Schwerbehinderung : Feststellungsverfahren

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Nach der gesetzlichen Definition des Sozialgesetzbuches (SGB) IX sind Menschen mit Behinderungen solche, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate hindern können.

Diese klobige Definition ist Grundlage des Schwerbehindertenrechts, in dem es vielen Menschen vor allem darum, geht einen Schwerbehindertenausweis zu erlangen, der dann wiederum Grundlage von Vergünstigungen sein kann. Bitte beachten Sie hierzu meine Veröffentlichung mit dem Titel >> Schwerbehinderung: Vergünstigungen durch Merkzeichen/Nachteilsausgleiche.

Viele Erleichterungen hängen allerdings tatsächlich daran, dass Menschen nicht "nur" behindert mit einem Grad der Behinderung - GdB - von 20-40, sondern schwerbehindert sind. Dies ist der Fall bei einem GdB von mindestens 50, bis maximal 100.

In diesem Fall kann die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie gegebenenfalls von besonderen Nachteilsausgleichen/Merkzeichen beantragt werden.

Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. 

Die medizinische Feststellung trifft nicht die Behörde, sondern der/die von der Behörde beauftragte Sozialmediziner/Sozialmedizinerin. Diese wird den Antragsteller in seltenen Fällen selbst untersuchen, meistens erfolgt die Begutachtung nach Aktenlage. Entsprechend ist es bereits im Antragsverfahren wichtig, sämtliche behandelnden Ärzte anzugeben, damit die Behörde von dort Befunde anfordern kann, die dann wiederum Grundlage der Begutachtung sein werden. 

Im Widerspruchsverfahren wird sodann im Rahmen der Akteneinsicht zu überprüfen sein, ob die Behörde sich tatsächlich an die benannten Ärzte gewandt hat und insofern alle notwendigen Befunde eingeholt wurden.

Da nur die wenigsten schwerbehinderten Menschen eine einzige Erkrankung haben, muss jede Beeinträchtigung einzelnen mit einem Einzelgrad der Behinderung bewertet werden. Der Gesamtgrad der Behinderung ist dann allerdings nicht die Summe der Einzelgrade, sondern Ergebnis einer ärztlichen Gesamtbetrachtung.

Juristisch besonders relevant sind die Fälle, in denen der Antragsteller eine Schwerbehinderung festgestellt haben will, aber lediglich ein Grad der Behinderung von 30 oder 40 festgestellt wurde oder die Fälle der Herabstufung nach Heilungsbewährung bei überstandenen Krebserkrankungen. 

Gegen eine derartige Feststellung ist der Widerspruch oder die Klage binnen Monatsfrist statthaft. Gerade in Schwerbehindertenverfahren hat die Erfahrung gezeigt, dass die im Widerspruchsverfahren getroffenen Feststellungen der Behörde anfechtbar sind, sodass es häufig im Klageverfahren zur Feststellung der gewünschten Schwerbehinderung kommt. 

Insofern sollte man sich stets frühzeitig innerhalb der Frist von einem Monat zur Widerspruchserhebung oder Klageerhebung an eine/n kompetente/n Fachanwält/in im Sozialrecht wenden, um die behördliche Feststellung überprüfen zu lassen.




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