Beitragserstattung bzw. Arbeitgeberzuschuss zur Krankenversicherung nach Scheinselbstständigkeit

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Wird nachträglich festgestellt, dass es sich bei einem vermeintlichen freien Mitarbeiter tatsächlich um einen Beschäftigten (im Sinne des Sozialversicherungsrechts bzw. nach § 7 SGB IV) – einen sogenannten Scheinselbstständigen – handelt, werden die nachzuentrichtenden Sozialversicherungsbeiträge von der Einzugsstelle (bei der jeweiligen gesetzlichen Krankenversicherung) oder von dem Rentenversicherungsträger (der eine Betriebsprüfung vorgenommen hat) dem Arbeitgeber bzw. vermeintlichen Auftraggeber gegenüber geltend gemacht.

Den Scheinselbstständigen trifft (auch betreffend die Arbeitnehmeranteile, welche der Arbeitgeber „eigentlich“ einzubehalten hat) regelmäßig keine Beitragszahlungspflicht und keine Pflicht, den Arbeitgeber bzw. vermeintlichen Auftraggeber zur Zahlung zu bewegen.

In seinem eigenen Interesse sollte der Scheinselbstständige jedoch prüfen, ob seine jeweiligen Versicherungszeiten und die Höhe der Entgelte bei den Sozialversicherungsträgern ordnungsgemäß festgestellt werden, da hiervon abhängt, ob und in welcher Höhe er ggf. z. B. Arbeitslosengeld oder Rente – ohne je einen Pfennig oder €-Cent wegen Beiträgen aufgewandt zu haben – beziehen kann.

Beitragserstattung nach Scheinselbstständigkeit bei rückwirkendem Wechsel von freiwilliger zu gesetzlicher Kranken- und Pflegeversicherung

War der Scheinselbstständige freiwillig gesetzlich kranken- und pflegeversichert, führt die rückwirkende Feststellung einer gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungspflicht dazu, dass der Rechtsgrund für die Zahlung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung rückwirkend entfällt und die gezahlten Beiträge (von der Kranken- und Pflegeversicherung an den Scheinselbstständigen – unabhängig von der Frage, ob der Arbeitgeber bzw. vermeintliche Auftraggeber tatsächlich Beiträge nachzahlt) zurückzuzahlen sind.

Dieser Erstattungsanspruch des Scheinselbstständigen verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind.

Ob die Erhebung der Einrede der Verjährung wegen unzulässiger Rechtsausübung unwirksam ist, sofern der Arbeitgeber bzw. vermeintliche Auftraggeber die gesetzlichen Beiträge für die entsprechenden Zeiträume tatsächlich nachgezahlt hat (sodass faktisch eine Doppelzahlung vorliegt), ist nicht höchstrichterlich geklärt.

Keine Beitragserstattung und kein Arbeitgeberzuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung bei rückwirkender Feststellung einer gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung des privat kranken- und pflegeversicherten Scheinselbstständigen

War der Scheinselbstständige privat kranken- und pflegeversichert und fällt er nun, z. B. weil die Jahresarbeitsentgeltgrenze unterschritten war, rückwirkend in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung „zurück“, hat der Arbeitgeber bzw. vermeintliche Auftraggeber die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nachzuentrichten. Ein Ausgleich an den Scheinselbstständigen wegen der von ihm entrichteten Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung findet nicht statt. Um sich der weiteren Beitragspflicht zu entledigen, muss der Scheinselbstständige die private Kranken- und Pflegeversicherung kündigen. Eine rückwirkende Kündigung zum Eintritt der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungspflicht wird regelmäßig an der Drei-Monats-Frist scheitern.

Nachträglicher Arbeitgeberzuschuss zur freiwilligen gesetzlichen bzw. zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung, wenn ein Scheinselbstständiger nicht rückwirkend in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung gelangt

Gelangt der Scheinselbstständige nicht rückwirkend in die gesetzliche Krankenversicherung, z. B. wegen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze, muss er selbst gegenüber dem Arbeitgeber bzw. vermeintlichen Auftraggeber tätig werden. Um Beitragszuschüsse für Beschäftigte gemäß § 257 SGB V geltend zu machen, muss er nachweisen, in welcher Höhe er gesetzliche oder private Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu zahlen hatte.

Zahlt der Arbeitgeber bzw. vermeintliche Auftraggeber die Beitragszuschüsse für die Vergangenheit nicht, kann der Scheinselbstständige Klage zum Sozialgericht erheben.

Wird die Verjährungseinrede erhoben, ist grundsätzlich eine vierjährige Verjährungsfrist zu beachten. Die Verjährung in dreißig Jahren gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV greift jedoch schon bei einem bedingt vorsätzlichen Verhalten des Arbeitgebers bzw. vermeintlichen Auftraggebers.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass bei lang gut bezahlten vermeintlichen freien Mitarbeitern bzw. Scheinselbstständigkeit nicht „bloß“ künftige gesetzliche Rentenzahlung in monatlich bis zu vierstelligen €-Beträgen (ohne jede Beitragszahlung), sondern ggf. auch nachträgliche Arbeitgeberzuschüsse zur freiwilligen bzw. zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in bis zu fünfstelligen €-Beträgen durchgesetzt werden können.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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