Bonpflicht und Registrierkassen 2020 – Fallstricke für die Praxis

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Jedes Jahr bringt neue gesetzliche Herausforderungen für Unternehmerinnen und Unternehmer, unabhängig davon, in welcher Rechtsform sie agieren und welchen Umsatz sie erwirtschaften.

Prominenteres Beispiel mit großer Breitenwirkung ist die grundsätzlich seit dem 01.01.2020 geltende sog. „Bonpflicht“.

1. Belegpflicht

Die gesetzliche Grundlage dafür ist in § 146a Abs. 2 AO normiert. Danach hat derjenige, der aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfalle erfasst, den an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten in unmittelbaren zeitlichem Zusammenhang mit dem Geschäftsvorfall unbeschadet andere gesetzlichen Vorschriften einen Beleg über den Geschäftsvorfall auszustellen und dem an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten zur Verfügung zu stellen (Belegausgabepflicht).

Mit anderen Worten, für Kunden ist ein sog. Belegbon zwingend zu erstellen und zur Verfügung zu stellen, entweder durch Nachfrage oder konkludente Übergabe an der Kasse.

2. Normgehalt und Kritik

Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist die Verhinderung der Manipulation in Zusammenhang mit Registrierkassen und daraus resultierenden Steuerhinterziehung, indem Geschäftsvorfälle schlichtweg nicht in das genutzte Kassensystem (computergestütztes Kassensystem oder Registrierkassen) eingepflegt werden.

Kritisiert wird vor allem, der damit für die Unternehmer verbundene Mehraufwand, sei es in den Materialkosten, als auch mit dem dadurch verbundenen Zeitaufwand sowie die damit einhergehende Umweltbelastung, da der Kunde in der Regel bei täglichen Geschäften kein Interesse an der Mitnahme haben wird.

Der zeitliche Aufwand mag bei einem kleinen Kiosk um die Ecke noch überschaubar sein, rechnet man den damit verbundenen Personalbedarf jedoch auf größerer Warenhäuser etc. um, ergibt schon eine überschlägige Kalkulation, dass der damit gesetzgeberische initiierte Mehraufwand enorm ist.

Rechnet man überschlagshalber, 3 Sekunden für das Erstellen des Beleges sowie 3 Sekunden für die Frage oder Übergabe an den Kunden und 1,5 Sekunden für das vernichten dessen (i.d.R. wohl 3 Sekunden – hier wird von einer Nichtannahmequote von 50 % ausgegangen) ergibt das einen Gesamtaufwand von ca. 8,5 Sekunden pro Transaktion.

Rechnet man konservativ mit einem Kundenaufkommen von ca. 2000 am Tag, sei es stationär im Discounter oder auf Märkten (Weihnachtsmärkte etc.), ergibt das einen Gesamtaufwand von 17.000 Sekunden. Umgerechnet auf Stunden ergibt dies einen Mehraufwand von insgesamt 4,72 Stunden am Tag.

Setzt man diesem Wert Lohnkosten von ca. 11 € pro Arbeitsstunde unternehmerseitig entgegen, ergibt dies eine Mehrbelastung von 51,94 € am Tag. 

Geht man dabei von durchschnittlich 250 Verkaufstagen im Jahr aus, folgt daraus eine Mehrbelastung in Höhe von 12.985 € an Personalkosten im Jahr für den Unternehmer.

3. Inhalt des Beleges

Der auszugebende Beleg muss nach § 6 der KassenSichV folgende Angaben zwingend enthalten:

• Namen und die Anschrift des Unternehmers

• Datum der Belegausstellung sowie den Beginn und Beendigung des Vorgangs

• Menge und Art der Gegenstände bzw. der sonstigen Leistungen 

• die Transaktionsnummer nach § 2 Satz 2 Nr. 2 KassenSichV

• das Entgelt und darauf entfallender Steuerbetrag bzw. Hinweis auf Steuerbefreiung

• Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls

4. Verstöße

Der Verstoß gegen die Belegausgabepflicht stellt interessanterweise keine Ordnungswidrigkeit nach § 379 Abs. 1 AO dar, weil ein solcher nicht im abschließenden Katalog enthalten ist. Jedoch gilt es zu beachten, dass die Pflicht durch das zuständige Finanzamt mit Zwangsmitteln (etwas durch Zwangsgeld) durchgesetzt werden kann, sowie Anlass für Kassen-Nachschauen bietet.

5. Befreiung

In der Praxis bisher kaum bekannt ist die Befreiungsmöglichkeit. Nach § 146a Abs. 2 Satz 2 AO kann sich der Unternehmer nach pflichtgemäßen Ermessen nach § 148 AO aus „Zumutbarkeitsgründen“ bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen von der Belegausgabepflicht befreien lassen. Diese Ausnahmebefreiung, welche zumindest wohl einen formfreien Antrag Bedarf, ist jedoch nicht vorgesehen für Anbieter von Dienstleistungen. (bspw. Friseure)

Damit besteht gerade für kleiner Betriebe, die typischerweise eine gewisse Fallgruppe von Barverkäufen durch Waren tätigen (Bäckereien, Eisdielen, Verkaufsstände für Obst und Gemüse) gute Chancen für eine Ausnahmebefreiung durch die zuständige Finanzbehörde.

6. Anforderung an das elektronische Kassensystem

Neu ist, dass grundsätzlich ab dem 01.01.2020 die Pflicht besteht, eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu verwenden, um Missbrauch vorzubeugen. Dies kann je nach Modell in der Praxis meist durch ein Sicherheitsupdate erreicht werden. Die Sicherheitseinrichtung umfasst dabei drei Module, das Sicherheitsmodul, Speichermedium und eine einheitliche digitale Schnittstelle. Das Sicherheitsmodul als Kernstück hat dabei den Zweck, die Geschäftsvorfälle manipulationssicher aufzuzeichnen.

Wer ab dem 01.01.2020 kein entsprechendes System einsetzt oder ein altes System (siehe unten) weiterverwenden darf, riskiert dabei, eine Steuergefährdung (Ordnungswidrigkeit) zu begehen, falls es dadurch ermöglicht wird, Steuern zu Verkürzung oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen. (§ 379 AO)

Darüber hinaus gilt dann selbstverständlich auch nicht mehr die Vermutung der Richtigkeit der Kassenaufzeichnung (§ 158 AO).

7. Meldepflicht

Neu ist außerdem, dass nach § 146a Abs. 4 AO innerhalb eines Monats nach Anschaffung oder Außerbetriebnahme des elektronischen Aufzeichnungssystems eine Meldung, nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck, zu erfolgen hat. 

Für die vor dem 01.01.2020 angeschafften Systeme lief die Frist bereits am 31.01.2020 ab.

8. Alte Systeme

Für zwischen dem 25.11.2010 und dem 31.12.2019 angeschaffte Registrierkassen, die der Kassenrichtlinie 2010 entsprachen, jedoch bauartbedingt nicht aufgerüstet werden können, können diese noch bis zum 31.12.2022 weiterverwendet werden und müssten nicht sofort durch ein neues System mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung ersetzt werden.

Zu beachten gilt jedoch, dass die neue Meldepflicht und Belegausgabepflicht auch für alte Systeme gilt. 

9. Verstoß gegen Meldepflicht

Auch der Verstoß gegen diese Meldepflicht stellt keine Ordnungswidrigkeit dar. Auch hier greifen jedoch wiederum die allgemeinen Zwangsmittel der Finanzbehörden (Zwangsgeld etc.) zur Durchsetzung der Meldepflicht.


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