Die Neuregelung des § 2 Nr.15 BetrKV durch das Telekommunikationsgesetz

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I. Einleitung

Am 1. Dezember 2021 trat das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKModG) in Kraft.

Hiermit möchte der Gesetzgeber Impulse für einen schnelleren und flächendeckenden Ausbau von Glasfasernetzen setzen und den Verbraucherschutz stärken.

Weiter soll der Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt dadurch gefördert werden, dass Kunden der Wechsel ihres Telekommunikationsanbieters erleichtert wird. Dafür wird das sog. Nebenkostenprivileg abgeschafft.

Der Begriff betrifft die Telekommunikationsversorgung in Mehrfamilienhäusern mit TV-Kabelanschlüssen und bezeichnet die Möglichkeit, eine solche Versorgung durch die Betriebskostenumlage von TV-Kabelgebühren auf Mieterinnen und Mieter zu finanzieren. 

Bislang mussten Mieterinnen und Mieter für den vom Vermieter bereit gestellten Breitbandkabelanschluss TV-Kabelgebühren als Betriebskosten zahlen, auch wenn sie den Anschluss nicht nutzen. 

Eine Möglichkeit zur Kündigung im Rahmen des Mietverhältnisses gab es nicht, so dass Mieterinnen und Mieter, die ihren Anbieter wechseln möchten, bislang eine Doppelbelastung befürchten mussten. 

Durch die Neuregelungen des TKModG wird die Möglichkeit, TV-Kabelgebühren als Betriebskosten auf Mieterinnen und Mieter umlegen zu können, mit einer Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2024 abgeschafft (§ 2 Satz 1 Nr. 15b BetrKV-neu); Mieterinnen und Mieter können ihren Telekommunikationsanbieter künftig frei wählen. Außerdem wird eine neue Betriebskostenart eingeführt: das Glasfaserbereitstellungsentgelt (§ 2 Satz 1 Nr. 15c BetrKV-neu).


II. Gesetzeswortlaut:

§ 2 Satz 1 Nr. 15 BetrKV-neu in der seit dem 1. Dezember 2021 geltenden Fassung lautet folgendermaßen:

Betriebskosten im Sinne von § 1 sind: …

15. die Kosten

a) des Betriebs der Gemeinschafts-Antennenanlage,

hierzu gehören die Kosten des Betriebsstroms und die Kosten der regelmäßigen Prüfung ihrer Betriebsbereitschaft einschließlich ihrer Einstellung durch eine Fachkraft,

bis zum 30. Juni 2024 außerdem das Nutzungsentgelt für eine nicht zu dem Gebäude gehörende Antennenanlage sowie die Gebühren, die nach dem Urheberrechtsgesetz für die Kabelweitersendung entstehen,

oder

b) des Betriebs der mit einem Breitbandnetz verbundenen privaten Verteilanlage,

hierzu gehören die Kosten des Betriebsstroms,

bis zum 30. Juni 2024 außerdem die weiteren Kosten entsprechend Buchstabe a, sowie die laufenden monatlichen Grundgebühren für Breitbandanschlüsse,

oder

c) des Betriebs einer gebäudeinternen Verteilanlage, die vollständig mittels Glasfaser mit einem öffentlichen Netz mit sehr hoher Kapazität im Sinne des § 3 Nummer 33 des Telekommunikationsgesetzes verbunden ist, wenn der Mieter seinen Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten über seinen Anschluss frei wählen kann,

hierzu gehören die Kosten des Betriebsstroms sowie ein Bereitstellungsentgelt gemäß § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes;

§ 2 Satz 1 Nr. 15 BetrKV-neu wird ergänzt durch den zum 1. Dezember 2021 neu eingeführten § 2 Satz 2 BetrKV-neu:

Für Anlagen, die ab dem 1. Dezember 2021 errichtet worden sind, ist Satz 1 Nummer 15 Buchstabe a und b nicht anzuwenden.

