Endometriose und Schwerbehinderung

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Endometriose, ist eine Erkrankung unter der viele Frauen leiden ohne etwas darüber zu wissen. Vielleicht auch aus diesem Grunde, erfährt diese Erkrankung noch immer wenig Aufmerksamkeit. 

Die Endometriose zählt zu den häufigsten gutartigen gynäkologischen Erkrankungen und betrifft Frauen im reproduktiven Alter.  Die geschätzte Prävalenz liegt bei 5 bis 15 Prozent. Als Endometriose wird das ektope Vorkommen endometriumartiger Zellen außerhalb der Gebärmutterhöhle bezeichnet. Diese kann im gesamten Genitalbereich, sowie außerhalb des Genitalbereichs vorkommen. Die häufigste Lokalisation stellt der Darm dar.

Die Symptome können vielfältig sein und von beschwerdefrei bis zu starken Schmerzen reichen. Die Beschwerden sind oft zyklisch und abhängig von der Lokalisation der Herde. Goldstandart in der Diagnostik und histologischen Sicherung eines Endometrioseverdachts ist die Laparoskopie. Indikationen zur laparoskopischen Diagnostik sind Schmerzen, unerfüllter Kinderwunsch und Organdestruktion.


Wird die Endometriose, vielfach nach einem langen Leidensweg, festgestellt, so stellt sich auch die Frage, ob diese Beeinträchtigung der körperlichen Gesundheit und Leistungsfähigkeit schwer- behindertenrechtlich von Relevanz ist.

Versorgungsmedizinisch ist der Grad der Schwerbehinderung in Pkt. 14.5 der Versorgungs-medizinischen Grundsätze geregelt. Danach ist je nach Ausdehnung und Übergreifen der Endometriose auf Nachbarorgane von einem Grad der Behinderung (GdB) von 10 bis 60 auszugehen. 

Fraglich ist allerdings, wie eine diagnostizierte Endometriose unter versorgungs-medizinischen Gesichtspunkten zu bewerten ist. Gerade bei jungen Frauen, die ansonsten gesund sind, wird die Endometriose von den zuständigen Versorgungsämtern häufig nicht ernst genommen und nur  ein geringer Grad der Behinderung anerkannt, obwohl die Schmerzen und damit verbundenen Beeinträchtigungen erheblich sind. Dies liegt sicher auch daran, daß für viele Betroffene der Nachweis des Organbefalls, einer möglichen Sterilität und der daraus resultierenden Schmerzen schwer zu erbringen ist.


Um so wichtiger ist es für die Begründung des Antrags auf Schwerbehinderung, bzw. im Widerspruchs- oder Klageverfahren anhand der vorliegenden Arztbefunde dem zuständigen Versorgungsamt das Ausmaß der Endometriose, die Lokalisation und die Tiefe der Infiltration nachzuweisen.

Über die Einteilung der Endometriose in unterschiedliche Schweregrade besteht international kein Konsens. Am weitesten verbreitet sind die AFS-Stadien „minimal“, „mild“, „moderat“ und „schwer“ der American Society for Reproductive Medicine (ASRM, früher AFS).

Daneben gibt es die Stadieneinteilung ENZIAN der Stiftung Endometriose-Forschung.

Mit der Einführung der ENZIAN- Einteilungen wurde eine Klassifikation vorgestellt, die insbesondere die tiefinfiltrierende Endometriose mit der typischen retroperitonealen Manifestation berücksichtigt. In Anlehnung an onkologische Stadieneinteilungen wurde eine Einteilung in vier Schweregrade gewählt, die mit drei Raumachsen zur Lokalisation der Erkrankung erweitert wurde. Die ENZIAN Einteilung versteht sich als eine Ergänzung zu dem amerikanischen rAFS System, das sich lediglich auf die intraperitoneale Manifestation anwenden lässt. Deshalb werden in Arztbefunden im Rahmen der Diagnose meist beide Bewertungen angeführt.

Gerade das ENZIAN System macht es der Betroffenen, bzw. Ihrem Rechtsvertreter recht leicht, die Lokalisation der Endometriose und die Tiefe der Infiltration nachzuweisen. Das ist notwendig, um im Rahmen eines Antrags auf Anerkennung einer Schwerbehinderung, den Grad der Behinderung überzeugend nachweisen zu können. 

Will man also im Rahmen der Begründung des Grades der Schwerbehinderung die Ausdehnung und Infiltration objektiv darlegen, so sollte man zunächst schauen, welche Diagnose nach rAFS und ENZIAN von Seiten der behandelnden Ärzte angeführt wurde. Insbesondere die ENZIAN-Klassifikation, die man auch leicht googeln kann, zeigt ganz eindeutig die Lokalisation  und das Stadium der Endometriose. Ist das einmal nachgewiesen, so ist es zum validen Nachweis des zutreffenden Grades der Schwerbehinderung kein weiter Weg mehr.


Soweit man sich in das, wie eingangs angemerkt, nicht sehr bekannte Krankheitsbild der Endometriose einlesen will, so bietet der Beitrag im Deutschen Ärzteblatt 2010, 446-55: „Diagnose und Therapie der tiefinfiltrierenden Endometriose“ auch für medizinische Laien einen guten Überblick. Daneben  kann auch die Interdisziplinäre S2k-Leitlinie für die Diagnostik und Therapie der Endometriose viele Fragen beantworten.

Prof. Dr. Jürgen Samland, Rechtsanwalt



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