Das Mobile Arbeit-Gesetz: Recht auf Arbeit im Homeoffice? – Arbeitsrecht für Arbeitgeber

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Das Mobile Arbeit-Gesetz: Recht auf Arbeit im Homeoffice? – Arbeitsrecht für Arbeitgeber


Aufgrund der aktuell steigenden Infektionszahlen steigt auch zu gleicher Zeit das Bedürfnis nach strengeren Corona-Schutzmaßnahmen. Gerade im Arbeitsrecht sind grundlegende Veränderungen zu erwarten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will diesbezüglich erneut eine Homeoffice-Pflicht einführen. Dieser hat am 26.11.2020 einen zweiten überarbeiteten Gesetzesentwurf für sein „Mobile Arbeit-Gesetz“ zur Ressortabstimmung eingereicht. Der Entwurf wurde inzwischen zur Abstimmung innerhalb der Bundesregierung vorgelegt. Flexible Arbeitsformen gewinnen allerdings nicht nur im Rahmen der Corona-Pandemie an Bedeutung. Das mobile Arbeiten trägt insbesondere dazu bei, dass Arbeitnehmer Beruf und Privatleben besser vereinbaren können. Im Folgenden wird die aktuell diskutierte Thematik rund um die Homeoffice-Pflicht daher Gegenstand dieses Beitrages.


Was umfasst mobile Arbeit?

Definiert wird der Begriff der mobilen Arbeit im Gesetzesentwurf wie folgt: Ein Arbeitnehmer arbeitet mobil, wenn er die geschuldete Arbeitsleistung unter Verwendung von Informationstechnologie außerhalb der Betriebsstätte von einem Ort oder von mehreren Orten seiner Wahl oder von einem mit dem Arbeitgeber vereinbarten Ort oder von mit dem Arbeitgeber vereinbarten Ort erbringt. Mit dieser Formulierung soll nach dem Entwurf kenntlich gemacht werden, dass Tätigkeiten, die berufsbedingte Mobilität voraussetzen (z.B. Fahrdienste) und nicht unter Verwendung von Informationstechnologie ausgeübt werden können nicht unter den Begriff der mobilen Arbeit fallen sollen.


Wesentliche Grundzüge des Mobile Arbeit-Gesetzes

Zunächst sieht das Mobile Arbeit-Gesetz im Wesentlichen vor, dass der Arbeitgeber den Wunsch des Mitarbeiters nach mobiler Arbeit stets zu erörtern hat. Scheitert eine Einigung, so hat der Arbeitgeber seine ablehnende Entscheidung form- und fristgerecht innerhalb von zwei Monaten zu begründen. Verweigert der Arbeitgeber eine Erörterung oder fehlt es an einer form- und fristgerechten Begründung der Entscheidung, wird die mobile Arbeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers für maximal sechs Monate kraft gesetzlicher Fiktion vereinbart. Regelmäßiges mobiles Arbeiten soll auch nur nach Angabe von Beginn, Dauer, Umfang und Verteilung der mobilen Arbeit möglich sein.

Weiterhin sieht das Gesetz eine Regelung zur Angleichung des Versicherungsschutzes vor. Schon nach geltendem Recht besteht bei mobiler Arbeit grundsätzlich der gesetzliche Unfallversicherungsschutz. Der Versicherungsschutz erstreckt sich neben der eigentlichen versicherten Tätigkeit auch auf sogenannte Betriebswege, etwa der Weg zum Drucken in einem anderen Raum. Dies soll unter anderem sowohl auf der Unternehmensstätte als auch bei mobiler Arbeit gelten. Unterschiede und damit Lücken im Versicherungsschutz gibt es dagegen bei Wegen im eigenen Haushalt zum Holen eines Getränks oder zum Essen. Diese Wege sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bisher zwar auf der Unternehmensstätte, aber nicht im Homeoffice versichert. Dies soll nun mit dem Gesetz angeglichen werden.

Vorgesehen ist zudem eine weitreichende Öffnungsklausel für Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen. Diese bieten unter anderem auch die Möglichkeit, in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen auch zum Nachteil der Arbeitnehmer von den neuen gesetzlichen Vorschriften abzuweichen. 


