Der Erbschein - der "Ausweis" des Erben im Erbrecht

  • 2 Minuten Lesezeit

Erbe wird man ganz von allein – ohne Annahme oder Erbschein. Entscheidend ist allein die testamentarische oder gesetzliche Erbfolge nach dem Erbrecht. In der Praxis kommt der Erbe jedoch nicht selten in die Verlegenheit, sein Erbrecht nachweisen zu müssen.

Beispiele:

  • Eine Immobilie soll vom Erblasser auf den Erben im Grundbuch umgeschrieben werden.
  • Die Erben wollen über das Konto des Verstorbenen verfügen.
  • Ein Schuldner des Erblassers will an den richtigen Erben leisten.

Für derartige Fälle gibt es den Erbschein. Dieses Dokument weist aus, wer Erbe in welcher Höhe geworden ist. Es dient der Sicherheit im Rechtsverkehr. So kann beispielsweise ein Schuldner des Erblassers mit schuldbefreiender Wirkung an den Erbscheinserben leisten. Der Erbschein genießt insoweit öffentlichen Glauben. Nicht zuletzt aus diesem Grund müssen Angaben, auf die sich der Erbschein stützt regelmäßig auch eidesstattlich versichert werden.

Im Erbfall sollte jedoch stets geprüft werden, ob tatsächlich ein Erbschein erforderlich ist oder ob die Kosten, deren Höhe vom Wert des Nachlasses abhängt, gespart werden können. In vielen Fällen wird der Erbe auch durch die Vorlage eines eröffneten notariellen Testaments sein Ziel erreichen können. Dies gilt regelmäßig z. B. für die Berichtigung des Grundbuchs. Auch Banken dürften grundsätzlich keinen Erbschein mehr verlangen. Nach einem Urteil des BGH aus dem Jahr 2013 ändern die Kreditinstitute derzeit ihre AGB und verlangen lediglich noch den Nachweis der Erbenstellung „in geeigneter Weise“.

Streiten die Nachkommen darüber, wer überhaupt Erbe geworden ist und in welcher Höhe, dient das Erbscheinverfahren vor dem Nachlassgericht nicht in erster Linie der Legitimation gegenüber Dritten, sondern zunächst der Klärung der Erbfolge unter den möglichen Erben. Das Nachlassgericht muss dann im Zuge der Amtsermittlung die tatsächliche Erbfolge aufgrund eines Testaments oder der gesetzlichen Regelungen ermitteln. Der so erstrittene Erbschein erwächst jedoch nicht in Rechtskraft und kann auch zu einem späteren Zeitpunkt noch eingezogen werden. Rechtssicherheit zwischen den Beteiligten bringt daher nur die Erbfeststellungsklage vor dem Landgericht.

Rund um die Beantragung des Erbscheins stellen sich somit zahlreiche strategische Fragen, z. B.:

  • Brauche ich den Erbschein tatsächlich für die Legitimation?
  • Rufe ich beim Erbstreit direkt das Landgericht an oder durchlaufe ich zunächst ein Erbscheinverfahren?
  • Beantrage ich bei einer möglichen Erbengemeinschaft einen Alleinerbschein, gemeinschaftlichen Erbschein oder Teilerbschein?
  • Muss oder kann gegebenenfalls ein Fremdrechtserbschein oder auch ein gegenständlich beschränkter Erbschein beantragt werden.

Neben taktischen Erwägungen sind bei der Abwicklung von Erbfällen stets auch die möglichen Kosten zu berücksichtigen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Dr. Cécile Walzer

Beiträge zum Thema