„Durchgecheckt“ – Bundesgerichtshof stärkt erneut Recht von Fluggästen

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In den vergangenen Tagen berichtete die Tagesschau von der Studie „Freizeitmonitor 2012", nach der Deutsche in ihrer Freizeit lieber Daheimbleiben. Wer sich dennoch eine Flugreise gönnt, wird sich freuen, denn der Bundesgerichtshof (BGH, vgl. Urteil v. 28.08.2012, Az.: X 128/11) stärkt nunmehr erneut die Rechte von Flugreisenden.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 7. Februar 2009 begaben sich Reisende auf ihren Urlaubsflug von München über Amsterdam nach Curaçao in der Karibik. Dieser Flug sollte von der Beklagten, einem Reiseveranstalter, durchgeführt werden. Bereits in München erhielten die Reisenden beim Check-in die Bordkarten auch für den Anschlussflug in Amsterdam. Für den Anschlussflug war eine Umsteigezeit von 50 Minuten vorgesehen. Da der Flug aus München Verspätung hatte, verblieb den Reisenden jedoch lediglich eine Umsteigezeit von 30 Minuten. Zwar trafen sie noch rechtzeitig am Gate des Fluges in die Karibik ein, die Mitnahme wurde ihnen dennoch verweigert.

Als Grund gab die Beklagte an, dass das Gepäck aus München nicht mehr rechtzeitig in das Anschlussflugzeug verladen werden kann. Aus Sicherheitsgründen sei es jedoch verboten, Passagier und Gepäck getrennt zu befördern. Die Beklagte sei damit berechtigt, die Beförderung zu verweigern. Der Flug fand tatsächlich ohne die Passagiere aus München statt, die Reisenden konnten erst ca. 24 Stunden später ihren Flug nach Curaçao antreten.

Der BGH verurteilte die Beklagte deshalb nun zur Zahlung eines pauschalen Schadensersatzes in Höhe von 600 EUR je Reisenden nach Art. 7 der Europäischen Fluggastrechteverordnung (VO (EG) 261/2004).

Dies begründete er wie folgt: Die Verordnung sieht in Art. 4 einen Schadensersatzanspruch bei Nichtbeförderung vor.

Die Tatsache, dass das Gepäck nicht mehr rechtzeitig umgeladen werden konnte, befreit die Fluggesellschaft nicht von der Beförderungspflicht. Zwar ist eine getrennte Beförderung von Gepäck und Passagieren grundsätzlich aus Sicherheitsgründen nicht gestattet. In einem Fall wie diesem, in dem die Passagiere „durchgecheckt" sind und keinen Zugriff mehr auf ihr Gepäck haben, gilt dies aber nicht (vgl. EU VO 300/2008 Anhang I Punkt 5.3 Nr. 2).

Bei einem Anschlussflug ist es in der Regel nicht nötig (und auch nicht mehr möglich), das Gepäck am Umsteigeflughafen nochmals einzuchecken. Die Passagiere bekommen am ersten Abflughafen bereits die gesamten Bordkarten. Das Gepäck wird am Umsteigeflughafen direkt verladen. Die Passagiere haben überhaupt keine Einflussmöglichkeit mehr auf ihr Gepäck, ein Sicherheitsrisiko besteht damit nicht.

Deshalb kann Passagier und Gepäck in diesen Fällen ausnahmsweise auch getrennt befördert werden.

Fazit: Es genügte im vorliegenden Fall also, dass sich die Reisenden rechtzeitig vor dem Ende des Einstiegsvorgangs am Flugsteig befanden. Die Fluggesellschaft war somit nicht berechtigt, die Beförderung zu verweigern und ist folgerichtig zum Schadensersatz verpflichtet.

Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie stärkt erneut die Rechte der Passagiere und steht im Einklang mit der bisherigen kundenfreundlichen Rechtsprechung auch des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Beide hatten die gleichen Entschädigungsleistungen aus der EG Verordnung bereits auf verspätete Flüge ausgeweitet (BGH v. 18.02.2010, Az.: Xa ZR 95/06).

Rechtsanwalt Andreas Holzer, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Tel. (0351) 80 71 80, holzer@dresdner-fachanwaelte.de

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