Erben und Testament in Bulgarien

  • 9 Minuten Lesezeit

Das bulgarische Erbgesetz (EG) regelt das Erben durch Testament. Darunter ist eine unilaterale Verfügung des Erblassers von Todes wegen. Art. 15 EG untersagt unmissverständlich, dass das Testament nicht in Form eines Vertrags, aus dem hervorgeht dass sich Personen sich beiderseitig als Alleinerben einsetzen oder eines Dritten als solchen bestimmen. Für den Fall, dass einer der bereits genannten Voraussetzungen vorliegen, wird das Testament angesichts der Rechtswidrigkeit gem. Art. 26 I des Gesetzes über Schuldverhältnisse und Verträge für nichtig erklärt.

Damit einer Person rechtlich in der Lage ist, ein Testament zu errichten (testierfähig), sollten folgende Voraussetzungen gem. Art. 13 EG erfüllt werden:

  1. Personen, die beim Aufsetzen des Testaments bereits volljährig sind,
  2. Personen, die infolge einer psychischer Beeinträchtigung der Geschäftsfähigkeit sich in einer Anstalt, in der Personen unter Entziehung der Freiheit untergebracht sind,
  3. Personen, die ordentlich handeln können.

Das bulgarische Erbrecht gibt dem Erblasser die Gelegenheit, sein gesamtes Erbe schon zu Lebzeiten aufzuteilen. Vorbehalte sind gem. Art. 28 I i. V. m. 14 EG für den Pflichtteil der Verwandten ersten Grades – Abkömmlinge und Eltern sowie Ehegatten vorgesehen. Schenkungen oder letztwillige Verfügungen haben keine Beeinträchtigung auf dem Pflichtteil, sondern nur auf dem Hab und Gut des Erblassers, der gem. Art. 28 II EG über diesen Pflichtteil hinausgeht, d. h. der Teil, der frei verfügbar ist. Der Umfang diesen Pflichtteils für den Erben wird nach den von Art. 29 EG aufgestellten Bedingungen bestimmt.

Des Weiteren wird zwischen allgemeinen letztwilligen Verfügungen und Vermächtnisse unterschieden. Diese Verfügungen liegen vor, wenn Personen sich als Erben qualifiziert, indem den gesamten Nachlass oder einen Bruchteil davon zu deren Vorteil bestimmt ist. Vermächtnis im Sinne des Gesetzes dagegen definiert man als bestimmtes Vermögen, welches zum Vorteil gewisser Personen (Vermächtnisnehmer) ausgelegt wird. Diese Abgrenzung hat eine große Funktion hinsichtlich der Fristbestimmung gem. Art. 17 EG, Verminderung der letztwilligen Verfügungen (s.u.) sowie der Haftung der Erben oder Vermächtnisnehmern den Gläubigern gegenüber. Nach bulgarischem Erbrecht sind zwei Formen für das Testament vorgesehen – das öffentliche, in Form der notariellen Beurkundung, oder das eigenhändig erstellte Testament.

  1. Der Begriff des öffentlichen Testaments erfordert die Niederlegung vor einem bulgarischen Notar und in Anwesenheit, gem. Art. 24 I EG, von zwei Testamentzeugen. Als Zeugen ausgeschlossen sind nur in Art. 584 der bulgarischen ZPO erwähnten Personen – z. B. nicht geschäftsfähige, Analphabeten, an dem Rechtsverfahren Beteiligten oder befangene Personen. Des Weiteren ist auch eine bestimmte Vorgehensweise von der Gesetzgebung vorgesehen – der Wille wird dem Notar gegenüber mündlich erklärt, schriftlich festgehalten und in Anwesenheit der Zeugen verlesen. All diese Förmlichkeiten, einschließlich Datum und Ort, werden vom Notar festgehalten, gefolgt von der Gegenzeichnung der Beteiligten, Art. 24 II EG.
  2. Die zweite Form, in welcher in Bulgarien ein Testament gesetzeskonform existieren kann, ist das eigenhändig geschriebene Testament. Dieses sollte eine von dem Erblasser handgeschriebene Erklärung, Erstellungsdatum und Unterschrift enthalten. Nach der Erstellung kann das Testament bei dem Erblasser, Notar oder einem Dritten hinterlegt werden. Wenn dies bei dem Notar erfolgt, wird das handgeschriebene Dokument in einem verschlossenem Umschlag übergeben und ein Protokoll darüber erstellt, welcher von dem Erblasser gegengezeichnet wird. Gem. Art. 25 II EG wird die Erstellung dieses Protokolls im Register festgehalten und kann nur vom Erblasser zurückgezogen werden (es besteht keine Möglichkeit einen Dritten dazu zu bevollmächtigen!).

Bekanntgabe eines eigenhändig geschriebenen Testaments

Gem. Art 27 I EG hat die Person, bei welcher das Testament hinterlegt war, die Pflicht, die Bekanntgabe durch einen Notar zu fordern. Absatz 2 gewährt jedem Beteiligten die Möglichkeit, die Bekanntgabe des Testaments bei dem zuständigen Richter zu beantragen, wobei der Richter dem Notar eine angemessene Frist für die Bekanntgabe setzt. Die in Abs. 2 erwähnten Bedingungen werden jedoch in der Praxis selten umgesetzt, da zum einen die Nichterfüllung keine Konsequenzen nach sich zieht und die Gewährleistung der Bekanntgabe eher einen moralischen Charakter trägt.

