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Betäubungsmittelstrafrecht: Schweigerecht, Beweiswürdigung, §§ 29, 31 BTMG

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Anforderung an ein Urteil wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bei einem Belastungszeugen

BGH: Beschluss vom 22.09.2011 - 2 StR 263/11

Sachverhalt:

In dem vom Gericht zu beurteilenden Sachverhalt bewohnte der Angeklagte A zusammen mit seiner mitangeklagten Ehefrau E eine Wohnung, in dem sich auch eine von der Ehefrau betriebene Gaststätte befand. Eine weitere Wohnung war an den Zeugen Z vermietet, stand aber leer und wurde vom Angeklagten zu Abstellzwecken genutzt. In dieser Wohnung errichtete der Angeklagte zusammen mit dem gesondert verfolgten Zeugen Z sowie drei niederländischen Staatsangehörigen im Sommer 2004 eine Cannabis-Plantage, in die im September 2004 ca. 500 Setzlinge eingebracht wurden. Während der Zeuge Z beim Aufbau der Plantage mitwirkte, indem er erforderliche Elektroarbeiten durchführte, beteiligte sich der Angeklagte an der Aufzucht der Pflanzen und am Betrieb der Plantage. Das abgeerntete Marihuana in der Größenordnung von fünf Kilogramm wurde sodann von den niederländischen Tatbeteiligten übernommen und verkauft. Entgegen der ursprünglichen Absprache erhielt der Angeklagte aus dem Verkaufserlös keinen Anteil, weil dieser mit getätigten Investitionskosten für den Aufbau und die Bepflanzung der Plantage verrechnet wurde.

Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung nicht zu den Tatvorwürfen eingelassen. Die Strafkammer hat die Verurteilung in erster Linie auf die Bekundungen des Zeugen Z gestützt, die letzterer im Ermittlungsverfahren im Rahmen zweier Beschuldigtenvernehmungen getätigt hat.

Der BGH hat entschieden und führt dazu aus:

1. Hängt die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten entscheidend von der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben eines Mittäters ab, so muss der Tatrichter die für die Richtigkeit der Angaben des einzigen Belastungszeugen sprechenden Gesichtspunkte umfassend prüfen, würdigen und dies im Urteil deutlich machen.

2. Ferner muss man sich mit der Frage auseinandersetzen, ob sich der Zeuge Z in dem gegen ihn geführten Strafverfahren möglicherweise durch unrichtige Angaben Vorteile im Sinne einer sogenannten „Aufklärungshilfe" verschaffen wollte. Gerade für die Glaubhaftigkeitsbeurteilung bei Aussagen im Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts ist es ein wesentlicher Gesichtspunkt, ob sich der Zeuge durch seine Aussage in dem gegen ihn gerichteten Verfahren im Hinblick auf § 31 BtMG Vorteile verspricht und vor diesem Hintergrund einen Nichtgeständigen möglicherweise zu Unrecht belastet.

Fazit:

Die Glaubhaftigkeitsbeurteilung gerät oftmals in Vergessenheit in Verbindung mit § 31 BTMG. Zu Unrecht, wie der Beschluss des BGH zeigt. Interessant ist, dass der BGH ausdrücklich Art. 6 Absatz 3d MRK hervorhebt und die erhöhten Anforderungen verdeutlicht. Nur mit dieser Vorgehensweise kann man gerade im Bereich Betäubungsmittelstrafrecht die Ungereimtheiten für den Angeklagten im Zusammenhang mit § 31 BTMG wirksam überprüfen.

Pohl und Marx Rechtsanwälte
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