Das Recht auf Information triumphierte in Frankreich und Deutschland

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Das Urteil des Tribunal Judiciaire de Paris vom 30. Juni 2021 über die Abwägung des Rechts auf Information einerseits und des Rechts auf Privatsphäre und den Schutz personenbezogener Daten andererseits fordert einen Vergleich mit der Haltung des deutschen Verfassungsgerichts in dieser Frage.

Der Fall in Frankreich betrifft einen ehemaligen Leiter von Sportvereinen, der im 2009 wegen Missbrauchs von Sozialgut und Vertrauensmissbrauch verurteilt wurde und vor Gericht von einem täglichen Presseorgan in Frankreich die Streichung oder zumindest die Anonymisierung von Online-Artikeln fordert, in denen auf Tatsachen und Verurteilungen hingewiesen wird.

Das Gericht hat das Recht auf Information in den Vordergrund gestellt und den Kläger von allen seinen Anträgen abgewiesen, die Artikel werden weiterhin online zugänglich sein und den Namen des Klägers und seine strafrechtlichen Verurteilungen wegen 20 Jahre alter Tat erwähnen.

Ist also eine strafrechtliche Verurteilung in Stein gemeißelt?

Das Gericht erinnert daran, dass die Aufgabe der Presseorgane, die ihre Archive über eine Website zur Einsichtnahme älterer Artikel online stellen, auch darin besteht, an der demokratischen Meinungsbildung teilzunehmen und der Öffentlichkeit zu diesem Zweck die Möglichkeit zu geben, nicht nur über aktuelle Ereignisse, sondern auch über ältere Informationen, die für ein Thema von allgemeinem Interesse von Bedeutung sind, informiert zu werden.

Was man sich merken muss:

  1. Das Recht auf Schutz personenbezogener Daten:
  • kein absolutes Recht ist und insbesondere mit der Meinungs- und Informationsfreiheit vereinbar sein muss (Erwägung 4 und 65 DSGVO);
  • gibt kein Recht auf Löschung von im Internet veröffentlichten Medieninhalten ausgelegt werden kann, da die Medien ein Reservoir an Informationen darstellen, die Internetnutzern zur Verfügung stehen, die auch über vergangene Ereignisse, insbesondere in Archiven, recherchieren können;
  • kann nämlich nicht als Recht auf Anonymisierung der Artikel verstanden werden kann, bis sie ihrer Relevanz und Bedeutung beraubt werden, da die Presse naturgemäß mit personenbezogenen Daten übersät ist.
  1. Die Situation eines Presseverlegers ist nicht mit der einer Suchmaschine vergleichbar. Die Tätigkeit des ersten ist der Kern dessen, was die Meinungsfreiheit zu schützen beabsichtigt, d.h. Suchmaschine Informationen über eine betroffene Person und die des letzteren besteht insbesondere darin, einerseits alle verfügbaren Informationen über eine Person zu ermitteln und andererseits die Erstellung eines Profils der betreffenden Person zu ermöglichen.
  2. In einem Presseartikel, der keinen Missbrauch des Rechts auf freie Meinungsäußerung vorliegt, die Aufrechterhaltung personenbezogener Daten, einschließlich sensibler oder strafrechtlicher Verurteilung in einem Zeitungsartikel besteht keinen unverhältnismäßigen Verstoß gegen das Recht auf Privatsphäre.

In Frankreich, im Rahmen eines Artikels, in dem strafrechtliche Verurteilungen genannt werden, wird die Verarbeitung der streitigen personenbezogenen Daten für die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und information durch einen Presseverleger als notwendig erachtet. Die Anonymisierung dieser Daten würde angesichts ihres Gegenstands, der eng mit der Verurteilung den Umständen seiner Verkündung zusammenhängt, dazu führen, dass die Öffentlichkeit jedes Interesse an dem betreffenden Artikel verlieren würde und würde damit die Beschränkungen der Pressefreiheit übersteigen.

In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 25. Februar 2020 (1 BvR 1282/17) bereits eine bemerkenswerte Position zugunsten des Rechts auf Information gegen das Recht auf Vergessen eingeschaltet. Das Bundesverfassungsgericht wies damals darauf hin, dass der Schutz der Persönlichkeitsrechte nicht bis zu dem Punkt reicht, in dem die Kontrolle über sein öffentliches Bild möglich ist. Sehen Sie unseren Artikel hier.

Foto(s): Photo by Ales Nesetril on Unsplash

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