Der Geldentschädigungsanspruch

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Durchsetzung eines Geldentschädigungsanspruchs

Alles Wissens- und Nennenswertes zum Geldentschädigungsanspruch sowie den Voraussetzungen und individuellen Möglichkeiten der Durchsetzung erfahren Sie in diesem Rechtstipp.

Für Opfer einer Rufschädigung, bei unzulässiger Medienberichterstattung oder bei Verletzungen des Rechts am eigenen Bild besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, eine Geldentschädigung geltend zu machen. Die Geldentschädigung soll als Ausgleich für die Beeinträchtigung gewährt werden.

Ein Unterlassungs- bzw. Schadensersatzanspruch ist bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts häufig nur unzureichend und schafft keinen wirklichen Ausgleich der erlittenen Verletzungen. Daher wird bei schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzungen teilweise auch ein über den Schadensersatz hinausgehender Geldentschädigungsanspruch gewährt.

Wesentliche Funktion des Geldentschädigungsanspruchs ist die Genugtuung der im Persönlichkeitsrecht verletzten Person und die Prävention vor weiteren drohenden Persönlichkeitsverletzungen. Hohe Geldentschädigungsansprüche sollen vor geplanten Persönlichkeitsverletzungen schützen. Leider sind solche Summen aber nicht immer abschreckend. Teils entsteht sogar der Eindruck, große Presseunternehmen kalkulieren geplant in ihren jährlichen Ausgaben Persönlichkeitsverletzungen für eine gesteigerte Auflage ein.

Gesetzliche Grundlage des Geldentschädigungsanspruchs

Im Bürgerlichen Gesetzbuch normiert § 249 BGB die Art und den Umfang des Schadensersatzes. Danach hat der Schadensersatzpflichtige (Schädiger) den Zustand wiederherzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Umfasst werden dabei sowohl immaterielle als auch materielle Schäden. Immaterielle Schäden sind solche, die keinen Vermögensschaden begründen (immaterielle Schäden können zum Beispiel Schädigungen der Freiheit oder Ehre sein). Eine Durchsetzung immaterieller Schäden ist häufig mit Schwierigkeiten verbunden. Eine Wiederherstellung des früheren Zustands ist aufgrund der fehlenden Messbarkeit des vermögensrechtlichen Schadens meist nicht möglich. Eine Ablehnung der Durchsetzbarkeit eines immateriellen Schadens bei Persönlichkeitsverletzungen würde jedoch zu einer Missachtung des Persönlichkeitsrechts führen.

Deswegen entwickelte der Bundesgerichtshof bereits 1985 einen gesetzlich nicht normierten Anspruch, abgeleitet aus § 823 I i.V.m. Art. 2 I, Art. 1 I GG. Dieser Anspruch ist der heutige Geldentschädigungsanspruch, der aber nur unter den folgenden Voraussetzungen gewährt wird.

Voraussetzungen für einen Geldentschädigungsanspruch

Für einen Geldentschädigungsanspruch müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Schuldhafte schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung
  • Fehlende anderweitige Kompensationsmöglichkeit
  • Verhältnismäßigkeit

Schuldhafte schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung

Es muss hierfür ein Verstoß von besonderer Schwere vorliegen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht muss objektiv ein so erhebliches Gewicht haben, dass eine Geldentschädigung gerechtfertigt erscheint. Zur Beurteilung sind daher individuelle Umstände zu berücksichtigen.

Wichtige Beurteilungskriterien für die Frage der Schwere können sein:

  • Konkreter Inhalt der Äußerung
  • Tragweite der Rufschädigung
  • Anlass, Motive, Art und Intensität der Verletzung
  • Verletzte Sphäre des Persönlichkeitsrechts

Besondere Schwere liegt vor allem bei Eingriffen in die Privat- oder Intimsphäre des Verletzten vor. Dabei kommt besonders die Veröffentlichung von Fotos ohne Einwilligung des Abgebildeten in Betracht. Bezüglich der Tragweite gilt, je mehr Personen den Betroffenen identifizieren können, desto schwerer wiegt auch die Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Hinsichtlich der Anforderungen an den Verschuldensgrad des Verletzenden ist ein schweres Verschulden notwendig. Schweres Verschulden umfasst die grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz. Ein ausreichender Grund für das Verschulden liegt beispielsweise vor, wenn die Medien ihre Sorgfaltspflichten im Rahmen ihrer Berichterstattung grob missachten.

