BGH vom 06.05.2021 - Az. III ZR 169/20: Kündigung und Rückforderung bei einem Partnerschaftsvermittlungsvertrag

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Partnerschaftsvermittlungsverträge können auf 2 Wegen praktisch jederzeit beendet werden und so lange die Leistungen nicht vollständig erbracht wurden, erhält man seine gezahlten Vergütungen anteilig zurück.

Der Bundesgerichtshof hat am 06.05.2021 entschieden, dass der Gegenanspruch des Partnerschaftsvermittlungsunternehmens nur nach zeitanteiligen Maßstäben zu berechnen ist. 

Dies bedeutet, dass die Kunden in den meisten Fällen durch Widerruf oder Kündigung einen großen Teil des Dienstleistungshonorars vermeiden können oder einen großen Teil des Dienstleistungshonorars zurückfordern können. 

1.

Wird der Partnerschaftsvermittlungsvertrag, was die Regel ist, außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen, steht dem Kunden ein Widerrufsrecht zu seiner auf Abschluss des Partnerschaftsvermittlungsvertrages gerichteten Willenserklärung zu, § 355 Abs. 1 S. 1 BGB, § 312 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB.

Das Widerrufsrecht erlischt erst mit vollständiger Erbringung der Leistung durch das Partnerschaftsvermittlungsunternehmen, § 356 Abs. 4 S. 1 BGB.

Dies gilt auch für den Fall, dass der Kunde ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.

Dabei ist zu beachten, dass bei einem Partnervermittlungsvertrag die vertragswesentliche Leistung regelmäßig nicht in der Erstellung eines Partnerdepots oder ähnlichen Vorbereitungshandlungen besteht, sondern erst in der Übermittlung der für die Partnerschaftsvermittlung geeigneten Vorschläge an den Verbraucher.

Dies bedeutet, dass auch bei wirksamer Widerrufsbelehrung das Widerrufsrecht grundsätzlich unbefristet ausgeübt werden kann, solange die vertragsmäßige Leistung nicht vollständig erbracht, sprich die von den Partnerschaftsvermittlungsunternehmen geschuldeten geeigneten Partnervorschläge erbracht wurden, OLG Köln, Urteil vom 25. Juni 2020 Az. I 21 U 107 / 19.

2.

In vielen Fällen ist es für das Partnerschaftsvermietungsunternehmen gar nicht so einfach, geeignete Partnerschaftsvermittlungsvorschläge zu erbringen. Daher versuchen die Unternehmen das gesetzliche Widerrufsrecht durch vertragliche Vereinbarungen mit den Kunden zu beschneiden.

So finden sich in den Verträgen Klauseln, wonach die Hauptschuld aus dem Partnervermittlungsvertrag umdefiniert wird und nicht in der Erbringung der Partnerschaftsvorschläge liegen soll, sondern bereits in der Einrichtung eines Partnerdepots.

Derartige Versuche in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Möglichkeit des Widerrufes dadurch zu beschneiden, dass man Vorbereitungshandlungen zu Hauptpflichten umdefiniert sind allerdings zum Scheitern verurteilt. Es richtet sich allein nach objektiven Maßstäben, ob bereits in der Einrichtung eines Partnerdepots die Erbringung der Hauptpflicht liegt. Es ist bei der Bemessung der anteilig erbrachten Leistung nicht nur die überproportionale Berücksichtigung der Erstellung des Partnerdepots als Vertragsleistung mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht möglich, da solche Vertragsgestaltungen einen Verstoß gegen § 308 Nr. 7a BGB darstellen ( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. 2014 ( Az. 24 O2 135 / 13, in: MDR 2015, 75 F. ). Vielmehr stellt die Einrichtung eines solchen Partnerdepots lediglich eine Vorbereitungshandlung dar, mit deren Hilfe das Partnerschaftsvermittlungsunternehmen die vertragsgemäße Leistung erst erbringen will. Im Falle des Widerrufes kann daher für die Einrichtung des Partnerdepots o. ä. Vorbereitungshandlungen keine anteilige Vergütung zulasten des Kunden angesetzt werden. Im Regelfall liegt bei der Verschiebung von Vorbereitungshandlungen in Hauptpflichten durch AGB eine Umgehung der Vorschriften des Gesetzes über Allgemeine Geschäftsbedingungen vor, sodass die Regelung unwirksam ist, § 306 a BGB.

