Cytotec – Behandlungsfehler? Aufklärungsmangel? Das sollen Sie tun

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Seit Jahren wird das Medikament Cytotec, welches den Wirkstoff Misoprostol enthält, auch in der Geburtsmedizin eingesetzt, obwohl es eigentlich nur als Magenschutzmedikament zugelassen ist. Dass Misoprostol Wehen auslösen kann, wurde im Laufe der Zeit nur zufällig entdeckt.

Cytotec wird also außerhalb seiner Zulassung angewendet, und zwar im Rahmen eine sogenannten „Off-Label-Use“. Das ist keine außergewöhnliche Anwendungspraxis eines Medikamentes. „Off-Label-Use“ wird häufig dort praktiziert, wo Pharma-Forschung nicht oder nicht weiter stattfindet. Beispielhaft sei hier das Medikament „Baclofen“ erwähnt, welches für die Behandlung von Spasmen bei MS zugelassen ist, aber auch bei der Behandlung von Alkoholabhängigen sehr vielversprechende Erfolge vorweisen kann, eingesetzt wird.

Cytotec wird in der Geburtsmedizin seit Jahren eingesetzt und hat vielen Frauen und ihren Babys geholfen. Problematisch wird der „Off-Label-Use“, wenn es zu Komplikationen kommt. Im Falle von Cytotec kam es zum Teil zu schweren Komplikationen bei der Mutter und dem Kind. In seltenen Fällen erlitt das Baby eine Gehirnschädigung, weil das Gehirn nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wurde.

Die Entscheidung, ob die Gabe von Cytotec in der konkreten Situation das Mittel der Wahl ist oder nicht, trifft der Behandler im Rahmen seiner Therapiefreiheit. Es können bereits in diesem Stadium Fehler gemacht werden. Vor allem aber ist die Patientin aufzuklären, dass Cytotec als „Off-Label“-Medikament ohne Zulassung angewendet werden soll und welche Risiken drohen. An das Maß der Aufklärung sind dabei erhöhte Anforderungen zu stellen. 

Es ist umfassend nicht nur über den Nutzen der Anwendung, sondern auch über die besondere Risiken aufzuklären. Zu benennen ist die Gefahr einer Überstimulation der Gebärmutter beim Geburtsvorgang und die Probleme, die für Mutter und Kind dabei entstehen können. Aufzuklären ist auch darüber, dass das Medikament Cytotec für den Bereich der Geburtsmedizin gerade nicht erforscht und nicht zugelassen ist.

Geschieht dies nicht, ist die Aufklärung fehlerhaft. Dies kann eine umfassende Einstandspflicht des Behandlers für Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche zur Folge haben.

Was Sie jetzt tun können? 

  • Wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind, wenden Sie sich an Ihre Krankenkasse. Diese hilft Ihnen, wenn Sie das Vorliegen eines Behandlungsfehlers vermuten. Sie erstellt kostenlos ein medizinisches Gutachten. 
  • Sie können sich auch direkt an Ihren Behandler wenden, Ihren Anspruch geltend machen und um Zustimmung zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens bei der für Ihren Fall zuständigen Schlichtungsstelle bitten. 
  • Sie können sich auch an eine/n im Arzthaftungsrecht versicherte/n Rechtsanwältin wenden, die Sie in all diesen Angelegenheiten, von der außergerichtlichen Vertretung einschließlich der gerichtlichen Geltendmachung vertritt, z. B. an mich.

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