Boot mit Mangel gekauft? Tipps zu Anfechtung, Rücktritt, Widerruf, Minderung

  • 5 Minuten Lesezeit

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.

Mangelhaftes Boot gekauft? Praxisratgeber: Anfechtung, Rücktritt, Widerruf, Minderung

Wenn man ein Wasserfahrzeug erworben hat und es nun nicht so vorfindet wie erwünscht, wird man sich schnell die Frage stellen, ob und unter welchen Voraussetzungen man sich von dem geschlossenen Kaufvertrag wieder lösen kann. Gestaltungsoptionen gibt es einige. Welche jedoch am schnellsten und effektivsten eine Rückabwicklung des Vertrags ermöglicht, richtet sich nicht zuletzt nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls.

Rücktritt vom Kaufvertrag über den Bootserwerb

Ein Rücktritt vom Kaufvertrag kommt dann in Betracht, wenn das Schiff oder Boot an einem Mangel leidet. Dabei wurden die gesetzlichen Bestimmungen zur Sachmangelhaftung bei einem Bootserwerb zum 01.01.2022 reformiert.

Bis zur Gesetzesänderung wurde der Mangel grundsätzlich als (negative) Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit bezeichnet. Diese Rechtslage ist für alle Bootskäufe, die vor dem Jahreswechsel (2021/2022) stattgefunden haben, nach wie vor maßgeblich. Der Soll-Zustand richtet sich vorrangig nach den Vereinbarungen von Käufer und Verkäufer im Rahmen des Vertragsschlusses. Sind keine entsprechenden Abreden getroffen worden, stellt sich zur Bestimmung der Soll-Beschaffenheit die Frage, was der Käufer eines gleichen Wasserfahrzeugs erwarten darf. Beim Kauf eines Schiffs oder Boots kann man typischer Weise Leckage- und Havariefreiheit – insgesamt also Wassertauglichkeit erwarten.

Seit dem 1. Januar 2022 (und damit für alle aktuellen Bootskäufe) gilt, dass ein Boot frei von Sachmängeln ist, wenn es folgenden gesetzlichen Anforderungen des § 434 BGB entspricht: 

  • den objektiven Anforderungen,
  • den subjektiven Anforderungen
  • und den Montageanforderungen.

Die Boot entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn es die mit dem Bootsverkäufer vereinbarte Beschaffenheit hat, sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und dem Bootskäufer mit allem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.

Fehlt es an solchen Abreden, entspricht das erworbene Boot dann den objektiven Anforderungen, wenn es sich für die gewöhnliche Verwendung eignet, eine Beschaffenheit aufweist, die bei Booten derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann. 

Bevor dem Käufer allerdings diese Option des Rücktritts offensteht, muss dem Verkäufer die Möglichkeit gegeben werden, den gerügten Mangel zu beheben. Dafür muss dem Verkäufer in der Regel eine zur Nachbesserung angemessene Frist gesetzt werden. Zusätzlich muss der Käufer das Schiff oder Boot wieder zum Sitz des Verkäufers zurückbringen. Allein die Anforderung an den Verkäufer, sich den Mangel am Sitz des Käufers ansehen und beheben zu können, ist nicht ausreichend.

Abhängig ist die Rücktrittsmöglichkeit weitergehend davon, dass die Gewährleistungsrechte des Käufers nicht individualvertraglich ausgeschlossen wurden. Entsprechende Klauseln können private Verkäufer grundsätzlich in den Vertragstext aufnehmen, um sich von der Mängelgewährleistung frei zu machen. Doch auch hier gelten gewisse Grenzen: Ein solcher Ausschluss gilt zunächst nicht für zugesicherte Eigenschaften und im Falle einer arglistigen Täuschung. Und auch das AGB-Recht stellt bestimmte Anforderungen hinsichtlich der Wirksamkeit von Ausschlussklauseln. Nicht wirksam ausgeschlossen werden können Schadensersatzansprüche für Körper- oder Gesundheitsschäden sowie Schadensersatzansprüche für sonstige Schäden, wenn dem Verkäufer hierbei ein grobes Verschulden trifft.

Anfechtung der Willenserklärung zum Bootskauf

War dem Verkäufer das Vorliegen eines Mangels sogar bekannt und hat er dies dem Käufer gegenüber arglistig verschwiegen, steht neben der Rücktrittsoption auch die Gestaltungsvariante der Anfechtung zur Verfügung. In diesem Rahmen kann die im Kontext des Vertragsschlusses abgegebene Willenserklärung angefochten werden. 