III. Welche Neuregelungen sieht das TKModG für das Wohnraummietrecht vor?

  • Die Möglichkeit, die monatlichen Grundgebühren für Breitbandkabelanschlüsse (TV-Kabelgebühren) als Betriebskosten auf den Mieter umlegen zu können, entfällt für vor dem 1. Dezember 2021 errichtete Bestandsanlagen zum 30. Juni 2024 (§ 2 Satz 1 Nr. 15b BetrKV-neu), für ab dem 1. Dezember 2021 errichtete Neuanlagen sofort (§ 2 Satz 2 BetrKV-neu).    


  • Kosten des Betriebsstroms der Anlage können für vor dem 1. Dezember 2021 errichtete Bestandsanlagen auch über den 30. Juni 2024 hinaus umgelegt werden (§ 2 Satz 1 Nr. 15b BetrKV), für ab dem 1. Dezember 2021 errichtete Breitbandkabelanlagen nur noch unter den Voraussetzungen des § 2 Nr. 15c BetrKV (siehe nachfolgend).


  • Zur Förderung des Glasfaserausbaus wird mit § 2 Satz 1 Nr. 15c BetrKV-neu eine neue Betriebskostenart eingeführt: das Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 TKG-neu. Zu den umlagefähigen Kosten der Nr. 15c gehören der Betriebsstrom der Verteilanlage sowie das Bereitstellungsentgelt. 


  • Der neue § 555b Nr. 4a BGB-neu definiert den erstmaligen Anschluss einer Wohnung mittels Glasfaser an ein Netz mit sehr hoher Kapazität als Modernisierungsmaßnahme. Voraussetzung einer Mieterhöhung ist nach dem neuen § 559 Abs. 1 Satz 2 BGB-neu, dass der Mieter seinen Anbieter von Telekommunikationsleistungen frei wählen kann und der Vermieter kein Glasfaserbereitstellungsentgelt als Betriebskosten umlegt.


  • Entsprechend der Regelung zu Breitbandkabelanlagen wird § 2 Nr. 15a BetrKV für Gemeinschafts-Antennenanlagen geändert: die Möglichkeit der Umlage eines Nutzungsentgelts und von Signalgebühren entfällt, für vor dem 1. Dezember 2021 errichtete Bestandsanlagen zum 30. Juni 2024 (§ 2 Satz 1 Nr. 15a BetrKV-neu), für ab dem 1. Dezember 2021 errichtete Neuanlagen ab sofort (§ 2 Satz 2 BetrKV-neu).


IV. Welche Betriebskosten kann der Vermieter bei Bestandsanlagen (Errichtung vor dem 1.12.2021) ab Inkrafttreten des Gesetzes umlegen?

  • Ist im Mietvertrag die Umlage von TV-Kabelgebühren vereinbart, kann der Vermieter diese noch bis zum 30. Juni 2024 weiter umlegen. Mieterinnen und Mieter bleiben bis dahin an die Umlage gebunden, eine Kündigungsmöglichkeit besteht in diesem Zeitraum nicht (§ 230 Abs. 4 TKG-neu).


  • Ab dem 1. Juli 2024 darf der Vermieter TV-Kabelgebühren nicht mehr umlegen. Weiterhin umlagefähig bleiben nur die Kosten des Betriebsstroms (§ 2 Satz 1 Nr.15b BetrKV-neu), bei Antennen-Anlagen zusätzlich die Kosten für die Prüfung der Betriebsbereitschaft (§ 2 Satz 1 Nr. 15a BetrKV-neu).


V. Das neue Glasfaserbereitstellungsentgelt

Nach § 72 TKG-neu kann der Vermieter den Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes auf der Grundlage eines Gestattungsvertrags mit der Errichtung und dem Betrieb einer gebäudeinternen Netzinfrastruktur, die vollständig aus Glasfaserkomponenten besteht, beauftragen. Der Netzbetreiber berechnet dem Vermieter hierfür ein Glasfaserbereitstellungsentgelt. 

