Beschränkung der Vertretungsmacht eines GbR-Gesellschafters?

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Das OLG Hamm befasste sich in einem aktuellen Urteil mit der Frage, inwieweit das gesetzliche Widerspruchsrecht eines GbR-Gesellschafters die Vertretungsmacht des geschäftsführenden Gesellschafters im Außenverhältnis berührt. 

Im Tenor kann die Entscheidung wie folgt zusammengefasst werden: 

1. Widerspricht ein GbR-Gesellschafter einer beabsichtigten Maßnahme des zur Geschäftsführung berufenen Mitgesellschafters, führt dieser Widerspruch nicht zu einer Beschränkung dessen Vertretungsmacht im Außenverhältnis.  

2. Enthält der Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co. KG eine Klausel, wonach sich jeder Gesellschafter durch eine mit schriftlicher Vollmacht ausgestattete Person vertreten lassen kann, ist diese einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine schriftliche Vollmachtserteilung dann nicht erforderlich ist, wenn bei den Mitgesellschaftern an der Bevollmächtigung des Vertreters kein Zweifel besteht.  

Im konkreten Sachverhalt hielten Klägerin und Beklagter zusammen 50% der Anteile an verschiedenen Gesellschaften einer Unternehmensgruppe. Um die Mitgliedschaftsrechte gemeinsam auszuüben, schlossen sich die Parteien zu einer Familien-GbR zusammen und bestellten für diese einen Geschäftsführer.  

Im Rahmen einer Gesellschafterversammlung wurden in den Gesellschaften der Unternehmensgruppe Ausschüttungen mit einem Volumen von rund 409 Mio. Euro beschlossen. Der Geschäftsführer der GbR war bei der Stimmabgabe nicht persönlich anwesend, sondern hat sich bei der Stimmabgabe durch einen nicht mit schriftlicher Vollmacht ausgestatteten Vertreter vertreten lassen. 

Die Klägerin hatte den Ausschüttungsbeschlüssen vorab widersprochen. Sie hielt die Ausschüttungsbeschlüsse für unwirksam. Das Landgericht Essen hatte die u.a. auf Rückzahlung der Entnahmen gerichtete Klage zurückgewiesen.  

Auch die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.  Nach Auffassung des OLG Hamm sind die Beschlüsse wirksam zustande gekommen. Die Stimmabgabe durch den Geschäftsführer der Familien-GbR, dieser vertreten durch einen Vertreter, sei für alle Gesellschafter wirksam gewesen.  

Der Widerspruch der Klägerin im Vorfeld gegen die geplante Ausschüttung hat auf die Vertretungsmacht des Geschäftsführers keine Auswirkung gehabt.  

Zur Begründung verweist das OLG Hamm auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom 19.06.2008. Demnach kann die Vertretungsmacht eines Gesellschafter-Geschäftsführers in der GbR nicht durch den Widerspruch eines zur Geschäftsführung berufenen Mitgesellschafters im Außenverhältnis beschränkt werden. Dies gelte, so das OLG Hamm, erst recht für den Widerspruch eines einzelnen Mitgesellschafters. Ein derartig weitreichendes Recht zum Widerspruch bedürfe einer ausdrücklichen Regelung im Gesellschaftsvertrag.  

Die Stimmabgabe durch den Vertreter ist nach Auffassung des OLG Hamm auch nicht deswegen unwirksam, weil keine schriftliche Vollmacht vorlag, § 125 BGB. 

Die entsprechende Bestimmung im Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft diene lediglich der Beweissicherung und sei einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine schriftliche Vollmachtserteilung nicht erforderlich sei, wenn den Mitgesellschaftern anderweitig positiv bekannt sei, dass der Vertreter über eine entsprechende Vollmacht verfüge. Dies war nach den Feststellungen des Gerichtes im vorliegenden Sachverhalt gegeben. 

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesgerichtshof Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, diese ist anhängig unter dem Aktenzeichen II ZR 225/09.  

Hinweis für die Praxis:

Das Urteil des OLG Hamm fasst die wesentlichen Aspekte bei Beschlussfassungen in Personengesellschaften zusammen und nimmt zu einer Vielzahl von Rechtsproblemen Stellung. 

Ein wichtiger Aspekt ist die hier dargestellte Stärkung der Rechtsmacht des Stimmrechtsvertreters. Von praktischer Relevanz ist dabei besonders die Feststellung des OLG Hamm zur bloß deklaratorischen Wirkung von Schriftformerfordernissen für Stimmrechtsvollmachten in Gesellschaftsverträgen. Wichtig ist auch die Klarstellung, dass der Widerspruch eines einzelnen Gesellschafters nicht zu einer Beschränkung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis des Geschäftsführers führt. 

Die Entscheidung ist zu begrüßen, so dass auch davon ausgegangen werden kann, dass der Bundesgerichtshof diese nicht zur Entscheidung annehmen wird.

Rechtsanwalt Sandro Dittmann  

Dittmann Rechtsanwälte

Dresden Leipzig 

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