Der Hausarzt schuldet bei der Untersuchung des Auges nicht den Facharztstandard eines Augenarztes

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OLG Dresden, Beschluss vom 08.08.2019, AZ: 4 U 506/19 

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden äußerte sich zu der Frage, inwieweit der sog. „Facharztstandard“ eines Augenarztes für den sog. „allgemeinmedizinischen Standard“ eines Hausarztes maßgeblich ist. 

Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde. Eine Patientin fand sich bei ihrem Hausarzt ein und berichtete von Gartenarbeit und einem Fremdkörpergefühl im Auge. Das Auge war sichtbar gerötet, die Patientin berichtete aber weder von Schmerzen noch von einer Sehverschlechterung. Der Hausarzt untersuchte durch Inaugenscheinnahme das Auge ohne Zuhilfenahme augenärztlicher Hilfsmittel (Spaltlampe, Fluoreszin-Färbung) und empfahl ein Zuwarten von ca. 2 Tagen. Von einer Überweisung an eine Augenarztpraxis zur weiteren Abklärung sah er ab. Die Patientin vertraute dem Rat und wartete ab. Da der Hausarzt jedoch einen Fremdkörper im Auge der Patientin übersehen hatte, erlitt die Patientin aufgrund des Zeitverzugs bis zur Entfernung des Fremdkörpers gesundheitliche Folgeschäden am Auge.

Für die Untersuchung durch den Hausarzt gilt der augenärztliche Behandlungsstandard nicht

Das OLG Dresden stellte klar, dass für die Untersuchung des Auges durch den Hausarzt der augenärztliche Behandlungsstandard nicht gelte. Insbesondere sei keine Untersuchung mit einer Spaltlampe oder mithilfe anderer Instrumente geschuldet, die eine Augenarztpraxis standardmäßig vorhalte.

Der Hausarzt muss kein spezielles augenärztliches Equipment (hier: Spaltlampe) vorhalten

Der Hausarzt sei zwar verpflichtet, die Patientin einer fachärztlichen Behandlung „zuzuführen“ – also die Patientin an einen Facharzt zu überweisen. Dies aber nur, „soweit“ eine Überweisung „erforderlich“ sei.

Der Hausarzt ist verpflichtet, die Patientin, soweit erforderlich, einer fachärztlichen Behandlung zuzuführen

Stelle sich eine Patientin mit einem geröteten Auge bei einem Allgemeinmediziner (Hausarzt) vor, bestehe eine solche Verpflichtung zur Überweisung jedoch nur, wenn aufgrund einer Untersuchung mit in der Hausarztpraxis zur Verfügung stehenden Mitteln und der Anamnese der Patientin der konkrete Verdacht auf eine Erkrankung des Auges oder einen eingedrungenen Fremdkörper bestehe. Lediglich unspezifische Beschwerden – wie vorliegend – rechtfertigten es, von einer Überweisung abzusehen und die Patientin zu einer Wiedervorstellung zu veranlassen. Die Behandlung durch den Hausarzt habe daher dem allgemeinmedizinischen Standard entsprochen und sei nicht fehlerhaft gewesen.

Die Patientin drang mit ihrer Klage auf Schadensersatz nicht durch.

Vor diesem Hintergrund sollten Patienten mit fortbestehendem Fremdkörpergefühl im Auge direkt eine fachärztliche Abklärung in einer Augenarztpraxis – mit den dort zur Verfügung stehenden speziellen fachspezifischen Hilfsmitteln – anstreben.

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Rechtsanwältin Maike Bohn, Hamburg



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