Bundesgerichtshof zur Frage, wann ein Sachmangel „unerheblich“ ist (Urt. v. 28.05.2014 - VIII ZR 94/13)

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Grundsätzlich stehen dem Käufer einer bei Übergabe bereits mangelhaften Kaufsache die gesetzlichen Gewährleistungsrechte zu. Danach hat der Käufer zunächst Anspruch auf Nacherfüllung (Mangelbeseitigung oder Lieferung einer mangelfreien Sache).

Wird die Nacherfüllung innerhalb einer vom Käufer gesetzten Frist nicht erbracht oder schlägt diese fehl, so kann der Käufer vom Kaufvertrag grundsätzlich zurücktreten. Allerdings sieht das Gesetz in § 323 Abs. 5 S. 2 BGB eine Einschränkung des Rücktrittsrechts vor. In § 323 Abs.5 S.2 BGB heißt es: „Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.“

Nach der zitierten Vorschrift ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag sonach nicht möglich, wenn die Pflichtverletzung, also der Mangel der Kaufsache, „unerheblich“ ist.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 28.05.2014, Az. VIII ZR 94/13, nunmehr konkretisiert, wann in der Regel eine Unerheblichkeit vorliegt – und wann nicht mehr.

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall stritten sich die Parteien über den Rücktritt von einem Neuwagenkauf. Der Kaufpreis des Fahrzeuges betrug 29.953 EUR. Das Fahrzeug wies bei Übergabe an den Käufer nach dessen Auffassung mehrere Mängel auf, so etwa ein defektes akustisches Signal und ein fehlendes optisches Signal der Einparkhilfe. Der Käufer setzte dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung, die erfolglos blieb, und erklärte daraufhin den Rücktritt vom Vertrag. Der Käufer verlangte sodann im Klagewege die Rückerstattung des Kaufpreises abzgl. einer Nutzungsentschädigung.

Im Zuge des Rechtsstreits wurde jedenfalls die Mangelhaftigkeit der Einparkhilfe bejaht. Ein Sachverständigengutachten ergab, dass die Kosten für die Mängelbeseitigung an der Einparkhilfe 1985,85 EUR betragen.

Das Berufungsgericht verneinte einen Anspruch des Käufers auf Rücktritt vom Kaufvertrag, da es die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs.5 S.2 BGB als nicht überschritten ansah. Nicht so aber der Bundesgerichtshof. Der Bundesgerichtshof führte aus:

„Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist bei einem behebbaren Sachmangel die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung nicht erst dann als erheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB anzusehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand zehn Prozent des Kaufpreises übersteigt. Vielmehr ist bei einem behebbaren Sachmangel die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB im Rahmen der insoweit auf der Grundlage der Einzelfallumstände vorzunehmenden Interessenabwägung jedenfalls in der Regel bereits dann als erreicht anzusehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises überschreitet.“

Im zu entscheidenden Fall machten die Mangelbeseitigungskosten 6,5 % aus, sodass die Schwelle zur Erheblichkeit überschritten war. Der Käufer konnte daher vom Vertrag zurücktreten.

Zu beachten ist, dass die Erheblichkeitsschwelle nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofes einzelfallbezogen zu beurteilen ist. Die Erheblichkeitsschwelle hat darüber hinaus keine Auswirkung auf die übrigen Gewährleistungsrechte. Diese sind also nicht ausgeschlossen, wenn die Erheblichkeitsschwelle im Einzelfall nicht überschritten ist.


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