Dieses Entgelt kann der Vermieter dann als Betriebskosten auf Mieterinnen und Mieter umlegen.

1. Kann das Glasfaserbereitstellungsentgelt umgelegt werden?

Das Glasfaserbereitstellungsentgelt kann unter folgenden Voraussetzungen auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden:

  • die Verteileranlage muss mittels Glasfaser an ein öffentliches Netz mit sehr hoher Kapazität im Sinne von § 3 Nr. 33 TKG angeschlossen sein,
  • Mieterinnen und Mieter müssen ihren Anbieter von öffentlich zugänglichen TK-Diensten über ihren Anschluss frei wählen können (§ 2 Satz 1 Nr. 15c BetrKV-neu) und
  • der Vermieter muss die Maßnahme zur Errichtung der Glasfaser-Verteileranlage wirtschaftlich umgesetzt haben, § 556 Abs. 3a BGB-neu; betragen die Gesamtkosten der Maßnahme mehr als 300 Euro, so muss der Vermieter - soweit möglich - drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt haben.

2. Für welche Anlagen kann das Glasfaserbereitstellungsentgelt umgelegt werden?

Das Entgelt kann umgelegt werden (§ 72 Abs. 7 TKG-neu)

  • für Altanlagen, die zwischen dem 1. Dezember 2015 und 1. Dezember 2021 errichtet wurden, wenn der Gestattungsvertrag zwischen Vermieter und Betreiber der Anlage frühestens am 1. Juli 2024 endet und
  • für Neuanlagen, die zwischen dem 2. Dezember 2021 und dem 31. Dezember 2027 errichtet wurden.

3. In welcher Höhe können die Kosten auf Mieter umgelegt werden?

  • Die Kostenumlage ist der Höhe nach gedeckelt auf maximal 60 Euro pro Jahr (§ 72 Abs. 2 TKG-neu, § 2 Satz 1 Nr. 15c BetrKV-neu).
  • Die Kosten dürfen für fünf Jahre über die Betriebskosten umgelegt werden und betragen dann als Regelbetrag 300 Euro (60 Euro x 5 Jahre). Sollte dies zur Refinanzierung der aufgewendeten Kosten für den Glasfaserausbau nicht genügen, darf das Glasfaserbereitstellungsentgelt für maximal neun Jahre erhoben werden. Hieraus ergibt sich eine Kostenumlage von maximal 540 Euro pro Wohnung (60 Euro x 9 Jahre).

4. Müssen Mieterinnen und Mieter das Glasfaserbereitstellungsentgelt auch zahlen, wenn sie den Glasfaseranschluss nicht nutzen?

Ja, das Bereitstellungsentgelt muss von Mieterinnen und Mietern, eine wirksame Umlagevereinbarung vorausgesetzt, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Umlage bezahlt werden, unabhängig davon, ob sie den Glasfaseranschluss nutzen. 


VI. Glasfaserausbau als Modernisierung


Erfolgt der Ausbau erstmalig mittels Glasfaser durch den Vermieter und wird die gebäudeinterne Netzinfrastruktur an ein öffentliches Netz mit sehr hoher Kapazität angeschlossen, so stellt dies eine Modernisierungsmaßnahme dar und ist der Ausbau von Mieterinnen und Mietern zu dulden (§ 555b Nr. 4a BGB-neu).


Der Vermieter ist berechtigt, die jährliche Miete um 8% der aufgewendeten Kosten für den erstmaligen Anschluss an ein Glasfasernetz zu erhöhen, aber nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des neu eingeführten § 555b Nr. 4a BGB . Danach ist die Mieterhöhung zulässig, wenn der Mieter seinen Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten über den Anschluss frei wählen kann und der Vermieter kein Glasfaserbereitstellungsentgelt als Betriebskosten umlegt oder umgelegt hat. Eine Doppelbelastung mit einer Modernisierungsmieterhöhung einerseits und einer Betriebskostenumlage andererseits ist ausgeschlossen.



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