Entscheidungen des BGH vom 16.11.22, Pfando gewinnt und verliert dennoch

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Pfando gewinnt und verliert dennoch – klare Erfolgsaussichten für die Pfando Kunden auch zu den neuen cash & Drive Verträgen, im Regelfall sittenwidrige Verträge wegen Wuchers

Der Bundesgerichtshof hat mit den Urteilen vom 16.11.2022, Az. VIII ZR 221/21, VIII ZR 288/21, VIII ZR 290/21 und VIII ZR 436/21 über Revisionen zu dem alten sale-and-rent-back Vertragsmodell der Firma Pfando Cash & Drive GmbH entschieden. 

Es ging um eine Vertragsgestaltung, welche von Pfando bis September 2020 für den Ankauf und die Rückvermietung von PKW verwendet wurde. Die Verträge enthalten in § 13 oder § 16 des Mietvertrages ein Versteigerungsverfahren, so dass Pfando gegenüber den Kunden behaupten konnte, der Kunde behielte sein Auto, weil er an der Versteigerung teilnehmen könne und sein Auto zurück erwerben könne. Für den Fall, dass ein Dritter den Zuschlag in der Versteigerung erhielt, sollte der Kunde den Mehrerlös, also die Differenz zwischen den noch an Pfando zu zahlenden Mieten, den Kosten des Versteigerungsverfahrens und weiterer Forderungen von Pfando erhalten. Daraus leiteten einige Oberlandesgerichte ab, dass der Kunde bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise Eigentümer des PKW bleibt und ein Verstoß gegen § 34 Abs. 4 GewO vorliege, der zur Nichtigkeit nach § 134 Abs 1 BGB führe.

Der Bundesgerichtshof hatte am 16.11.2022 über vier Urteile der Oberlandesgerichte zu befinden und zwar über die zu Gunsten der Kunden von Pfando ergangenen Urteile der Oberlandesgerichte Frankfurt am Main, Az. 2 U 116/20, Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 2 U 125 / 20, Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 2 U 112/20 und Oberlandesgericht Hamm,  I-18 U 105 / 20.

Zwar hat der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen vom 16.11.2022, Az. VIII ZR 221/21, VIII ZR 288/21, VIII ZR 290/21 und VIII ZR 436/21 keine Rückkaufhandel und keinen Verstoß gegen die Gewerbeordnung angenommen ( Verbot des Rückkaufhandels in § 34 Abs. 4 GewO ). Allerdings hat der Bundesgerichtshof insbesondere in der Entscheidung vom 16.11.20222, Az. VIII ZR 436/21 auch klar gemacht, dass es sehr viele Anhaltspunkte für einen Wucher gibt und das Urteil des OLG Hamm deshalb auch bestätigt. Der Bundesgerichtshof ging von einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aus, weswegen vermutet wird, dass Pfando mit verwerflicher Gesinnung handelte. Interessant ist, dass in der Entscheidung des OLG Hamm keine Feststellungen zu dem subjektiven Tatbestand getroffen wurden und der BGH die Einordnung des Geschäftes als gem.  § 138 Abs. 1 BGB nichtig gehalten hat, ohne, dass das OLG Hamm Feststellungen dazu getroffen hatte, dass der Kunden von Pfando in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt war.

In der inzwischen vorliegenden Begründung des Urteiles vom 16.11.2022, VIII ZR 436/21 weist der Bundesgerichtshof darauf hin, dass bei der Prüfung, ob ein wucherähnliches Geschäft vorliegt, nicht nur der Fahrzeugwert des Fahrzeuges des Kunden zu berücksichtigen ist, sondern auch die Verpflichtung des Kunden zur Zahlung der Mieten in der festen Mietzeit von 6 Monaten und bei dem alten sale-and-back-Modell auch der Wertverlust an dem Fahrzeug während der Mietzeit.

Die Bedeutung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs liegt darin, dass auch bei der Prüfung, ob im neuerdings verwendeten Nachfolgemodell Cash & Drive der objektive Tatbestand eines sittenwidrigen Geschäftes gemäß § 138 Abs. 1 BGB erfüllt ist, die Verpflichtung zur Zahlung der Mieten an die Firma Pfandos Cash & Drive GmbH zu berücksichtigen sein wird. Dies führt in den allermeisten Fällen ebenfalls dazu, dass von einem groben oder sogar besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auszugehen sein wird.

Dies führt dazu, dass die Entscheidung des BGH vom 16.11.2022, Az. VIII ZR 436/21 gerade auch für die neuen seit Oktober 2020 verwendeten Verträge von Pfando klare rechtliche Anhaltspunkte  für das Vorliegen von Wucher und Sittenwidrigkeit der Verträge liefert. In der Masse der Verträge, die die Firma Pfando´s Cash & Drive GmbH bzw. Pfando GmbH in den letzten Jahren geschlossen haben liegt der Mietzins zwischen 8,8 % und 11,1 % des von Pfando GmbH an den Kunden bezahlten Kaufpreises und der von Pfando gezahlte  Kaufpreis liegt nach den Erfahrungen des Autors nur bei max. 60 % des Händlereinkaufswertes. Dies führt rein arithmetisch in den meisten Fällen dazu, dass von einem besonders groben oder zumindest groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auszugehen sein wird. 

Damit wird vermutet, dass die Geschäftsführung von Pfando mit verwerflicher Gesinnung handelte. Sehr häufig wird das Geschäft sittenwidrig und nichtig sein. Nichtig ist dann auch die Übereignung und der Kunde ist Eigentümer des Fahrzeuges geblieben.

Daher spielt es praktisch keine allzu große Rolle, dass es sich nach Ansicht von Pfando  immer um Einzelfallentscheidungen handeln würde. 

Praktisch problematisch sind noch die Fälle, in denen Pfando das Fahrzeug den Kunden bereits entwendet hat und den Kunden der Nachweis des Wertes des Fahrzeugs durch fehlende Beweisbarkeit des genauen Zustand des Fahrzeugs erschwert wird. Hier kann man nur hoffen, dass die Gerichte dem Umstand, dass die Fahrzeuge der Kunden im Regelfall unter Anwendung einer rechtswidrigen Wegnahmeklausel entwendet werden bei der Beweiswürdigung berücksichtigen werden.

In der Konsequenz besteht auch gegen die Händler, die die Fahrzeuge von Pfando kaufen oder gegen die Kunden der Händler in den Fällen, in denen die PKW den Kunden entwendet wurden ein Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs oder ein Schadensersatzanspruch besteht, denn ein gutgläubiger Erwerb an abhandengekommenen Fahrzeugen ist nach § 935 BGB nicht möglich.

Kunden von Pfando ist dringend zu raten, den genauen Zustand des Fahrzeuges zu dokumentieren, bevor es zum Streit mit Pfando kommt und den Wagen gegen Wegnahme zu sichern. Es kommt auch in Betracht, vorsichtshalber ein kurzes Wertgutachten durch einen Fahrzeuggutachter anfertigen zu lassen. Dabei kann zunächst auf eine Begründung des Gutachtens verzichtet werden, was die Kosten eines solchen Gutachtens gering hält. Vor allem aber sollte man das Fahrzeug gegen Wegnahme sichern. 

Ich empfehle den Betroffenen des Vertragsmodells beim Autor Rat zu diesem Punkt einzuholen.

Außer meiner Kanzlei hat insbesondere auch Herr Rechtsanwalt Dr. Holger Schilling, Erfurt bereits große Erfahrungen in der Bearbeitung der Pfando Fälle gesammelt, der ebenfalls seit 2018 mit der Materie befasst ist. 



Stephan Lengnick

Rechtsanwalt


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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