Entscheidungsserie des LG Nürnberg-Fürth im Abgasskandal: Geschädigte sollten jetzt handeln!

  • 3 Minuten Lesezeit

Bundesweite Entscheidungen gegen die Volkswagen AG

Die Rechtsprechung dreht sich zugunsten der vom Dieselskandal betroffenen Autobesitzer. Bundesweit geben immer mehr Gerichte den Geschädigten Recht. Eine Schadensersatzverpflichtung der Volkswagen AG wird hierbei meistens auf die Generalklausel des § 826 BGB wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung gestützt. 

In diesem Sinne entschieden beispielsweise das LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017, 3 O 139/16, das LG Osnabrück, Urteil vom 28.06.2017, 1 O 29/17, das LG Offenburg, Urteil vom 12.5.2017, 6 O 119/16; das LG Kleve, Urteil vom 31.03.2017, 3 O 252/16, das LG Arnsberg, Urteil vom 14.06.2017, 1 O 227/16, das LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 17.07.2017, 13 O 174/16, das LG Baden-Baden, Urteil vom 27. 04.2017, 3 O 163/16, das LG Karlsruhe, Urteil vom 22.03.2017, 4 O 118/16, das LG Bochum, Urteil vom 29.12.2017, I-6 O 96/17, das LG Würzburg, Urteil vom 23.02.2018, 71 O 862/16 und das LG Trier, Urteil vom 20.06.2018, 5 O 12/18.

Urteilsflut des LG Nürnberg-Fürth gegen VW

Besonders verbraucherfreundlich ist derzeit die ständige Rechtsprechung des Landgerichts Nürnberg-Fürth. Das Gericht stützt seine Entscheidungen nicht auf eine „nur“ vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, sondern spricht vielmehr sogar in aller Deutlichkeit von einem vollendeten Betrug. 

Bereits mit sieben Urteilen vom 27.04.2017, 9 O 7324/16, 9 O 3631/16, 8 O 3707/16, 8 O 6196/16, 8 O 5990/16, 8 O 6120/16 und 8 O 2404/16 verurteilte das LG Nürnberg-Fürth die Volkswagen AG daher gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB auf Schadensersatz. 

Die Entscheidungsserie setzte sich zuletzt mit den Urteilen des LG Nürnberg-Fürth vom 05.06.2018, 9 O 1916/17, sowie vom 19.06.2018, 9 O 1468/17 und 9 O 2134/17 fort. Interessant sind insbesondere die Feststellungen des Gerichts, dass mangels hinreichend konkreter Darlegungen der Beklagten davon auszugehen sei, dass der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsgemäß berufener Vertreter der Volkswagen AG die Anordnung traf, die streitgegenständliche Manipulationssoftware in dem Motor EA 189 einzubauen und dies geheim zu halten. Damit hat das Gericht auch der Strategie von VW, von nichts gewusst zu haben, völlig zu Recht eine klare Absage erteilt.

Verjährung zum 31.12.2018 – „Sammelklagen“ könnten zum Eigentor werden

Gerade Betroffene aus dem Nürnberger Raum sollten also nicht zögern, ihre Ansprüche durchzusetzen. Die Uhr tickt unaufhaltsam. Bereits mit Ablauf des 31.12.2018 werden Schadensersatzansprüche gegen die Volkswagen AG verjähren und sind danach nicht mehr durchsetzbarVerbraucher bangen daher um ihre Rechte und sind deshalb teilweise geneigt, sich vermeintlich unkomplizierten, sogenannten „Sammelklagen“ anzuschließenHierbei wird insbesondere versucht, im Wege von Abtretungskonstruktionen die Ansprüche auf Zweckgesellschaften zu bündeln, wobei immer mit einer kostengünstigen und völlig risikolosen Rechtsdurchsetzung geworben wird. Tatsächlich bergen derartige Massenverfahren jedoch insbesondere auch ganz erhebliche Verjährungsrisiken.

Wir hatten bereits vor einiger Zeit die rechtliche Zulässigkeit von Abtretungskonstruktionen bezweifelt. Unsere Zweifel sind nunmehr leider in einem durch eine bekannte „Sammelklägerin“ vor dem LG Braunschweig geführten Verfahren zum Az.: 3 O 2423/17 bestätigt worden. Das Gericht äußerte dort bereits mit Zustellung der Klage Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Abtretung der Forderungen. Das durch die Anwälte der „Dienstleisterin“ angestrengte Ablehnungsgesuch wurde durch das LG Braunschweig zurückgewiesen. Zur Begründung führte das Gericht unter anderem an, dass ein Gericht dem Kläger entsprechende Hinweise zu erteilen habe, sobald sich aus dem Vorbringen der Klägerseite selbst Zweifel hinsichtlich des Bestehens der Klageforderung ergeben. 

Ein entsprechender Hinweis war auch wegen der Verjährungsproblematik geboten. Wenn die Abtretung unwirksam ist, hat die Klage keinerlei verjährungshemmende Wirkung. Mit Ablauf des 31.12.2018 sind die Ansprüche der Geschädigten sodann verjährt, obgleich sie darauf vertraut haben, dass für sie ja alles erledigt wird. Denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits in seinem Urteil vom 29.10.2009, Az.: I ZR 191/07, entschieden, dass im Falle einer unwirksamen Abtretung die Klage eines –  sodann ja – Nichtberechtigten gerade nicht zu einer Hemmung der Verjährung führt.

Es zeigt sich also, dass „Sammelklagen“, insbesondere wegen der bereits mit Ablauf des 31.12.2018 eintretenden Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen die Volkswagen AG, nicht unerhebliche Risiken bergen, wobei auch die geplante Musterfeststellungsklage kein geeignetes Mittel zur fristgemäßen Rechtsdurchsetzung ist. 

Betroffene sollten ihre individuellen Ansprüche besser mit Hilfe eines auf dem Gebiet des Verbraucherschutzrechts fachkundigen Rechtsanwalts zeitnah durchsetzen. Wir bieten Ihnen die Möglichkeit einer kostenlosen und für Sie unverbindlichen Ersteinschätzung an. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Marcus Hoffmann

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten