausgenossen, dass er über Existenz und Verbleib von Nachlassgegenständen aufklärt, über die er Kenntnisse hat, und über erbschaftliche Geschäfte, die er aufgrund der Nähe für den Erblasser getätigt hat. 

Zu beachten ist dabei, dass der Begriff der „häuslichen Gemeinschaft“ sehr weit verstanden wird. Regelmäßig hat schon ein Angehöriger mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft gelebt, welcher nur in der letzten Lebensphase des Erblassers besuchsweise bei diesem eingezogen ist.

Konstellation 4: Ein Miterbe hat oder hatte Nachlassgegenstände in seinem Besitz

Für den Fall, dass ein Miterbe Gegenstände, die eigentlich zum Nachlass gehören, in seinem Besitz hat oder ursprünglich hatte, muss er die übrigen Miterben über den Bestand und Verbleib dieses Gegenstandes oder dieser Gegenstände aufklären.

Alle Auskunftsansprüche können zur Not auch gerichtlich durchgesetzt werden, sofern die Miterben sich weigern, die Auskünfte zu erteilen. Hierfür empfiehlt es sich, einen erfahrenen Rechtsanwalt zu beauftragen.

Foto(s): ROSE & PARTNER

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