Coronavirus: Kündigung/Änderungskündigung bei Verweigerung von Kurzarbeit?

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Ich hatte in einem meiner letzten Beiträge zu den Voraussetzungen der Kurzarbeit erläutert, dass die Kurzarbeit nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden kann. 

Dafür ist entweder

  • eine Regelung im Tarifvertrag
  • eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat oder
  • eine Regelung im Arbeitsvertrag erforderlich. 

Wenn es eine solche Vereinbarung nicht gibt, muss der Arbeitgeber mit jedem einzelnen Arbeitnehmer eine Vereinbarung über die Zustimmung zur Kurzarbeit schließen.

Konsequenzen, wenn Zustimmung zur Kurzarbeit verweigert wird

Ich habe in den letzten Tagen immer wieder besorgte Anfragen dazu erhalten, ob diese Vereinbarung von Arbeitnehmerseite zwingend angenommen werden müssen.

Nein! Der Gesetzgeber hat hier gerade vorgesehen, dass die Kurzarbeit nicht einseitig eingeordnet werden kann und deshalb sind Sie auch nicht verpflichtet, dies zu unterschreiben. Insbesondere wenn Sie Zweifel haben, weil nicht alle Mitarbeiter des Betriebs von der Kurzarbeit betroffen sein sollen oder die Zustimmung zur Kurzarbeit nicht für die Corona Krise gelten soll.

Welche Konsequenzen drohen Ihnen also, wenn Sie diese Vereinbarung nicht unterzeichnen?

Es kommt nicht selten vor, dass der Arbeitgeber mit einer Kündigung droht, wenn der Arbeitnehmer die Zustimmung zur Kurzarbeit nicht erteilt. 

Auch auf die Möglichkeit einer Änderungskündigung weisen viele Arbeitgeber hin und stellen die Sachlage so dar, als wenn der Arbeitnehmer keine andere Chance hätte, als diese Vereinbarung zu unterschreiben.

Grundsatz: Arbeitnehmer sollten auf keinen Fall ungeprüft Vereinbarungen unterschreiben, die sie nicht verstehen. 

Sie sind zu keiner Vertragsänderung verpflichtet und Sie sollten auf gar keinen Fall Ihre Rechte verschenken. Viele Arbeitgeber spekulieren insofern auf die Unwissenheit der Arbeitnehmer und fühlen sich in falscher Sicherheit.

Wenn sie jedoch in einem Kleinbetrieb tätig sind, im dem das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, oder sie noch in der Probezeit sind, sollten Sie sich gut überlegen, welche Alternativen Sie haben.

Auch in Kleinbetrieben/in der Probezeit gilt das Maßregelungsverbot. Dieses ist in § 612a BGB geregelt. 

Danach ist es dem Arbeitgeber untersagt, den Arbeitnehmer zu benachteiligen, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. 

Ich würde mich für den Arbeitnehmer natürlich auf das Maßregelungsverbot berufen, aber es ist kein Selbstläufer und man muss im Einzelfall genau prüfen, ob die Kündigung im Kleinbetrieb oder in der Probezeit hier ausnahmsweise gegen § 612a BGB verstoßen könnte. 

Wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, wird eine Kündigung für den Arbeitgeber schwierig.

Bei einer Kündigung außerhalb der Probezeit und in einem Betrieb mit mehr als 10 vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern sieht die Situation ganz anders aus.

Dann findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung und die Kündigung bedarf eines Kündigungsgrundes. 

Im Zusammenhang mit der Corona-Krise wird sich der Arbeitgeber hier auf einen betriebsbedingten Kündigungsgrund berufen wollen, er steht jedoch im Widerspruch zu der Anfrage auf Zustimmung zur Kurzarbeit. 

Während die Kurzarbeit einen vorübergehenden Arbeitsausfall voraussetzt, muss bei einer betriebsbedingten Kündigung der Arbeitsplatz langfristig wegfallen. 

Allein durch die Tatsache, dass zuvor nach der Zustimmung zur Kurzarbeit gefragt wurde, die zwingend nur einen vorübergehenden Arbeitsausfall voraussetzt, wird es im Prozess für den Arbeitgeber schwieriger, nunmehr zu argumentieren, dass hier der Arbeitsplatz nun plötzlich langfristig wegfallen soll. 

Insbesondere dann, wenn direkt nach der Ablehnung der Zustimmung zur Kurzarbeit die Kündigung ausgesprochen wurde und die anderen Mitarbeiter in Kurzarbeit sind.

Je länger die Krise andauert, desto weniger können wir absehen, wie sich die Lage langfristig entwickelt. Es ist aber definitiv so, dass es für den Arbeitgeber mit einem erhöhten Erklärungsbedarf verbunden ist, warum der Arbeitsplatz jetzt dauerhaft wegfallen soll und nicht nur vorübergehend.

Ganz wichtig ist, dass Sie sich unverzüglich an einen Anwalt wenden, wenn Sie tatsächlich eine Kündigung erhalten haben sollten. Eine Kündigungsschutzklage ist nur 3 Wochen nach Zugang der Kündigung möglich und da wir Anwälte gerade so viel zu tun haben, ist es ganz wichtig, sich so schnell wie möglich an einen Anwalt zu wenden. Dies auch deshalb, weil die Kündigung auch aus formalen Gründen unwirksam sein könnte und deshalb unverzüglich zurückgewiesen werden müsste.