Die Bekanntgabe an sich wird von Notar durchgeführt, wobei ein weiteres Protokoll ausgestellt wird, in welchem Zustand und Eröffnen des Testaments festgehalten werden. Dieses wird vom Testamentsvorleger und Notar gegengezeichnet, dem handgeschriebenen Testaments beigefügt und an jeder Seite von denselben Personen unterschrieben.

In den Fällen von Art. 25 II EG, in denen das Testament bei einem Notar hinterlegt wurde, gilt das gleiche Vorgehen, ausgeführt von demjenigen Notar, der das Testament aufbewahrt hat. Er hat die Erben amtlich einzuladen, damit sie die Bekanntgabe einfordern können.

In der Praxis kommen die meisten Schwierigkeiten hervor, wenn die Erben sich ihrer Rechte und Pflichten nicht bewusst sind. Oft entstehen Hindernisse bei beweglichen Sachen, die in keinem Register aufgeführt sind, und Immobilien die vor 2001 erworben (das Jahr in dem, das elektronische Grundbuch/Immobilienregister in Bulgarien eingeführt wurde) oder bereits geerbt wurden.

Eine weitere Hürde entsteht, wenn der Nachlass mehr Verpflichtungen als Rechte nach sich zieht. Für solche Fälle empfiehlt es sich, das Erbe nicht geradewegs anzunehmen, sondern nach dem Nachlassverzeichnis. Dadurch entsteht eine dreimonatige Frist um das Erbe annehmen zu können, ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Erben über den Nachlass. Diese kann sogar zusätzlich um 3 Monate vom zuständigen Richter verlängert werden.

Der grundlegende Unterschied bei der Annahme der Erbe nach dem Nachlassverzeichnis zeigt sich in der beschränkten Haftung gegenüber den Nachlassgläubigern und bei dem Vermächtnisnehmern gem. Art. 60 II EG bis zur Höhe des zuteilgewordenen Nachlasses. Bei dieser Art der Annahme sind auch gewisse Einschränkungen - Verbot zur Veräußerung der beweglichen Sachen bis zu 3 Jahre, für Immobilien – bis zu 5 Jahre, Pflicht zur Verwaltung des Nachlasses, sowie Informationspflicht den Gläubiger und Vermächtnisnehmer gegenüber) vorgesehen. Im Falle eines Verstoßes gegen die bereits genannten Pflichten wird die Haftungseinschränkung zurückgenommen.

Der Inhalt der bulgarischen Gesetzgebung im Bereich des Erbrechts bezeichnet Verfügungen seitens der Erblassers, die er zugunsten einer oder mehreren Personen gegenüber vollzieht. Letztwillige Verfügungen dagegen gelten für gesetzliche Erben sowie auch Dritte.

Um einen Nachlass zu erben, besteht die Bedingung der Erbfähigkeit, wobei natürliche und juristische Personen, sowie der Staat erben können. Im Umkehrschluss nach. Art. 2 EG herrschen testamentarische und gesetzliche Erbfolgen für jenen, die zum bei Eintritt des Erbfalles gezeugt, sowie lebend auf der Welt gekommen sind. Für juristische Personen ist das Erben nach Nachlassverzeichnis nicht möglich. Zudem soll die Gesellschaft bei Eintritt des Erbfalles erfolgreich gegründet und nicht bereits aufgelöst worden sein. Sonderstellung bekommen nach Art. 33 I des Gesetzes über gemeinnützigen Körperschaften nur die Stiftungen, zumal sie auch bei Eintritt des Erbfalles gegründet werden können. Letztwillige Verfügungen sind in den Fällen unwirksam, in den der Erbe vor dem Erblasser verstoben ist. Art. 21 EG räumt die Alternative ein, dass ein oder mehrere Erben oder Vermächtnisnehmer festgelegt werden können, wenn der bereits bestimmte Erbe vor dem Erblasser verstirbt, er das Erbe oder Vermächtnis ausschlägt oder sich als erbunwürdig erweist. Allerdings kann der Erblasser nicht seinen Erben anweisen, nach Eintritt des Erbfalles das von ihm erhaltene Erbe ganz oder partiell an einem Dritten weiterzuvererben. Erben vom Gesetzes wegen oder nach Testament haben das Recht, das für sie bestimmte Testament in Empfang zu nehmen, ungeachtet der Ausschlagung des Erbes.

Des Weiteren können in dem Testament vermögensrechtliche und nichtvermögensrechtliche Verfügungen enthalten werden, wobei letztere keine rechtliche Bedeutung tragen. Dies betrifft auch in dem Testament enthaltene Verpflichtungen. Wirkungslos ist auch das Erben einer Sache, wenn bei Eintritt des Erbfalles der Erblasser nicht deren Eigentümer ist.

