EuGH ebnet Weg für Widerruf von Kreditverträgen

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Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 9. September 2021 ein dickes Ausrufezeichen zum Widerruf von Kreditverträgen gesetzt und die Rechte der Verbraucher erheblich gestärkt. Der EuGH machte deutlich, dass die Angaben der Banken, insbesondere zur Höhe des Verzugszinses oder zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung oft unzureichend sind und der Widerruf daher auch noch Jahre nach Abschluss des Kreditvertrags möglich ist (Az.: C-33/20, C-155/20, C-187/20).

„Derartige fehlerhafte oder unzureichende Angaben lassen sich in den Darlehensverträgen zahlreicher Banken finden. Nach der Entscheidung des EuGH dürften sich wahrscheinlich Millionen von Kreditverträgen noch widerrufen lassen, weil die zumeist 14-tägige Widerrufsfrist durch die unzureichenden Angaben nie zu laufen begann. Das Urteil des EuGH dürfte absolut richtungsweisend sein und den Weg für den Widerspruch ebnen“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Vor dem EuGH ging es um Kreditverträge der VW-Bank, Skoda-Bank und BMW-Bank. Das Landgericht Ravensburg hatte das höchste europäische Gericht angerufen, um strittige Fragen zum Widerruf zu klären. „Anders als zuletzt der BGH hat der EuGH verbraucherfreundlich entschieden und das Widerrufsrecht der Kreditnehmer gestärkt“, so Rechtsanwalt Gisevius.

So machte der EuGH deutlich, dass die Höhe des Verzugszinses mit einem konkreten Zinssatz angegeben werden muss. „Macht die Bank nur allgemeine Angaben, z.B. dass der Verzugszins 5 Prozentpunkte über dem Basissatz liegt, ist das nicht ausreichend“, erläutert Rechtsanwalt Gisevius. Auch der Mechanismus, nach dem sich dieser Zinssatz ändert, müsse angegeben werden.

Außerdem müsse auch die Berechnungsmethode einer Vorfälligkeitsentschädigung klar und für den Kreditnehmer verständlich dargestellt werden, so der EuGH.

Auch die wesentlichen Informationen über außergerichtliche Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren müssen erteilt werden. Ein Hinweis auf eine im Internet abrufbare Verfahrensordnung reicht nicht aus.

Der EuGH hat auch der Einrede der Verwirkung des Widerrufs eine klare Absage erteilt. Eine Bank könne sich nicht auf die Verwirkung des Widerrufsrechts berufen, wenn sie selbst unzureichende Angaben im Kreditvertrag gemacht hat. Auch dürfe dem Verbraucher bei der Ausübung des Widerrufsrechts kein Rechtsmissbrauch unterstellt werden. „Damit hat der EuGH wichtigen Argumenten der Banken den Zahn gezogen“, so Rechtsanwalt Gisevius.

Vor dem EuGH ging es zwar um Autokredite, das Urteil dürfte sich aber auf nahezu alle Verbraucherdarlehen mit Ausnahme der meisten Immobiliendarlehen anwenden lassen.

Besonders interessant wird der Widerruf, wenn zwischen einem Kaufvertrag und Kreditvertrag ein sog. verbundenes Geschäft vorliegt, wie es u.a. bei Autofinanzierungen regelmäßig der Fall ist. Dann werden nach einem erfolgreichen Widerruf beide Verträge rückabgewickelt. Der Verbraucher gibt das Auto an die Bank und erhält im Gegenzug seine geleisteten Raten inklusive Anzahlung zurück. Rechtsanwalt Gisevius: „Das ist häufig deutlich lukrativer als ein Weiterverkauf des Autos, insbesondere im Hinblick auf Abgasskandal und Fahrverbote.“

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Mehr Informationen: https://bruellmann.de/widerruf-von-immobilien-und-autofinanzierung


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