Eichsiegel am Traffiphot S nicht geprüft - Freispruch

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Dem Mandanten war eine innerörtliche Geschwindigkeitsüberschreitung um 28 km/h vorgeworfen worden. In der Gerichtsverhandlung wurde der eingesetzte Messbeamte auf Antrag der Verteidigung als Zeuge vernommen. Er sagte aus, er habe nach der Messung nur diejenigen Eichsiegel am Traffiphot S auf Unversehrtheit überprüft, die leicht zugänglich waren. Schwer zugängliche Siegel habe er nicht überprüft. Daraufhin entschied sich der Richter, den Mandanten freizusprechen (AG Aurich, Urteil vom 14.10.20, 6 OWi 210 Js 14352/20 (133/20)). Grund für den Freispruch ist die gesetzgeberische Vorgabe (MessEG), dass nur gültig geeichte Messgeräte verwendet werden dürfen. Also Geräte, deren Eichsiegel zum Zeitpunkt der Messung - nachweislich - unversehrt sind. Diesen Nachweis konnte die Behörde hier nicht führen.

Im Einzelnen:

Die Einhaltung der Vorgaben des MessEG (u. a. § 37 II Nr. 4 MessEG) ist in Bezug auf die Überprüfung der Eichung des Messgerätes nur dann gewährleistet, wenn nachgewiesen ist, dass zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Messung alle Eichsiegel vom Messbediensteten auf ihre Integrität hin überprüft wurden.

Das seit 01.01.15 geltende MessEG verschärft – den Vorgaben des Gesetzgebers folgend – u. a. die Anforderungen an die Handhabung der Eichvorschriften zugunsten des rechtlichen Gehörs des Betroffenen (Transparenzgebot):

‚Absatz 2 führt die Regelung des § 13 Absatz 1 EO in veränderter Form fort. So wird insbesondere in Nummer 1 neben den schon bislang zu berücksichtigenden Verkehrsfehlergrenzen auch die Verletzung wesentlicher Anforderungen neu aufgenommen. Dies ist konsequent, um einen ungeprüften Weiterbetrieb solcher Messgeräte im Interesse der Messrichtigkeit und Messbeständigkeit zu unterbinden, die wesentliche Anforderungen (siehe § 6 Absatz 2) nicht mehr erfüllen.‘

Zit. aus Deutscher Bundestag – Gesetzesentwurf zum MessEG - Drucksache 17/12727, S. 47

Die damit § 37 II Nr. 4 MessEG zu entnehmende Obliegenheit der Behörde, den Nachweis darüber zu führen, dass zum Zeitpunkt der Messung alle Eichsiegel unversehrt waren (Hollinger, MessEG, 2015, § 37 Rdn. 6), wurde bislang nicht geführt und kann nur durch Vernehmung des Messbediensteten geführt werden.

Ein pauschaler Hinweis, es seien Eichsiegel geprüft, ist insoweit irrelevant, als dass unklar ist, wann, wo und welche Eichsiegel vom Messbediensteten geprüft wurden und ob dieser Kenntnis von der jeweiligen Position der unterschiedlichen Siegel (und Plomben) hat.

 Soweit der Messbedienstete nicht alle Eichsiegel pflichtgemäß auf ihre Unversehrtheit hin prüfte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein oder mehrere Siegel gebrochen waren, diese Vorgabe des MessEG somit verletzt wurde.

 Falls diese Vorgabe jedoch verletzt wurde, darf die Messung gem. § 37 II Nr. 4 MessEG  nicht verwertet werden, zumal nicht gewährleistet – ergo nachgewiesen - ist, dass alle Eichsiegel unversehrt waren.

Foto(s): RA Spangenberg

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