Im Gegensatz dazu ist das Erben einer exakten Menge an Sachen gleicher Gattung rechtmäßig, auch wenn bei Bekanntgabe diese in dem Vermögen des Erblassers nicht enthalten sind. Jede Erklärung bezüglich Verzichts auf den Pflichtteil im Testament ist dagegen nichtig. Art. 30 ff. EG sind die Bestimmungen, aus welchen die Ansprüche zur Regulierung der letztwilligen Verfügungen und Schenkungen der gesetzlichen Erben ersten Grades und der Ehegatten aufgrund des Pflichtteils entstehen. Wenn der Pflichtteil eines gesetzlichen Erben angetastet wurde, kann er den Anspruch gegen Personen geltend machen, die nicht Erben dem Gesetz nach sind, wenn er die Erbschaft durch den Nachlassverzeichnis angenommen hat.

Aufhebung eines Testaments

Die Aufhebung eines Testaments nach der bulgarischen Gesetzgebung gem. Art. 38 EG kann durch die Erstellung eines neuen oder notarielle Urkunde erfolgen, in welchen der Erblasser ausdrücklich kundgibt, dass er das frühere Testament oder Teile davon außer Kraft setzt.

Die Erstellung eines weiteren Testamens bedeutet keinen konkludenten Widerruf des vorhergehenden. Es dementiert nur die Verfügungen, die mit dem neueren Testament nicht konform sind.

Die Aufhebung eines Testaments durch Erstellung eines neuen erfolgt auch dann, wenn der Erbe oder Vermächtnisnehmer vor dem Erblasser verstirbt, sich als unwürdig erweist oder das Erbe oder Vermächtnis ausschlägt.

Die Veräußerung einer Sache oder ein Teil dieser widerruft gem. Art. 41 EG nur die Verfügungen des Testaments, die damit verbunden sind, unabhängig davon, ob die Sache von dem Erblasser erneut erworben wurde oder wenn die Veräußerung nichtig war, ausgenommen die Fälle der mangelnden Übereinstimmung. Dies betrifft auch für vom Erblasser so verarbeitete oder veränderte Sachen, dass diese die ursprüngliche Form und Zweck verloren haben.

Unwirksamkeit eines Testaments

Eine letztwillige Verfügung ist gem. Art. 42 EG unwirksam, wenn:

  • sie für eine nicht erbfähigen Person bestimmt wurde (s.o.);
  • sie nicht den Bestimmungen für Erstellung und Form entspricht (s.o.);
  • die Verfügungen oder der in dem Testament geäußertem Beweggrund, nach welchem die Verfügung erfolgt, sittenwidrig ist oder gegen der Gesellschaftsordnung verstößt; dies trifft auch zu, wenn die Bedingungen oder die Last unzumutbar sind.

Die Erklärung des Testaments für nichtig aus den oben genannten Gründen genießt keine Verjährungsfrist.

Gem. Art. 43 EG ist die Anfechtung der letztwilligen Verfügungen in folgenden Fällen möglich:

  • wenn das Testament von einer Person erstellt wurde, die nicht rechtlich dazu in der Lage ist (s.o.) und
  • wenn das Testament aufgrund eines Fehlers, unter Androhung oder Ausübung von Gewalt oder mit betrügerischen Absichten angefertigt wurde.

Wenn der Beweggrund in dem Testament geäußert wurde, aufgrund welcher die Verfügung stattfand und sich als fehlerhaft herausstellt, rechtfertigt dies die Nichtigkeit der Verfügung. Die Verjährungsfrist zur Ansprucherhebung beträgt drei Jahre ab dem Zeitpunkt, ab dem die Person, deren letzter Wille mangelhaft ist, Kenntnis von der Nichtigkeit erlangt hat, jedoch nicht später als zehn Jahre nach Bekanntgabe. Für Fälle, in denen die Kenntniserlangung der Bekanntgabe der Erbe vorangeht, läuft die Frist drei Jahre ab Bekanntgabe.

Testamentsvollstrecker

Ziel der Einschaltung eines Testamentsvollstreckers ist die Vereinfachung der Aufteilung des Nachlasses. Der Erblasser bestellt den Vollstrecker und diese Beauftragung findet statt indem dieser die Vollstreckung des Testaments annimmt. Es wird ein Verzeichnis des Nachlassvermögens erstellt, nachdem die Erben und Vermächtnisnehmer dazu eingeladen sind. Wenn die Notwendigkeit aufgrund Vollstreckung des Testaments besteht, nimmt der Testamentsvollstrecker das Vermögen in Besitz und verwaltet es. Für seine Tätigkeit ist er von den Erben zu entlohnen. Der Testamentsvollstrecker hat nicht das Recht, Vermögen aus dem Nachlass zu veräußern, ausschließlich in dringenden Fällen mit der Genehmigung eines Richters nach Anhörung der Erben und Urteilsspruch. In Fällen der Fahrlässigkeit, Inkompetenz oder aufgrund vertrauensunwürdiger Handlungen des Testamentsvollstreckers, kann er von einem Amtsrichter von seinem Amt entbunden werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Kanzlei Ruskov & Kollegen

Beiträge zum Thema