Eigenbedarfskündigung

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Eigenbedarfskündigung unzulässig bei weit überhöhtem Mietbedarf


Ist die Kündigung eines Mietvertrages über eine 120 Quadratmeter große Wohnung für eine Berufsanfängerin zulässig? Das Landgericht Berlin fällte hierzu ein Urteil.


Es ist sehr wichtig für Vermieter die Möglichkeit einer Eigenbedarfskündigung bei unbefristeten Verträgen zu haben.

Benötigt der Vermieter die Wohnung selbst, will er ohne größere rechtliche Hürden sein Eigentum wieder nutzen können.

Die Eigenbedarfskündigung für ein volljähriges Kind zur Gründung eines eigenen Hausstandes ist grundsätzlich möglich. 

Bei der Kündigung einer 4- Zimmer Wohnung (120 m²) für eine junge Berufsanfängerin kann dies jedoch zumindest fraglich sein. 

Im vorliegenden Fall ging es um nachfolgenden Sachverhalt:

Der Vermieter machte für seine Tochter Eigenbedarf geltend und kündigte den Mietern das Mietverhältnis aus diesem Grunde fristgerecht. Die Tochter möchte aus dem elterlichen Hause ausziehen und einen eigenen Hausstand gründen. Zwar stünden noch zwei kleinere, ebenfalls vermietete,  Wohnungen im Hause des Vermieters zur Verfügung. Diese seien aber im Erdgeschoß gelegen, was zu gefährlich für die junge Frau sei. Erst später wurde vorgetragen, dass die junge Frau einen Freund habe und mit diesem mittelfristig die Gründung einer Familie plane.

Die Mieter halten den Wohnbedarf der junge Frau für viel zu hoch: eine junge Berufsanfängerin benötige keine 4-Zimmerwohnung. Außerdem sei der Eigenbedarf nur vorgeschoben, weil es bereits diverse Mietstreitigkeiten gab und die Mieter für die (bisher unsanierte) Wohnung nur eine geringe Miete zahlen würden. Da die Mieter nicht auszogen, erhob der Vermieter eine Räumungsklage.

Urteil 1. Instanz entschied: Mieter müssen ausziehen

Das zustände Amtsgericht sah das Mietverhältnis aufgrund der Eigenbedarfskündigung als begründet an und gab der Räumungsklage des Vermieters statt. Die Mieter legten gegen dieses Urteil fristgerecht Berufung ein. 

Urteil 2. Instanz urteilte: Mieter dürfen bleiben

Das Berufungsgericht dagegen hielt zwar den Eigenbedarf der inzwischen 21-Jährigen für gegeben. Allerdings liege im konkreten Fall ein weit überhöhter Wohnbedarf vor, der eine Eigenbedarfskündigung nicht rechtfertigen könne. Eine Befragung der Tochter hatte ergebe, dass diese lediglich die Mitnahme eines Bettes, Schrankes und Schreibtisches aus ihrem bisherigen Kinderzimmer plane. Weitere Gedanken über die zukünftige Ausstattung der Wohnung habe sie sich noch nicht gemacht. Insgesamt werde der Eigenbedarf in diesem konkreten Fall nicht von „rechtlich billigungswerten" Erwägungen getragen.

Fazit: ein geltend gemachter Eigenbedarf muss stets plausibel dargelegt werden und vernünftig erscheinen. Lassen Sie sich vor Ausspruch der Kündigung rechtlich beraten. 

Sämtliche relevante Gründe sind bereits im Kündigungsschreiben darzustellen. Denn weitere Umstände werden nur berücksichtigt, wenn sie später entstanden sind (§ 573 Abs. 3 BGB).

LG Berlin, Urteil vom 20.01.2021, AZ 64 S 50/20


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