Einführung einer Erörterungspflicht

Der Gesetzesentwurf sieht keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Mindestanzahl mobiler Arbeitstage mehr vor. Es bleibt vielmehr den Betriebs- und Tarifparteien überlassen, konkrete Voraussetzungen für die Zulässigkeit mobiler Arbeit zu schaffen. Daher gilt: Es bedarf einzig einer speziellen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, um im Homeoffice arbeiten zu können. Somit hat weder der Arbeitgeber einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass zu Hause gearbeitet werden muss, noch haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch darauf, ihre Tätigkeit im Homeoffice auszuüben. Stattdessen ist hierfür eine individuelle Vereinbarung erforderlich. Grundlage hierzu kann in Betrieben mit Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zum Homeoffice sein. Ansonsten verbleiben die Parteien des Arbeitsvertrages, um die Einzelheiten der Tätigkeit im Homeoffice auszuhandeln. Problematisch hierbei ist allerdings, dass Arbeitsverträge stets eine Schriftformklausel vorsehen. Somit reicht es keineswegs, wenn sich Arbeitsgeber und Arbeitnehmer bloß einig sind, dass im Homeoffice gearbeitet werden darf. Jener Erörterungsprozess schafft demnach einen Verwaltungsaufwand und verursacht Kosten. 


Versteckter Rechtsanspruch?

Scheitert die Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, muss die ablehnende Entscheidung wie eingangs erklärt dem Arbeitnehmer schriftlich erklärt und begründet werden. Konkrete Anforderungen an die Ablehnungsgründe werden nach dem Gesetzeswortlaut jedoch nicht gestellt. Daher wird bezweifelt, ob durch den vagen Wortlaut nicht indirekt ein Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten geschaffen wird. Dies wird damit begründet, dass unter anderem offenbleibt, wie ausführlich der Arbeitgeber seine Ablehnung begründen muss. So könnte es ausreichen, wenn der Arbeitgeber per E-Mail den Wunsch des Arbeitnehmers aus „betrieblichen Gründen“ ablehnen würde. Nach der Gesetzesbegründung hingegen dürfen diese nicht sachfremd oder willkürlich sein. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass Arbeitsgerichte prüfen können, ob die Ablehnung mobiler Arbeit gerechtfertigt ist. 


Arbeitszeiterfassung bei mobiler Arbeit

Der Arbeitgeber wird zudem verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der gesamten Arbeitszeit am Tag der mobilen Arbeitsleistung aufzuzeichnen. Damit geht der Entwurf über die aktuellen Dokumentationspflichten nach dem Arbeitszeitgesetz hinaus. Diese Aufzeichnungspflicht soll dazu dienen, die Einhaltung der täglichen Höchstarbeitszeit sowie der täglichen und der wöchentlichen Mindestruhezeiten sicherzustellen. Mangels einer Formvorgabe sind sowohl die manuelle als auch die elektronische Zeiterfassung möglich. Die Aufzeichnung kann dabei allerdings auch durch den Arbeitnehmer erfolgen. Der Arbeitgeber bleibt jedoch für die ordnungsgemäße Aufzeichnung verantwortlich. Ferner hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf Verlangen über die aufgezeichnete Arbeitszeit zu informieren und eine Kopie der Arbeitszeitnachweise auszuhändigen. 


Verantwortung für Arbeitsschutz

Arbeitsschutz muss auch bei mobiler Arbeit gewährleistet sein. Die Regelungen des Arbeitsschutzes sollen daher unberührt bleiben. So hat der Arbeitgeber den mobil arbeitenden Mitarbeiter in Textform darüber zu unterrichten, wie seine Sicherheit und Gesundheit gewährleistet wird. 

Arbeitgeber müssen zudem insbesondere eine Gefährdungsbeurteilung nach Maßgabe der Arbeitsstättenverordnung vornehmen. Schwierigkeiten können sich daraus ergeben, dass die Einflussmöglichkeiten des Arbeitgebers auf mobile Arbeitsplätze begrenzt sind.


Fazit

Letztlich bedeutet der neue Gesetzesentwurf für Arbeitgeber, dass die zuständigen Ansprechpartner für dieses Thema zunächst sensibilisiert werden sollten. Wenn das Gesetz nämlich verabschiedet wird und in Kraft tritt, sollten diese in der Lage sein, einzuschätzen, wie eine solche Erörterung zu vollziehen ist und wissen, dass dies fristgebundenes Handeln erfordert. Zudem sollte womöglich erwogen werden, mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur mobilen Arbeit zu verhandeln. 

Ob jenes Gesetz allerdings zu mehr Flexibilität für Arbeitnehmer führt, bleibt fraglich. Zwar nimmt der neue Gesetzesentwurf eine grundsätzliche Abkehr von einem Rechtsanspruch auf mobile Arbeit vor. Der stattdessen vorgesehene Erörterungsprozess verursacht hingegen viel Aufwand. Zudem ist der Entwurf bei der Regelung der Mitteilung der Ablehnungsgründe teils unklar und schafft so Rechtsunsicherheit. Die vorgesehene Regelung zum Arbeitsschutz beschreibt den bekannten Status quo ohne Mehrwert. Daher stellt sich im Allgemeinen die Frage, ob es des Gesetzes wirklich bedarf.  

Der weitere Gang des Gesetzgebungsverfahrens bleibt daher abzuwarten.

Foto(s): Rechtsanwalt Patrick Baumfalk

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