Änderungskündigung

Von einer Änderungskündigung spricht man, wenn sie ein Kündigungsschreiben erhalten, mit dem das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Termin beendet werden soll. Gleichzeitig erhalten Sie ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages zu geänderten Bedingungen z. B. gekürzte Arbeitszeit oder eine Zustimmung zur Kurzarbeit oder ähnliches.

Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass eine solche Änderungskündigung für den Arbeitgeber viel leichter durchzusetzen sei und der Arbeitgeber eine fehlende Zustimmung sehr leicht mit einer Änderungskündigung durchsetzen könnte, der Arbeitnehmer also auch insofern keine Alternative habe, als der Kurzarbeit zuzustimmen 

Das ist aber ein Märchen!

Eine Änderungskündigung hat strenge Voraussetzungen und es gibt viele Stolpersteine, die für Arbeitgeber richtig teuer werden können. 

Eine Änderungskündigung setzt voraus, dass der Arbeitgeber Ihnen ein ganz konkretes Angebot macht, in dem ohne Zweifel deutlich wird, welchen Umfang und welche finanziellen Auswirkungen die Änderung hat. 

Eine auf betriebsbedingte Gründe gestützte ordentliche Änderungskündigung muss außerdem sozial gerechtfertigt sein:

Es müssen dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen.

Das kann auch ein massiver Umsatzrückgang sein.

Sozial gerechtfertigt ist eine betriebsbedingte Änderungskündigung aber nur dann, wenn der Arbeitgeber nur solche Änderungen mit der Änderungskündigung erreichen will, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss.

Ganz wichtig ist daher, dass der Arbeitgeber das mildeste Mittel wählt. Daran scheitern viele Arbeitgeber. 

Wenn der Arbeitgeber hier „praktischerweise“ gleich mehrere Bedingungen des Arbeitsvertrages ändern möchte, muss jede einzelne Änderung wirksam sein. Ist nur eine Änderung falsch, ist die gesamte Änderungskündigung unwirksam. Viele Arbeitgeber scheitern hier auch daran, dass sie nicht das mildeste Mittel wählen.

Ganz gefährlich ist eine Änderungskündigung, mit der die Reduzierung des Gehalts erreicht werden soll. Diese ist nur in ganz seltenen Ausnahmefällen wirksam.

Achtung: Auch bei der Änderungskündigung handelt es sich um eine richtige Kündigung, d. h., es ist auf jeden Fall die Drei-Wochen-Frist zu beachten.

Diese Drei-Wochen-Frist gilt in 2 Richtungen:

Zum einen haben Sie eine Überlegungsfrist, um die Änderungsvereinbarung anzunehmen, und zum anderen die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage bzw. Änderungsschutzklage. Diese Fristen werden nicht addiert. 

Spätestens 3 Wochen nach Zugang der Kündigung muss eine Erklärung zur Änderungsvereinbarung abgegeben worden und/oder eine Kündigungsschutzklage eingereicht worden sein. 

Bei einer Änderungskündigung hat der Arbeitnehmer folgende drei Möglichkeiten, auf die Änderungskündigung zu reagieren. 

1. Er kann das Angebot annehmen.

2. Er kann das Angebot ablehnen.

3. Er kann das Angebot unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Überprüfung annehmen.

Wie bereits eingangs gesagt, darf die ungeprüfte Annahme der Änderung für Sie keine Alternative sein bzw. nur in seltenen Ausnahmefällen nach einer Beratung durch einen Anwalt.

Auch die vorbehaltlose Ablehnung der Änderungsvereinbarung ist ein gefährlicher Weg für den Arbeitnehmer. Er kann dann zwar mit einer normalen Kündigungsschutzklage gegen die Beendigung der Kündigung vorgehen, riskiert aber, dass er bei einem Verlust der Klage seinen Arbeitsplatz komplett verliert.

Der Königsweg ist in dem größten Teil der Fälle, dass die Änderung unter dem Vorbehalt angenommen wird, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist. 

Dann wird zwar auch eine Kündigungsschutzklage im Form einer Änderungsschutzklage innerhalb der 3-Wochen-Frist eingelegt (!!!), aber der Arbeitnehmer riskiert bei einer verlorenen Klage nicht seinen Arbeitsplatz. 

Während der Änderungsschutzklage arbeitet er zunächst zu den veränderten Bedingungen und kann bei einer erfolgreichen Klage den reduzierten Lohn nachträglich vom Arbeitgeber fordern. 

Sollten Sie eine Änderungskündigung erhalten haben, berate ich Sie gerne dazu, welche Alternative für Sie die beste ist. Wichtig ist, dass Sie sich schnellstmöglich bei mir oder einem anderen Anwalt melden, damit formale Fehler noch unverzüglich zurückgewiesen werden können.

Kosten

Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung für Arbeitsrecht haben, übernimmt diese die Kosten. Ohne eine Rechtsschutzversicherung besteht die Möglichkeit, die Kosten als Werbungskosten bei den Einnahmen aus nicht selbstständiger Tätigkeit abzusetzen, sodass der Staat an den Kosten beteiligt wird. Wenn Sie wirklich überhaupt kein Geld haben, könnten Sie Beratungshilfe oder Prozesskostenhilfe beantragen und insofern vom Staat unterstützt werden.

Haben Sie noch Fragen?

Wir bieten telefonische Beratungen sowie Beratungen via Skype an.

Rufen Sie uns gerne an oder schreiben Sie uns eine E-Mail!


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