Dürfen Banken und Sparkassen Girokonten wegen Negativzinsen der EZB kündigen?

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Jahrelang waren Kunden mit hohen Guthaben gern gesehene Kunden bei ihren Banken und örtlichen Sparkassen. Oft wurden diese Kunden hofiert und waren bekannt mit den Filialleitern oder den Sparkassendirektoren. Die Banken und Sparkassen haben über Jahre gutes Geld mit ihren vermögenden Kunden verdient.

Geldpolitik der EZB ändert das Verhältnis zu vermögenden Kunden

Diese Ausgangslage hat sich aufgrund der Geldpolitik der EZB grundlegend geändert. Sparkassen-Kunden mit hohen Einlagen werden von ihrer Sparkasse zunehmend als Belastung empfunden. Nachdem auch die Versuche der einseitigen Einführung von Negativzinsen an der Rechtsprechung scheiterten, sind die Institute nunmehr dazu übergegangen, Kunden vor die Wahl zu stellen: Entweder es wird ein Verwahrentgelt im Wege einer Vertragsanpassung akzeptiert, oder die Sparkasse kündigt das Girokonto oder gar die ganze Geschäftsverbindung.

Dürfen Banken kündigen?

Uns haben in den letzten Wochen zahlreiche Anfragen von betroffenen Kunden erreicht, denen das Girokonto nun gekündigt wurde und die sich fragen, ob dies rechtmäßig ist.

Die Rechtslage kann nicht einheitlich bewertet werden. Für Privatbanken und Genossenschaftsbanken gilt grds. die Vertragsfreiheit. Das heißt, diese Banken dürfen mit den Kunden Kündigungsmöglichkeiten vereinbaren, die an keine Voraussetzungen gebunden sind, solange sie nicht gegen das Gesetz verstoßen. Bei Kontoverträgen sieht das Gesetz lediglich vor, dass eine angemessene Kündigungsfrist von 2 Monaten eingehalten werden muss. Ansonsten sind die Banken in ihrer Entscheidung frei. Einen Kündigungsgrund müssen sie nicht nachweisen. Die Kündigung einer Privatbank oder einer Genossenschaftsbank kann daher in der Regel nicht erfolgreich abgewehrt werden.

Besonderheiten bei Sparkassen

Etwas anders kann jedoch bei örtlichen Sparkassen gelten. Da diese als Anstalten des öffentlichen Rechts an die Grundrechte direkt gebunden sind, darf eine Kündigung einer Sparkasse grds. nicht willkürlich sein. Die Kündigung einer Sparkasse muss daher immer auf einem sachgerechten Grund basieren.  Der BGH hat einen solchen Grund angenommen, wenn die Umstände, die die Sparkasse zur Kündigung veranlassen, derart beschaffen und zu bewerten sind, dass ein unvoreingenommener, vernünftiger Beobachter das Verhalten der Sparkasse für eine nachvollziehbare und der Sachlage nach angemessene Reaktion halten muss. Auch hat der BGH im Zusammenhang mit Prämiensparverträgen bereits entschieden, dass die langanhaltende Negativzinsphase einen solchen sachgerechten Grund darstellen kann. Grundsätzlich wäre eine Sparkasse daher zu einer Kündigung berechtigt.

Sparkassengesetze können Kündigungsrechte weiter einschränken

Etwas anderes kann aber gelten, wenn das jeweils landesrechtlich geltende Sparkassengesetz oder die Sparkassenverordnung eine Sparkasse verpflichtet, natürlichen Personen aus ihrem Trägergebiet ein auf Guthaben geführtes Konto anzubieten (sog. Kontrahierungszwang). In solchen Fällen wurde in der Rechtsprechung bereits angenommen, dass die Sparkasse ein Girokonto nur aus wichtigem Grund kündigen darf. Hierfür müsste der Sparkasse die Vertragsfortsetzung mit Negativzinsen unzumutbar sein, was sie auch beweisen müsste. Problematisch für die Sparkassen ist in diesem Zusammenhang auch, dass Gerichte für Bausparverträge bereits angenommen haben, dass das Risiko Strafzinsen an die EZB zahlen zu müssen grds. in ihre Risikosphäre fällt. Verwirklicht sich lediglich das von einer Vertragspartei zu tragende Risiko, ist eine Kündigung aus wichtigem Grund in der Regel ausgeschlossen.

Kündigungen abwehren

Es sprechen daher gute Gründe dafür, die Kündigung einer Sparkasse als rechtswidrig zurückzuweisen, wenn ein auf Guthaben geführtes Konto einer natürlichen Person aus dem Trägergebiet der Sparkasse betroffen ist. Weigert sich eine Sparkasse die Kündigung zurückzunehmen, besteht die Möglichkeit einer Feststellungsklage. Wir führen diesbezüglich bereits erste Verfahren gegen Sparkassen aus dem Kölner Raum. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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