Bundesarbeitsgericht erklärt Urlaubskürzung bei „Kurzarbeit Null“ für rechtens

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Beschäftigte, die während der Kurzarbeit ganze Tage nicht arbeiten, haben keinen Anspruch auf die gesamte Anzahl der vertraglich vereinbarten Urlaubstage. Das hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschieden. Bei Arbeitnehmern in hundertprozentiger Kurzarbeit darf der Arbeitgeber den Jahresurlaub demnach anteilig kürzen. Das Urteil kann während der massiven vierten Corona-Welle zehntausende Arbeitnehmer in Deutschland betreffen.

Arbeitnehmer in Kurzarbeit, die wegen der Corona-Pandemie tageweise gar nicht arbeiten, müssen nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 30. November 2021 eine anteilige Kürzung ihres Jahresurlaubs hinnehmen. Die Kürzung ist laut dem höchsten deutschen Arbeitsgericht bei „Kurzarbeit Null“ rechtens, wenn es zu längeren Zeiten von komplettem Arbeitsausfall gekommen ist (Az. 9 AZR 225/11). Das Grundsatzurteil widerspricht gängiger Praxis in Deutschland, denn die meisten Unternehmen verzichten auf Urlaubskürzungen aufgrund von Kurzarbeit.

Verkäuferin in Kurzarbeit klagte gegen Urlaubskürzung 

Laut Bundesarbeitsgericht soll sich der Umfang des Erholungsurlaubs nach den vereinbarten Tagen mit Arbeitspflicht richten. Die Richter in Erfurt bestätigten mit ihrer Entscheidung ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf. Verhandelt wurde der Fall einer Verkäuferin aus Essen (NRW), die sich zeitweise in Kurzarbeit Null befand. Kurzarbeit Null bedeutet, dass die Arbeit tageweise komplett ausgesetzt wird. Die Klägerin arbeitet drei Tage pro Woche als Verkaufshilfe und wurde 2020 wegen der Corona-Pandemie für mehrere Monate in Kurzarbeit Null geschickt. Ihr Arbeitgeber hatte deshalb ihren Urlaub um einige Tage gekürzt, wogegen die Verkäuferin klagte.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) positionierte sich auf Seiten der Klägerin. Durch Kurzarbeit erhielten Beschäftigte keine planbare Freizeit, so die Gewerkschaft. Aus Sicht des DGB sei es unzulässig, dass Arbeitgeber im Fall von pandemie-bedingter Kurzarbeit Null den Urlaub kürzen. Die Entscheidung wälze die Lasten der Pandemie auf die Arbeitnehmer ab.

Was bedeutet das Urteil für Arbeitnehmer in Kurzarbeit?

Während der Corona-Krise nutzen viele Unternehmen die Möglichkeit, ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken. Im Pandemie-Jahr 2020 waren nach Zahlen der Bundesarbeitsagentur fast sechs Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit, darunter auch viele in Kurzarbeit Null. Aufgrund der heftigen vierten Corona-Welle könnte das Urteil aus Erfurt zehntausende Arbeitnehmer in Deutschland betreffen.

Wer in Kurzarbeit Null ist, hat während der Kurzarbeit keinen vollen Urlaubsanspruch. Der Jahresurlaub wird in Abhängigkeit von der Kurzarbeitsdauer berechnet: Hat ein Angestellter 20 Tage Urlaubsanspruch im Jahr und wird er zwei Monate in Kurzarbeit null geschickt, reduziert sich sein Urlaubsanspruch um 10/12 – was 16,666 Tagen entspricht. Gemäß Bundesurlaubsgesetz wird diese Summe auf 17 Tage aufgerundet. Wenn während der Kurzarbeit Urlaub gewährt wird, müssen die Urlaubstage allerdings genauso vergütet werden wie ohne Kurzarbeit.

Urlaubskürzungen wegen Kurzarbeit waren bislang in Deutschland nicht üblich. Eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg zeigt, dass im Jahr 2021 nur rund jeder neunte Betrieb den Urlaub seiner Mitarbeiter in Kurzarbeit gekürzt oder gestrichen hat. Arbeitgeber kürzen ihren Mitarbeitern also nur selten den Urlaub.

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