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BILD behauptet, bekannte Ex-Polizistin und Influencerin habe „Internet-Einnahmen verheimlicht?" Zu Unrecht.

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Adrienne Koleszár war Kommissarin in Dresden. Bis 2020. Seitdem ist sie eine sehr erfolgreiche Influencerin. In einem emotionalen Post hat sie ihre Follower offen und unverstellt an ihren aktuellen Sorgen teilhaben lassen. Nicht alles sei stets so problemlos gelaufen, wie es scheine. Falsche Freunde und Berater. Auch sei das Finanzamt gekommen, eine Betriebsprüfung.
Die BILD hat diesen Post zum Anlass genommen, unter der Überschrift „Internet-Einnahmen verheimlicht?" und der weitergehenden Behauptung „Finanzamt jagt Promi-Polizistin“, darüber zu berichten, dass ihr angeblich „eine ordentliche Nachzahlung“ drohe. Also noch einmal deutlich:
Adrienne Koleszár spricht von einer Betriebsprüfung. Hieraus entwickelt BILD den Verdacht, sie habe Einkünfte nicht gemeldet und so Steuern hinterzogen.
BILD bewegt sich damit jenseits der Grenzen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung.
Für Betroffene kann eine Berichterstattung über angebliche Verfehlungen eine erhebliche Persönlichkeitsverletzung darstellen. Immerhin wird ein angebliches Fehlverhalten öffentlich gemacht. Dies kann dem Ansehen und der Reputation der betroffenen Personen großen, auch wirtschaftlichen Schaden zufügen. Dies gilt erst recht dann, wenn es um solche Vorwürfe geht, die einen Bezug zum beruflichen Wirken des Betroffenen aufweisen. Denn gerade solche Vorwürfe, tragen die Gefahr in sich, die berufliche Reputation des Betroffenen in Frage bzw. in Abrede zu stellen und damit negativen Einfluss auf dessen berufliche und damit wirtschaftliche Existenz zu nehmen (vgl. hierzu OLG Brandenburg, NJW 1995, S. 886 ff.).
Daher sind an Berichte, die sich mit einem angeblichen Fehlverhalten befassen, strenge Maßstäbe an die publizistische Sorgfaltspflicht zu stellen.
1.    Es müssen hinreichend belastbare Umstände vorliegen, die für den Wahrheitsgehalt des Verdachts sprechen und ihm damit überhaupt erst einmal "Öffentlichkeitswert" verleihen.
2.    Zudem darf die Darstellung nicht vorverurteilend sein. In dem Beitrag darf also nicht der unzutreffende Eindruck erweckt werden, die Vorwürfe seien gerechtfertigt.
3.    Dem Betroffenen ist vor der Veröffentlichung Gelegenheit zur Stellungnahme zu den konkret erhobenen Vorwürfen einzuräumen.
4.    Schließlich muss es um einen Vorgang von gravierendem Gewicht gehen.

werden, lassen sich wie folgt skizzieren:
In Ansehung der vorstehend skizzierten Sorgfaltsanforderungen, die an eine zulässige Verdachtsberichterstattung zu knüpfen sind, wird schnell deutlich, dass die BILD diesen Anforderungen nicht gerecht wird.
Es sind keine hinreichende Belegtatsachen ersichtlich. Weder werden die Vorwürfe durch Dritte bestätigt. Amtliche Auskünfte liegen nicht vor. Soweit ersichtlich stützt sich die BILD nur auf den Post von Adrienne Koleszár. Dort ist allerdings nur von einer Betriebsprüfung die Rede. Der Beitrag ist offen vorverurteilend. Der Leser hat nicht den geringsten Zweifel, dass die Vorwürfe den tatsächlichen Lebenssachverhalt zutreffend spiegeln. Dem Beitrag ist nicht zu entnehmen, dass Frau Adrienne Koleszár mit dem Vorwurf, Einkünfte nicht angegeben und dadurch Steuern hinterzogen zu haben, konfrontiert wurde. Folgerichtig ist dem Beitrag auch eine Stellungnahme von ihr nicht enthalten. Schließlich ist der der Vorgang zudem von inhaltlich untergeordneter Bedeutung und nicht von solchem Gewicht, dass ein Interesse der Allgemeinheit an der identifizierenden Berichterstattung besteht. Dies gilt vorliegend auch deswegen, weil ein angebliches, nicht erwiesenes Fehlverhalten zu einem Zeitpunkt thematisiert wird, wo es nicht im Ansatz einen belastbaren Anfangsbedacht gibt.
Der Beitrag ist nachhaltig ehrverletzend und rufschädigend und begründet Unterlassungsansprüche. Die Bedeutung und Tragweite des vorstehend skizzierten Eingriffs wiegen aufgrund des erhobenen Verdachts des Steuerbetruges besonders schwer. Zumal es für diesen Verdacht keine belastbare Grundlage gibt. Die Tragweite dieser angeblichen „Steuerverfehlung“ wird noch dadurch gesteigert, dass von Frau Koleszár das Bild der gejagten Verbrecherin gezeichnet wird und dies den Verdacht eines besonders schweren Steuervergehens impliziert. Die Bedeutung und Tragweite der rechtswidrigen Verdachtsberichterstattung rechtfertigen nach hiesiger Einschätzung sogar die Zahlung einer hohen Geldentschädigung.



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