Exemplarisch hierfür steht ein Fall, in dem der Verkäufer ein Schiff mit dem Kommentar bei eBay eingestellt hatte, dass „noch etwas Restarbeit“ erforderlich sei, die er „aus gesundheitlichen Gründen nicht fertig machen“ könne. Dadurch, dass der Verkäufer die tatsächlich notwendigen umfangreichen Restaurierungsarbeiten verschwiegen hat, hat er jedenfalls billigend in Kauf genommen, dass Bieter sich bei Abgabe eines Gebots davon beeinflussen lassen, dass mit lediglich überschaubarem Aufwand die Seetauglichkeit des Schiffs hergestellt werden kann (Kammergericht Berlin, Urteil vom 10. Januar 2005, AZ. 26 U 96/04).

Widerruf der Willenserklärung zum Bootskauf

Ist das gekaufte Schiff oder Boot nun jedoch nicht mangelbehaftet, scheiden Rücktritt und Anfechtung dem Grunde nach aus. Vom Vertrag lösen kann man sich als Käufer dann nur über einen Widerruf. Dieser setzt jedoch einen sogenannten Fernabsatzvertrag voraus, also einen Vertrag, der ausschließlich über Internet, Mail oder Telefon abgeschlossen wurde – und zwar mit einem Händler und keinem privaten Verkäufer. Ähnlich wie das Rücktrittsrecht ist aber auch das Widerrufsrecht an eine fristgerechte Ausübung gebunden. 14 Tage Zeit ab Lieferung des Schiffs oder Boots hat der Käufer. Falls der Käufer nicht ordnungsgemäß und entsprechend der gesetzlichen Anforderungen über das Widerrufsrecht ausgeklärt worden ist, verlängern sich die 14 Tage sogar zu einer Jahresfrist (bzw. zu einem jahr und 14 Tagen).

Kaufpreisminderung auch bei kleinerem Mangel am Boot

Soweit der Mangel am gekauften Boot nicht erheblich ist, entfällt ein Rücktrittsrecht des Bootskäufers. Gleichwohl steht es dem Bootskäufer frei, den Kaufpreis des Bootes angemessen zu mindern, § 441 Abs. 1 BGB. Die Regeln der Minderung und die Höhe der möglichen Kaufpreisherabsetzung bestimmt Abs. 3 der Vorschrift: „Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde“. Die Kaufpreisminderung ist durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Bootsverkäufer zu erklären.

Fazit zum Bootskauf – Vergleich der Sachmängelhaftungsrechte

Abschließend kann die Rechtesituation also wie folgt zusammengefasst werden:

Mangel am Boot
Verschwiegener Mangel
Nicht erheblicher Mangel
Boot gefällt mir nicht
Rücktritt
Anfechtung und Rücktritt
Minderung Kaufpreis
Widerrufsrecht

Wenn der Bootskäufer einen Mangel entdeckt, muss zunächst die Frage gestellt werden, ob dieser bereits bei Übergabe des Bootes bestand. Tritt der Mangel innerhalb eines Jahres auf, wird vermutet, dass der Mangel bereits beim Bootskauf vorlag.

 Der Bootskäufer hat den Verkäufer anzuhalten den Mangel zu beheben. dazu sollte dem Bootsverkäufer eine angemessene Frist gesetzt werden. Weigert sich der Verkäufer den Schaden zu beheben, können folgende Mängelhaftungsrechte geltend gemacht werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, welche Fallkonstellation vorliegt. Ungeachtet von einem bestehenden Mangel kann (unter den gegebenen Voraussetzungen) auch der Rücktritt von der Willenserklärung zum Kauf des Bootes erklärt werden.

  • Das Schiff oder Boot leidet an einem Mangel: Rücktritt
  • Das Schiff oder Boot leidet an einem Mangel, den der Verkäufer arglistig verschwiegen hat: Anfechtung und Rücktritt
  • Das Boot leidet an einem Mangel, der aber nicht erheblich ist: Minderung des Kaufpreises
  • Das Schiff oder Boot leidet nicht an einem Mangel: Widerruf (s. Voraussetzungen)
Foto(s): mrw

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Markus Rassi Warai

Beiträge zum Thema