Die Erbausschlagung und ihre Alternativen bei Überschuldung

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Viele haben schon einmal von der Möglichkeit gehört, im Fall einer Erbschaft das ihnen zugewandte „auszuschlagen“. Der naheliegendste Grund für eine solche Ausschlagung ist die der Nachlassüberschuldung: Der Erbe erhält vom Erblasser einen Schuldenberg, den er nicht mit seinem eigenen Vermögen abtragen möchte. Dabei wird häufig übersehen, dass es für die Ausschlagung noch einen weiteren – sehr validen – Grund geben kann.


Geld ist nicht alles

Ist ein Erbe seinerseits überschuldet, möchte er häufig verhindern, dass seine Gläubiger auf die Erbmasse ohne Weiteres zugreifen können. Zwar bietet eine werthaltige Erbschaft häufig auch die einmalige Gelegenheit für einen finanziellen Neustart, wenn hierdurch die eigenen Schulden getilgt werden können. Doch was, wenn noch weitere Personen – die eigenen Geschwister oder der überlebende Ehepartner – zu Erben berufen sind und die Erbmasse in schwer teilbaren Vermögenswerten wie einem bebauten Grundstück besteht?

In diesem Fall besteht die begründete Sorge, dass die Gläubiger unmittelbar nach Anfall der Erbschaft diese – genauer gesagt den eigenen Anteil am Erbe – im Wege der Pfändung eigenmächtig in Beschlag nehmen könnten. Hat dies Erfolg, so sind sie anschließend berechtigt, gegenüber den Miterben die Auseinandersetzung des Erbes zu betreiben. Der eigentliche Erbe ist von der Mitwirkung hierbei ausgeschlossen. 

Auf diese Weise gehen unter Umständen Erbgegenstände unwiederbringlich verloren, die neben dem rein finanziellen auch einen erheblichen emotionalen Wert innehaben. Die Gläubiger haben ja zumeist allein Interesse an der wirtschaftlichen Verwertung des Erbes, sodass es für sie keine Rolle spielt, ob bspw. ein Haus, in dem die Kinder des Erblassers aufgewachsen sind, weiter im Familienbesitz bleibt.


Verschenken oder ausschlagen?

In einigen speziell gelagerten Konstellationen kann es sich, um dieses Szenario abzuwenden, anbieten, den von einem Gläubigerzugriff bedrohten Erbteil an eine andere Person „wegzuverfügen“, z.B. diesen vorher an die anderen Miterben schenkweise zu übertragen

Dieser Weg ist jedoch durch ganz erhebliche Risiken tatsächlicher wie rechtlicher Art gekennzeichnet: Droht dem Erben im Angesicht seiner Überschuldung bereits die Zwangsvollstreckung in sein Vermögen, so macht er sich durch dieSchenkung möglicherweise strafbar gem. §§ 283 ff. StGB. Ob die Verfügung gegenüber den Gläubigern überhaupt wirksam ist, hängt dabei zudem davon ab, wie weit diese bereits Vollstreckungsmaßnahmen betrieben haben. Und selbst wenn der Erbe aus diesem Wettlauf mit den Gläubigern als Sieger hervorgehen sollte, so hat er die Beschenkten am Ende womöglich zur Zahlung einer saftigen Schenkungssteuer verpflichtet. 

Auch wenn mit einer Ausschlagung der Erbschaft die Einhaltung spezieller Form- und Fristvorgaben verbunden ist, ist diese für den Erben daher zumeist der einfachere Weg, einen Zugriff der Gläubiger zu verhindern. Als höchstpersönliches Recht des Erben wird sie von den Tatbeständen der §§ 283 ff. StGB nicht erfasst und lässt eine vorherige Pfändung des Erbanteils rückwirkend ins Leere laufen. Der Erbe verliert hierdurch allerdings die Möglichkeit, selber zu bestimmen, wem sein Erbteil stattdessen zufallen soll. An seine Stelle treten seine eigenen gesetzlichen Erben oder ein vom Verstorbenen bestimmter Ersatzerbe.


Fazit

Beide Möglichkeiten der Schadloshaltung bedürfen im Ergebnis einer intensiven – und angesichts der sechswöchigen Ausschlagungsfrist auch zügigen – Auseinandersetzung mit den rechtlichen Konsequenzen. Um diese verlässlich einschätzen zu können und in Absprache mit den übrigen von dem Erbfall Betroffenen nach der bestmöglichen Lösung zu suchen, ist die Hinzuziehung eines Anwalts mit Erfahrung auf dem Gebiet des Erbrechts zu empfehlen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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