Der Zeuge vor Gericht

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Viele Menschen kommen erstmalig mit der Justiz in Kontakt, wenn sie eine schriftliche Zeugenvorladung per Post erhalte. Oft stellen sich dann viele Fragen:

  • Muss ich als Zeuge* vor Gericht erscheinen?
  • Was passiert, wenn ich nicht vor Gericht erscheine?
  • Muss ich als Zeuge immer aussagen?
  • Wie verhält es sich bei einer Zeugenvorladung seitens der Polizei oder der Staatsanwaltschaft im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens?
  • Wird ein Zeuge/eine Zeugin vor Gericht stets vereidigt?
  • Sollte ich eine/n Strafverteidigerin/Strafverteidiger als Zeugenbeistand zur Unterstützung hinzuzuziehen?

Besteht die Pflicht als Zeuge/Zeugin vor Gericht zu erscheinen?

Ja. Nach dem Gesetz ist jeder verpflichtet, als Zeuge vor Gericht zu erscheinen, wenn er eine ordnungsgemäße Ladung erhalten hat. Einer gerichtlichen Ladung zu einem Strafprozess muss Folge geleistet werden. Dazu muss der Zeuge zu dem in der Ladung bestimmten Termin bei Gericht erscheinen. Dies gilt auch, wenn Sie der Meinung sind, keine relevanten Angaben machen zu können.

Für das (entschuldigte) Nichterscheinen des Zeugen müssen erhebliche Gründe vorliegen, wie z.B. eine schwerwiegende Erkrankung des Zeugen. Der Verhinderungsgrund muss dem Gericht unverzüglich mitgeteilt werden. Um hierbei nichts falsch zu machen, empfiehlt es sich, die Rechtsberatung eines Strafverteidigers / einer Strafverteidigerin einzuholen.

Was passiert, wenn ich zum Gerichtstermin nicht erscheine?

Einer gerichtlichen Aufforderung zum Erscheinen als Zeuge ist stets Folge zu leisten. Bleibt man am Prozesstag unentschuldigt fern, kann das Gericht einen ordnungsgemäß geladenen Zeugen die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegen. Zudem kann gegen den Zeugen ein Ordnungsgeld verhängt werden; wird dieses nicht bezahlt, kann ersatzweise Ordnungshaft angeordnet werden. Kommt der Zeuge / die Zeugin auch der zweiten Ladung – unter Androhung eines Ordnungsgeldes nicht nach – kann der Zeuge von der Polizei zwangsweise vorgeführt werden.

Muss ich als Zeuge vor Gericht aussagen?

Grundsätzlich hat jeder Zeuge die Pflicht vor Gericht wahrheitsgemäß auszusagen. Sagt der Zeuge – erwiesenermaßen – falsch aus, macht er sich hierdurch selbst strafbar. Der Zeuge darf bei seiner Aussage nichts verschweigen und nichts hinzufügen.

Von der grundsätzlichen Verpflichtung eine Aussage zu tätigen, bestehen gesetzlich definierte Ausnahmen: Eltern, Kinder, Ehegatten, Verlobte, Lebenspartner und sonstige Angehörige des Angeklagten haben das Recht, die Aussage zu verweigern.

Wie gefestigt die Beziehung zum Angeklagten sein muss, um die Aussage verweigern zu können, kann Ihnen eine/ ein auf Strafrecht spezialisierte/r Rechtsanwalt/Rechtsanwältin beantworten.

Weiterhin sind bestimmte Berufsträger wie Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Ärzte, Psychologen etc. berechtigt, die Auskunft über Informationen zu verweigern, die ihnen im Rahmen Ihres Berufsverhältnisses anvertraut wurden.

Muss ich einer Zeugenvorladung der Polizei oder der Staatsanwaltschaft folgen?

Einer Zeugenvorladung durch die Polizei müssen Sie grundsätzlich nicht Folge leisten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Sie bei einem Fernbleiben erneut vorgeladen werden, dann im Auftrag der Staatsanwaltschaft. Dieser Vorladung müssen Sie folgen. Denn nach § 163 Abs. 3 StPO sind Zeugen auch schon im Ermittlungsverfahren verpflichtet, auf Ladung der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und eine Aussage zu tätigen.

Werde ich vor Gericht stets vereidigt?

Eine Vereidigung nach einer Zeugenaussage ist im deutschen Strafverfahren eher die Ausnahme. Zeugen müssen nur dann unter Eid aussagen, wenn das Gericht wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage eine Vereidigung für notwendig hält. Ähnlich wie beim Zeugnisverweigerungsrecht haben auch bei der Vereidigung bestimmte Berufsgruppen das Recht den Eid zu verweigern.

Muss ich aussagen, wenn die Gefahr besteht, mich damit selbst zu belasten?

Gemäß § 55 StGB kann „ein Zeuge die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.“

Aus diesem Recht folgt jedoch kein allgemeines „Aussageverweigerungsrecht“, sondern nur ein „partielles Schweigerecht“. Solange Sie als Zeuge geladen sind, müssen Sie grundsätzlich aussagen. Sie dürfen nicht lügen. Sie dürfen jedoch bei bestimmten Fragen schweigen oder „ausdrückliche“ Lücken lassen. Hierzu kann Sie ein Strafverteidiger im Einzelfall beraten.

Sollte ich einen Strafverteidiger als Zeugenbeistand hinzuziehen? Wegen der oben beschriebenen Problematik ist es stets anzuraten, einen Strafverteidiger als Zeugenbeistand hinzuziehen. Nach § 68 b Abs. 2 StPO hat ein Zeuge unter bestimmten Voraussetzungen sogar einen Anspruch auf Beiordnung eines Anwalts als Zeugenbeistand.

Der Strafverteidiger kann als Zeugenbeistand unter Umständen ein Recht auf Akteneinsicht haben und so wichtige Informationen im Vorfeld der Vernehmung erhalten. Außerdem schützt Sie der Strafverteidiger davor, dass Sie sich durch Ihre Aussage selbst belasten oder sich durch eine unwahre Bekundung einer vorsätzlichen Falschaussage vor Gericht gem. § 154 StGB strafbar   machen.

Sollten Sie weitere Fragen zur Thematik Zeugenaussage im Strafprozess haben, können Sie mich gerne per E-Mail oder telefonisch kontaktieren. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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