Das Berliner Testament ist das Lieblingstestament der Deutschen – ist es auch gut?

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Das mit Abstand beliebteste Testament in Deutschland ist das sogenannte Berliner Testament. Was es mit ihm auf sich hat, erklärt Anton Bernhard Hilbert, erfahrener Fachanwalt für Erbrecht, Waldshut-Tiengen.


Was ist das Berliner Testament?

In seiner klassischen Form setzen sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten ein und bestimmen, dass nach dem Tod des überlebenden Ehegatten die Kinder als Schlusserben zu gleichen Teilen erben. Das ist die sogenannte Einheitslösung.

Eine Abwandlung besteht darin, dass sich die Ehegatten gegenseitig nur zu Vorerben und die Kinder als Nacherben des erstversterbenden Ehegatten berufen. Diese Abwandlung wird vorzugsweise genutzt, wenn es sich um Patchworkfamilien handelt. Das ist die sogenannte Trennungslösung.


Vorteile des Berliner Testaments

Das Berliner Testament entspricht dem Wunsch, den überlebenden Ehegatten – meist die Frau – bestmöglich abzusichern. Auch die Erbschaft der Kinder wird frühzeitig geregelt.


Nachteile des Berliner Testaments

Pflichtteil der Kinder

Kinder haben im ersten Erbfall einen Pflichtteilsanspruch. Der kann den überlebenden Ehegatten in finanzielle Bedrängnis bringen.

Steuernachteile

Bei größeren Erbschaften werden die Erbschaftsteuerfreibeträge der Kinder nicht genutzt. Es muss Erbschaftsteuer bezahlt werden, die bei umsichtiger Regelung vermieden worden wäre.

Starre Bindung

Im Testament ist schon verbindlich geregelt, wer den zweiten Ehegatten beerbt. Das kann nicht mehr geändert werden, auch wenn unerwartete Entwicklungen eintreten (Bindungswirkung).


Gestaltungsmöglichkeiten

Der Erbrechtspezialist kennt Möglichkeiten, um die Nachteile zu vermeiden oder wenigstens zu entschärfen.


Pflichtteilsstrafklausel

Die Pflichtteilsstrafklausel bestraft das Kind, das nach dem Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil verlangt. Es verliert in diesem Fall den Erbanspruch nach dem Tod des zweiten Elternteils.


Supervermächtnis

Gegen vermeidbare Erbschaftsteuer wird immer häufiger das sogenannte Supervermächtnis eingesetzt. Dieses Vermächtnis ermöglicht es dem überlebenden Ehegatten, den Nachlass flexibel und steuergünstig zu verteilen.


Änderungsklausel

Mit der Änderungsklausel im Testament wird der überlebende Ehegatte ganz oder teilweise von der Bindungswirkung befreit.

Es gibt viele Möglichkeiten.

Bei der völligen Freistellung darf der überlebende Ehegatte frei bestimmen, wer sein/e Erbe/n wird/werden und sich komplett von der Schlusserbfolge im Testament lösen.

Beliebt ist die teilweise Freistellung: Nur die Erbquoten der Kinder dürfen geändert werden. Der erstversterbende Ehegatte kann sich dann darauf verlassen, dass keine fremden Personen am Ende die Erbschaft erhalten.


Ist das Berliner Testament nun gut oder schlecht?

Das Berliner Testament verdient seinen guten Ruf. Es ist einfach. Auch rechtliche Laien beherrschen es problemlos. Dabei entspricht es dem Wunsch nach Absicherung des überlebenden Ehegatten ebenso wie dem Wunsch, dass am Ende die Erbschaft an die Kinder fällt.

Nachteile treten bei größeren Vermögen, einseitiger Vermögensverteilung oder komplizierten Familienverhältnissen auf.

Durch Ergänzungen können sie bestmöglich unter Kontrolle gebracht werden. Mit den richtigen Ergänzungen wird das Berliner Testament zum juristischen Wunderdokument.







Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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