Fehlende anderweitige Kompensationsmöglichkeit

Mit dem Erfordernis der Voraussetzung der fehlenden anderweitigen Kompensationsmöglichkeit wird dem Zweck des Geldentschädigungsanspruchs Rechnung getragen, eine Lücke im Persönlichkeitsrecht zu schließen. Sind andere Ansprüche wie Unterlassungs- oder Berichtigungsansprüche möglich, müssen diese erst ausgeschöpft werden.  Die Ausschöpfung eines Gegendarstellungsanspruchs führt aber nicht in allen Fällen auch zum Erlöschen des Geldentschädigungsanspruchs.

Einer Ausschöpfung anderweitiger Kompensationsmöglichkeiten bedarf es nicht, wenn diese die Gefahr mit sich bringen, die Persönlichkeitsinteressen des Betroffenen noch mehr zu beeinträchtigen, oder wenn diese für den Verletzten nicht hinnehmbar sind.

Es ist daher einzelfallabhängig, ob eine anderweitige Kompensationsmöglichkeit für die Gewährung eines Geldentschädigungsanspruchs besteht.

Höhe des Geldentschädigungsanspruchs

Von der Höhe des Geldentschädigungsanspruchs soll ein Hemmungseffekt ausgehen. Dem angesprochenen Sinn und Zweck der Genugtuung des Verletzten und der Prävention vor erneuten Verletzungen soll damit genüge getan werden. Die Höhe des Geldentschädigungsanspruchs wird dabei in das Ermessen des Gerichts gestellt (§ 253 II 2 ZPO). Das Gericht betrachtet die konkreten Umstände sowie die Beweggründe des Verletzenden und auch die Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Fälle, welche besonders zu berücksichtigen sind, sind die der Zwangskommerzialisierung. Hierbei hat der Verletzende insbesondere die Absicht, die verletzte Person gegen ihren Willen und zu seinen Gunsten zu vermarkten. In solchen Fällen wird der durch die Zwangskommerzialisierung eingenommene Betrag im Rahmen der Schätzung der Höhe der Geldentschädigung miteinbezogen.

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Nicht außer Acht zu lassen ist, dass die Höhe der Entschädigung keine unverhältnismäßige Beschränkung der grundrechtlich garantierten Pressefreiheit hervorrufen darf. In der Einzelfallprüfung können daher auch wirtschaftliche Verhältnisse des Presseorgans eine Rolle spielen. Sollte eine Geldentschädigungshöhe die Pressefreiheit einschränken, bedarf es daher einer besonderen Berücksichtigung dieses Punktes seitens des Gerichts.

Fazit

Sofern Sie also von einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung betroffen sind (bspw. durch Verletzung des Rechts am eigenen Bild), besteht die Möglichkeit der Genugtuung durch den Geldentschädigungsanspruch. Wichtig ist, dass es sich dabei um eine schuldhafte schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung handelt, bei der keine anderweitige Kompensationsmöglichkeit besteht. Die Höhe des Anspruchs bemisst sich nach dem Ermessen des Gerichts und unter Zugrundelegung entscheidender Punkte des Einzelfalls, wie der Verschuldensform, Eingriffsintensität und der Eingriffsform.

Interessante Rechtsprechung zum Geldentschädigungsanspruch

  • Fall Madeleine von Schweden (Geldentschädigung von 400 000 Euro) OLG Hamburg, 30.07.2009 - 7 U 4/08          
  • Fall Helmut Kohl (Geldentschädigung von 1 000 000 Euro) LG Köln, Urteil vom 27.04.2017 –   14 O 323/15
  • Fall Kachelmann (Geldentschädigung von über 300 000 Euro) LG Köln, Urteil vom 30.09.2015 - 28 O 2/14

Podcast

Zum Thema Persönlichkeitsrecht vs. Pressefreiheit hat Rechtsanwalt David Geßner, LL.M. (IP) auch in seinem Podcast ,,Der Medienanwalt“ zusammen mit Dipl. Journalistin Nadja Pia Wagner gesprochen.

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