Berliner Testament

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Vielfach wird angenommen, dass Ehepartner sich automatisch gegenseitig beerben, wenn einer von beiden verstirbt. Dies ist jedoch nur zum Teil richtig. Haben Eheleute Kinder, beträgt der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten bei Zugewinngemeinschaft gerade einmal 50 %. Die Kinder erben die weiteren 50 %.

Aus diesem Grund ist das sogenannte „Berliner Testament“ sehr beliebt. Darin werden der Ehepartner zum Alleinerben und die Kinder nach Versterben des zweiten Ehepartners zu Schlusserben eingesetzt.

Vorteil dieser Testamentsform ist, dass der Ehepartner das oft ohnehin gemeinsam verwaltete Vermögen allein weiterführt und nicht unter den Kindern aufteilen muss. Durch die Schlusserbeinsetzung der Kinder wird weiter gesichert, dass das Vermögen in der Familie verbleibt.

Dabei werden aber oft die Nachteile und Risiken des Berliner Testaments übersehen.

  1. Indem die Kinder im ersten Erbfall nicht bedacht werden, verfallen deren Steuerfreibeträge. Die Kinder erben sodann im zweiten Erbfall das gesamte Elternvermögen auf einen Schlag. Bereits ab einem Vermögen von 400.000 € (Immobilienwerte werden mit deren Verkehrswert mitberechnet!) und einem Kind fallen Erbschaftsteuern an, die durch eine andere Testamentsgestaltung vermeidbar gewesen wären.
  2. Weiter bedeutet die Einsetzung des Ehegatten zum Alleinerben in einem Berliner Testament automatisch die Enterbung der Kinder! Hierdurch werden Pflichtteilsansprüche ausgelöst, die sofort mit dem Tod des erstversterbenden Elternteils fällig werden und vom überlebenden Elternteil ausbezahlt werden müssen. Dies gilt unabhängig davon, ob ausreichend Bargeld vorhanden ist oder nicht. Ist das Vermögen nicht liquide, muss notfalls die eigene Immobilie belastet oder gar veräußert werden.
  3. Und schließlich darf die Bindungswirkung eines Berliner Testaments nicht unterschätzt werden. Sobald ein Elternteil verstorben ist, hat der andere Elternteil nicht mehr die Möglichkeit, die Schlusserbeinsetzung abzuändern, mag sich auch der Kontakt zu einem der Kinder erheblich verschlechtert haben. Auch ein weiterer Ehepartner könnte nicht mehr in das Testament aufgenommen werden. Eine entsprechende Öffnungsklausel sollte daher unbedingt besprochen und ggf. in das Testament aufgenommen werden.

Das Berliner Testament wird auch zukünftig nicht viel von seiner Beliebtheit einbüßen. Aus fachanwaltlicher Sicht kann dagegen immer nur dann zu diesem Testament geraten werden, wenn die beschriebenen Risiken vorab ausführlich besprochen und entsprechende Anpassungen in den Testamentswortlaut mit aufgenommen wurden. Von einer handschriftlichen Erstellung eines Berliner Testaments ohne vorangegangene Beratung durch einen Fachanwalt ist in jedem Fall abzuraten.

Rechtsanwalt Steffen Köster, Fachanwalt für Erbrecht, Kanzlei Königstraße, Stuttgart


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