Die sexuelle Belästigung einer Kollegin ist nicht in jedem Fall Grund für eine fristlose Kündigung

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Bei einer nur verbalen sexuellen Belästigung durch einen langfristig beschäftigten Mann kann eine ordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung verhältnismäßig sein, nicht aber auch in jedem Fall eine fristlose Kündigung, meint das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein.

Ein Krankenpfleger zeigte eines Tages einer Kollegin auf dem Display seines Mobiltelefons ein Bild einer nackten Frau, die mit gespreizten Beinen dasaß. Einer anderen Kollegin machte er im betrunkenen Zustand am Telefon sexuelle Angebote. Das Krankenhaus hat dem Krankenpfleger aus diesen Gründen ohne vorherige Abmahnung wegen sexueller Belästigung die fristlose Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung ausgesprochen. Der Krankenpfleger erhob hiergegen Kündigungsschutzklage.

Die Klage wurde abgewiesen. Der Krankenpfleger ging zum Landesarbeitsgericht in die Berufung.

Die Berufung hatte zum Teil Erfolg. Das Gericht erachtet die fristlose Kündigung für unwirksam, nicht hingegen die ordentliche Kündigung: Die sexuelle Belästigung von Mitarbeiterinnen an ihrem Arbeitsplatz, so das Gericht, könne zwar „an sich" ein Grund zur fristlosen Kündigung sein. Ob die sexuelle Belästigung zur fristlosen Kündigung berechtigt, hängt indes von Intensität und Umfang ab. Das Gericht kommt bei der Betrachtung der Vorfälle, die zur fristlosen Kündigung führten, zum Ergebnis, dass hier sexuelle Belästigungen vorlägen, die eigentlich eine fristlose Kündigung rechtfertigen würden. Unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles, der Interessen von gekündigtem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber sowie der betroffenen Mitarbeiterinnen wiegt die sexuelle Belästigung jedoch nicht so schwer, dass es dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden konnte, den Krankenpfleger noch wenigstens bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen, als ihm gleich die fristlose Kündigung auszusprechen. Zu seinen Gunsten ist nämlich seine außerordentlich lange Betriebszugehörigkeit von knapp 18 Jahren anzuführen. Außerdem spreche für ihn, dass er bisher sich nichts hat zu Schulden kommen lassen und zudem bisher noch nie für eine sexuelle Belästigung oder irgendein sonstiges Fehlverhalten eine Abmahnung bekommen habe. Gegen ihn spräche, dass er in einem überwiegend weiblichen Umfeld arbeiten würde und für seinen sexualisierten Sprachgebrauch bekannt gewesen sei. Für ihn spräche wiederum, dass die von ihm verübte sexuelle Belästigung nur verbaler Natur war und es zu keiner körperlichen Berührung gekommen ist.

Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass die sexuelle Belästigung der Kolleginnen in diesem Fall zwar eine fristlose Kündigung des Krankenpflegers nicht rechtfertigt, wohl aber die ebenfalls ausgesprochene ordentliche Kündigung.

(Quelle: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil vom 04.03.2009; 3 Sa 410/08)

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