Zu dem Widerrufsrecht besteht noch die Besonderheit, dass dann, wenn der Kunde nicht ausdrücklich den Wunsch erklärt, mit der vertragsmäßigen Leistung solle bereits vor Ablauf der 14-tägigen Widerrufsrechts begonnen werden das  Partnerschaftsvermittlungsunternehmen auch bei Erbringung von Teilleistungen, beispielsweise bei der Erbringung von 10 von 15 geschuldeten Partnerschaftsvermittlungsvorschlägen vor Ablauf der Widerrufsfrist überhaupt keinen Vergütungsanspruch erwirbt. Bereits bezahlte Vergütungen sind in diesem Fall vollständig zurück zu zahlen.

Die Partnerschaftsvermittlungsunternehmen versuchen daher häufig, durch entsprechende Vertragsklauseln in AGB den Kunden den Wunsch nach vorzeitiger Erbringung der Vertragsleistung in den Mund zu legen. Hier muss sorgfältig geprüft werden, ob der Wunsch von dem Kunden wirklich freiwillig geäußert wurde und nicht nur z.B. versteckt in den AGB vorgegeben war.

3.

Hat das Partnerschaftsvermittlungsunternehmen die entsprechenden gesetzlichen Formalien eingehalten und dem Kunden eine wirksame Widerrufsbelehrung zugänglich gemacht, der Kunde den freiwilligen Wunsch nach vorzeitiger Erbringung der Leistungen geäußert, besteht theoretisch die Möglichkeit nachzuweisen, dass der Wertersatzanspruch des Unternehmers für die teilweise erbrachten Leistungen sich nicht nach der vertraglich vereinbarten Vergütung richtet, sondern nach dem Marktwert. Theoretisch kann man auf diesem Weg eine Reduzierung der Höhe der Vergütung erreichen, da jedoch der Marktwert häufig nur schwer feststellbar ist lässt sich eine Kürzung der anteiligen Vergütung des Unternehmers über diesen Weg kaum erreicht.

4.

Eine weitere völlig selbständige Möglichkeit einen Partnerschaftsvermittlungsvertrag zu beenden stellt die Möglichkeit der Kündigung nach § 627 BGB dar. Bei einem Partnerschaftsvermittlungsvertrag handelt es sich um ein Vertrag über Dienste höherer Art, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen werden, weswegen die Möglichkeit der sofortigen Beendigung des Vertrages durch Kündigung nicht ausgeschlossen werden kann, BGH, Urteil vom 8.10.2009, Az. III ZR 93 / 09.

An dieser Stelle versuchen die Partnerschaftsvermittlungsunternehmen mit den Kunden durch angebliche Individualvereinbarungen einen Ausschluss des Kündigungsrechtes zu vereinbaren. Allerdings kommt es nicht darauf an, wie die Vereinbarung zwischen dem Partnerschaftsvermittlungsunternehmen und dem Kunden bezeichnet wird, ob sie z.B. als „Individualvereinbarung“ bezeichnet wird. Es kommt darauf an, ob die entsprechende Vereinbarung seitens des Partnerschaftsvermittlungsunternehmens als Vertragsklausel für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurde. Zwar muss der Kunde beweisen, dass sich bei der Vereinbarung nicht um eine Individualvereinbarung handelt. Der Beweis wird jedoch im Regelfall gelingen. In vielen Fällen sind die Gestaltungen bereits dem äußeren Anschein nach Individualvereinbarungen ( prima facie Beweis, vergleiche Palandt/Grüneberg, BGB, 79 Aufl. 2020, § 305, Rn. 23). Dabei kommt es auch darauf an, in wessen Interesse die konkrete vertragliche Regelung liegt, liegt sie allein im Interesse des Partnerschaftsvermittlungsunternehmens, kann man ohne weiteres davon ausgehen, dass das Partnerschaftsvermietungsunternehmen die Klausel vorformuliert hat.

