EuGH-Grundsatzurteil zu Informationspflichten bei TV- und Onlinewerbung

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von Rechtsanwalt Dr. MArc Laukemann

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine für die gesamte Medienbranche grundlegende Entscheidung zur Platzierung von Informationspflichten im Rahmen der Online- und Fernsehwerbung getroffen.

Ausgangsfall

Im Ausgangsfall hatte ein dänisches Pay-TV-Unternehmen namens Canal Digital seine Leistungen in zwei im Fernsehen und im Internet verbreiteten Werbespots sowie aus drei Banner-Ads im Internet beworben. Canal Digital wurde dabei vorgeworfen, teilweise überhaupt nicht, teilweise nur versteckt darauf hingewiesen zu haben, dass zur angegebenen Monatsgebühr von 99 DKK oder 149 DKK ein Abonnement eines halbjährlichen „Kartendienstes“ von 389 DKK hinzukomme.

Dem EuGH wurde die Frage vorgelegt, zu prüfen, ob die Firma die für Werbung gegenüber Verbrauchern in Europa geltenden Informationspflichten nachgekommen war.

Hintergrund

Maßgeblich für die Medienwerbung ist dabei Art. 7 Abs. 4 der EU-Richtlinie 2005/29/EG vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken. Dieser verpflichtet Werbetreibende bereits im Vorfeld bestimmte Mindestinformationen anzugeben, sofern sie sich nicht unmittelbar aus dem Folgenden ergeben:

a)
die wesentlichen Merkmale des Produkts in dem für das Medium und das Produkt angemessenen Umfang;

b.)
Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden, wie sein Handelsname und gegebenenfalls Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden, für den er handelt;

c.)
der Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit des Produkts vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Zustellkosten oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzliche Kosten anfallen können;

d)
die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen sowie das Verfahren zum Umgang mit Beschwerden, falls sie von den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt abweichen;

e)
für Produkte und Rechtsgeschäfte, die ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht beinhalten, das Bestehen eines solchen Rechts.

Ohne diese Informationen, zu denen insbesondere auch die Preisangabe zählt, gilt eine Aufforderung zum Kauf als irreführend.

Die Eckpfeiler des EuGH

Der EuGH stellte in seiner Entscheidung in diesem Zusammenhang wichtige Grundsätze auf, die bei einer solchen Bewertung zu berücksichtigen sind:

  • Grundsätzlich enthalte die Aufzählung in Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29 eine abschließende Aufzählung der wesentlichen Informationen, die in einer Aufforderung zum Kauf genannt sein müssen.
  • Maßgeblich sind das konkrete Kommunikationsmedium, in dem geworben werde sowie die tatsächlichen Maßnahmen, die der Gewerbetreibende getroffen hat, um den Verbrauchern die Information anderweitig zur Verfügung zu stellen. Je nach Medium ergeben sich technisch bedingte unterschiedliche, räumliche oder zeitliche Beschränkungen, denen Rechnung zu tragen ist.
  • Eine solche Würdigung hat unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Geschäftspraxis ist auch dann erforderlich, wenn das nationale Recht eine solche Einschränkung nicht vorsehe.
  • Wer in TV-Werbespots wirbt, kann sich aber nicht darauf berufen, ihm stünde keine ausreichende Zeit zur Verfügung, dem Verbraucher die wichtigsten Informationspflichten zur Verfügung zu stellen.
  • Daher ist es irreführend, einen Gesamtpreis künstlich in mehrere Bestandteile (Monats- und Halbjahres-Entgelte) aufzugliedern und nur einen davon (Monatsbeitrag) im Rahmen der Werbung hervorzuheben.

Fazit: Der EuGH hat klargestellt, dass die Informationspflichten des Werbenden unter Berücksichtigung der technischen Grenzen des jeweiligen Mediums zu erfolgen hat. Dieser Ansatz lässt Raum für eine flexiblere Handhabung. Grundsätzlich ist Werbetreibenden aus rechtlicher Sicht weiterhin zu empfehlen, vorsorglich lieber mehr als zu wenige Informationen leichtzugänglich bereitzuhalten. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. Wir Anwälte werden auch nach diesem Urteil nicht die besten Freunde der Werbetreibenden.

EuGH v. 26.10.2016 – C-611/14 Canal Digital Danmark A

Der Autor Dr. Laukemann ist Rechtsanwalt, Partner der Kanzlei LFR Wirtschaftsanwälte, u.a. Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und beschäftigt sich seit über 15 Jahren mit dem Onlinemarketingrecht.


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