Bedürfen alle nachträglichen Änderungen im Gewerberaummietrecht der Schriftform?

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Das Schriftformerfordernis bei langfristigen Mietverträgen stellt nach wie vor ein Problem im Bereich der Gewerberaummiete dar. 

Das Schriftformerfordernis ist ein Risiko für den Bestand befristeter Mietverträge. Bei der Vermietung von gewerblich genutzten Immobilien sind Mietverträge mit festen Laufzeiten geregelt. Der langfristige Bestand des Mietverhältnisses ist für die Parteien des Mietvertrages von enormer wirtschaftlicher Bedeutung.

Der Vermieter erhält durch die vereinbarte Laufzeit eine verlässliche Kalkulationsgrundlage für die Zeit der vertraglich vereinbarten Laufzeit.

Der Mieter dagegen ist daran interessiert, über die wirksame Befristung den Standort für sein Unternehmen zu sichern und die Investitionen für Um- und Ausbau seines Geschäftsbetriebes vernünftig zu planen. 

Diese Interessen sind nur dann gewahrt, wenn die Formvorschrift nach § 550 Abs. 1 BGB eingehalten wird. 

Diese ist dann anzuwenden, wenn ein Mietvertrag mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr abgeschlossen wird. Liegt jedoch ein Verstoß gegen diese Schriftform vor, wird an diese Nichteinhaltung der Schriftform die gesetzliche Fiktion geknüpft, dass der Mietvertrag als  "für unbestimmte Zeit" abgeschlossen gilt. Dies hat wiederum zur Konsequenz, dass die Vertragsparteien unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (§ 580 a Abs. 2 BGB) das Mietverhältnis ordentlich kündigen können. Die anwaltliche Praxis zeigt, dass von dieser Möglichkeit rege Gebrauch gemacht wird. Insbesondere, wenn das Interesse an der langfristigen Bindung an den Mietvertrag bei einem der Parteien schwindet, wird nach einem Schlupfloch gesucht, um das Recht der Kündigung zu begründen und sich ohne Weiteres unter Einhaltung der gesetzlichen Frist von dem Vertrag zu lösen.


Ein Schriftformmangel liegt dann vor, wenn vertragswesentliche Vereinbarungen zwischen den Parteien nicht der Schriftform gem. § 550 Satz 1 BGB entsprechen. 

Es kommt also immer im Einzelfall darauf an, ob überhaupt eine vertragswesentliche Vereinbarung vorliegt.

Sofern also mündliche Abreden nachträglich zwischen den Parteien getroffen wurden, muss immer im Einzelfall bewertet werden, ob diese Vereinbarung vertragswesentlich ist, um zu einem Schriftformmangel zu gelangen.

So stellte sich  in einem Verfahren vor dem BGH die Frage, ob eine vertragswesentliche Vereinbarung dann vorliegt, wenn zwischen den Parteien, abweichend vom schriftlichen Mietvertrag, eine geringere Miete (Mietminderung) vereinbart wurde, um einem Minderungsanspruch des Mieters gerecht zu werden, da durch Umbaumaßnahmen des Vermieters Baulärm (Mangel) verursacht wurde.

Der BGH hatte in einem Beschluss (Kostenentscheidung) vom 15.9.2021 die Frage zu entscheiden, ob eine solche Änderung der Miete im konkreten Fall eine vertragswesentliche Vereinbarung darstellt. 

Die Besonderheit im vorliegenden Fall war, dass die Minderung weniger als ein Jahr lang vereinbart wurde.

Der BGH entschied, dass eine Änderung von vertragswesentlichen Vereinbarungen nur dann gemäß § 550 S. 1 BGB schriftformbedürftig ist, wenn sie für einen ein Jahr übersteigenden Zeitraum Geltung beansprucht.

Vereinbarungen über die Höhe einer Mietminderung betreffen die Mieter als vertragswesentlichen Bestandteil und unterfallen dem Schriftformerfordernis, wenn es um einen Zeitraum von mehr als einem Jahr geht.


Fazit:

Nach wie vor ist die Frage, ob ein Schriftformmangel (§ 550 BGB) vorliegt, nicht leicht zu bewerten. Vielmehr bedarf es immer einer sorgfältigen Überprüfung des Einzelfalles unter Berücksichtigung der komplexen und umfangreichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. 

Mit dieser Entscheidung führt der Bundesgerichtshofs jedoch seine Senatsurteile aus dem Jahr 2005, 2016 und 2018 weiter fort.




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