Der sog. „Paukenschlag“ des BAG (Beschluss vom 13.09.2022 – 1 ABR 22/21)…

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den man an sich schon lange hätte kommen „hören“….

Der EuGH hatte bereits im Mai 2019 entschieden, dass die Mitgliedstaaten (und damit auch Deutschland) die Arbeitgeber* verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches Arbeitszeiterfassungssystem einzurichten, mit dem die täglich geleistete Arbeitszeit der Beschäftigten gemessen werden kann.

Anmerkung: von einem „technischen“ System hat der EuGH nichts gesagt….

Nachdem in Deutschland über dreieinhalb Jahre rumdiskutiert wurde, ob das deutsche Recht (überwiegend wurde hier § 16 Abs. 2 ArbZG angeführt), diese Voraussetzungen schon erfüllt, ging es dem BAG offensichtlich zu lange, bis der Gesetzgeber „mal in die Pötte kommt“. Es gab zwar „schon“ Bemühungen von etwaigen Reformvorhaben, die sich nun aber wohl erledigt haben dürften.

Das BAG hat jetzt klargestellt, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zu erfassen. Denn nur so könnten die Rechte aus der EU-Arbeitszeitrichtlinie umgesetzt werden und die Einhaltung der Höchstarbeitszeit sowie die Ruhezeiten überwacht werden.

Eigentlich ging es in der Entscheidung des BAG um die Frage, ob der BR die Einsetzung einer Einigungsstelle erzwingen kann bzgl. der Einführung einer elektronischen Stechuhr (also um die Frage, ob der BR ein Initiativrecht nach § 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG hat).
Das BAG hat aber eben darüber hinaus auch zu der Frage der Verpflichtung des AG zur Einführung eines Systems zur Erfassung der Arbeitszeit Stellung genommen. 

In der Pressemitteilung des BAG heißt es, dass:

 „der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet ist, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Aufgrund dieser gesetzlichen Pflicht kann der Betriebsrat die Einführung eines Systems der (elektronischen) Arbeitszeiterfassung im Betrieb nicht mithilfe der Einigungsstelle erzwingen. Ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG besteht nur, wenn und soweit die betriebliche Angelegenheit nicht schon gesetzlich geregelt ist.“

Hieraus folgt (wohl, denn die Entscheidung liegt noch nicht vor, „nur“ die Pressemitteilung), dass sich die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht auf die (eigentlich so ausdrücklich im Gesetz genannte) „Einführung“ einer technischen Zeiterfassung bezieht, aber (und so war es auch immer gängige Rechtsprechung) auf die Ausgestaltung der Zeiterfassung. So also auch auf die Frage, welches technische System für die Zeiterfassung genutzt wird (da ein Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl des jeweiligen Systems besteht).


Ergo: hinsichtlich des Mitbestimmungsrechtes des BR bleibt (wohl) alles beim Alten… während sich bei der Thematik der Erfassung der Arbeitszeit ggf. einiges tun dürfte…..


(und noch eine Anmerkung der Verfasserin: das BAG hatte bereits am 06.05.2003 (1 ABR 13/02) entschieden, dass der AG sich nicht auf Vertrauensarbeitszeit (und damit auf die fehlende Erfassung der Arbeitszeit) berufen kann, wenn der BR Auskunft über Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie die Über- und Unterschreitungen der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit verlangt (was er zB nach § 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG natürlich darf!).


[* zur besseren Lesbarkeit wird hier ausschließlich die männliche Form verwendet. Gemeint sind hiermit selbstverständliche alle Geschlechter. ]

Stephanie Merz

Rechtsanwältin & Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kanzlei für Arbeitsrecht Zuber & Merz


www.zuberundmerz.de


... spezialisiert auf die  Interessenwahrnehmung von Arbeitnehmer*innen, Betriebsräten (sowie GBR & KBR) und Personalräten ....

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