Wurde die Vereinbarung von dem Partnerschaftsvermietungsunternehmen ursprünglich für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert, so wird es für das Partnerschaftsvermittlungsunternehmen schwierig werden, den Standpunkt des Vorliegens einer Individualvereinbarung vertreten zu können. Es kommt darauf an, ob der Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, also das Partnerschaftsvermietungsunternehmen den gesetzesfremden Kerngehalt seiner AGB inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellt hat. Der Kunde musste also die reale Möglichkeit haben, den Inhalt der Vertragsbedingungen zu beeinflussen.

5.

Die Höhe der anteilig verdienten Leistung ( Kündigung ) oder  Wertersatzanspruches ( Widerruf ) des Partnervermittlungsunternehmens für die bis zur Kündigung oder dem Widerruf erbrachten Leistungen des Partnerschaftsvermittlungsunternehmens hängt von dem Umfang der von dem Partnerschaftsvermittlungsunternehmens bereits erbrachten Leistung ab.

In diesem Zusammenhang ist die Rechtslage für den Kunden des Partnerschaftsvermittlungsunternehmens sehr günstig. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 6.5.2021 - III ZR 169 / 20 klargestellt, dass das Partnerschaftsvermittlungsunternehmen lediglich Anspruch in Höhe einer zeitanteiligen Vergütung hat. Maßstab ist dabei auch, ob der Kunde die übermittelten Vermittlungsvorschläge noch verwerten konnte. Dieser Maßstab führt im Regelfall dazu, dass bei rechtzeitig erklärten Widerruf oder rechtzeitig erklärte Kündigung ein großer Teil des Honorars des Partnervermittlungsunternehmens noch nicht verdient ist, auch wenn es äußerlich so aussieht, als hätte das Partnerschaftsvermittlungsunternehmen seine Leistung bereits erbracht.

6.

Zusammenfassung:

Im Regelfall kann jeder Partnerschaftsvermittlungsvertrag jederzeit beendet werden und das Unternehmen erhält bei Beendigung nur eine anteilige Vergütung für die bis dahin erbrachten Leistungen. Entweder kann man den Vertrag kündigen oder man kann die auf Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen.

Will man den Vertrag beenden, so muss man sich beeilen und die Kündigung oder den Widerruf so schnell wie möglich erklären. dies führt häufig dazu, dass man das Dienstleistungshonorar für die Partnervermittlung erheblich kürzen oder ganz vermeiden kann und eine geleistete Vorauszahlung gegebenenfalls auch ganz oder anteilig zurückfordern kann.

Die Möglichkeit des Widerrufs ist dann günstiger, wenn das Partnerschaftsvermittlungsunternehmen bei der Widerrufsbelehrung Fehler gemacht hat es kommt dann in Betracht, dass das Partnerschafts- vermittlungsunternehmen auch für anteilig erbrachten Leistungen keine Vergütung erhält und eine bereits gezahlte Vergütung zurückzahlen muss.

Hat man gekündigt oder den Vertrag widerrufen, sollte man sich von den Versuchen des Partnerschaftsvermittlungsunternehmens, die anteilig erbrachte Leistung möglichst hoch anzusetzen und nur einen geringen Teil der häufig im Voraus erbrachten Vermittlungsgebühren zurück zahlen zu wollen nicht beeindrucken lassen und auf seinen Rechten beharren.

Lengnick

Rechtsanwalt


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