Entgelttransparenzgesetz - Gut gemeint, leider unterschätzt?

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Am 06.07.2017 ist das Entgelttransparenzgesetz (kurz: EntgTransG) in Kraft getreten. Hiermit sollte die gesetzliche Grundlage des Grundsatzes "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" geschaffen werden und damit die ungleiche Entlohnung der Frauen im Verhältnis zu vergleichbaren männlichen Beschäftigten geschaffen werden. 

§ 7 Entgeltgleichheitsgebot

Bei Beschäftigungsverhältnissen darf für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts.

Was als gute Absicht des Gesetzgebers zu werten ist und sicherlich seinen Teil in der Gleichberechtigung der Frauen in der Berufswelt beiträgt, fristet m.E. eher ein Schattendasein, welches sich nur schwer erklären lässt.

Mag es daran liegen, dass es letztlich nur bei Arbeitgebern zur Anwendung gelangt, welche mehr als 200 Arbeitnehmer/ -innen beschäftigen? Oder ist es einfach die "Angst" der Arbeitnehmerinnen vor Sanktionen und Repressalien des Arbeitgebers als Folge der Geltendmachung.

Fakt ist jedenfalls: Der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit hat - auch in den großen Betrieben - u.E. noch keine ausreichende Berücksichtigung. Da der Anspruch aber grds. aktiv von der Arbeitnehmerin geltend zu machen ist, kann sich der Arbeitgeber zunächst gemütlich zurücklehnen. 

Sind Betriebe tarifgebunden oder findet ein Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, ist der Adressat des Auskunftsverlangens der gewählte Betriebsrat. Nur bei Arbeitsverhältnissen, auf die kein Tarifvertrag Anwendung findet oder kein Betriebsrat gewählt ist, muss sich die Arbeitnehmerin mit dem Auskunftsverlangen unmittelbar an den Arbeitgeber bzw. die Personalabteilung wenden.  

Insbesondere die 2. Vorgehensweise bereitet den Arbeitnehmerinnen aus den o.g. Gründen Bauchschmerzen. Dies ist nur bedingt begründet. Natürlich begründet das Auskunftsverlangen keine "neue Freundschaft" mit dem Arbeitgeber. Führt man sich aber vor Augen, welche Auswirkungen eine ungleiche Entlohnung hat, wird wohl jeder sich mal die Frage stellen, ob dies nicht die Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber wert ist.

Eins vorab: Die Geltendmachung von Rechten ist kein Kündigungsgrund. 

Insbesondere bei Arbeitsverhältnissen, auf die aufgrund der Betriebsgröße und des mehr als 6 monatigen Bestandes das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet - dies wird in diesen Fällen regelmäßig der Fall sein - gibt es keine rechtliche Grundlage für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Es ist dem Arbeitgeber sogar verboten, die Arbeitnehmerin für die Ausübung Ihrer Rechte zu maßregeln.

Auf die aufgrund der Ungleichbehandlung entstehenden Differenzansprüche finden auch keine vertraglichen oder tarifvertraglichen Ausschlussklauseln Anwendung, so dass diese bis zur Grenze der gesetzlichen Verjährung ( 3 Jahre ab Ablauf des Jahres in dem sie enstanden sind) gefordert werden können. 

Bspl.: Ihr Arbeitgeber zahlt Ihnen monatlich 100 € Euro weniger als einem vergleichbaren männlichen Arbeitnehmer. Klagen Sie den Anspruch im Dezember 2023 ein, können Sie grds. rückwirkend bis Januar 2020 den Anspruch geltend machen, ohne dass dieser verjährt ist, somit für 48 Monate (Januar 2020 bis Dezember 2023). Dies sind dann 4.800,00 € und die Feststellung, dass Ihr Arbeitgeber auch zukünftig diesen Betrag zu zahlen hat. 

In unserer Praxis erleben wir ungleiche Zahlungen von 1.000,00 € monatlich und mehr, so dass es Ansprüche sind, die auch mal über die 50.000,00 € in diesem Zeitraum hinaus gehen.

Frau wird hier also durchaus ein Instrument an die Hand gegeben, das nicht zu unterschätzen ist. Der Weg Betriebsrat, in die Personalabteilung oder zum Fachanwalt für Arbeitsrecht kann sich lohnen oder im wahrsten Sinne des Wortes "auszahlen".



Weitere Infos erhalten Sie in dem Podcast:

https://mamalapapp.podigee.io/65-neue-episode


Rechtsanwalt

Oliver Stemmer

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fachanwalt für Sozialrecht


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Dr. Conradis Jansen Reinecke Holtmann Klerks Stemmer

Foto(s): Oliver Stemmer

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