EuGH-Urteil: Widerruf bei nahezu allen Kredit- und Darlehensverträgen noch heute möglich!

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Ein aktuelles EuGH-Urteil könnte zum Fluch für die deutsche Kreditwirtschaft werden: Wegen mangelhafter Widerrufsinformationen sind Verbraucherkreditverträge bis heute widerrufbar!

Um Verbraucher zu schützen, gilt auch für Verbraucherkreditverträge das sogenannte Widerrufsrecht. Innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss und Erhalt aller gesetzlich vorgeschriebenen Informationen können Verbraucher noch einmal in Ruhe über Kreditverträge nachdenken. Denn solange können sie den Vertrag ohne weitere Gründe einfach widerrufen.

Widerrufsfrist muss aus Kreditvertrag für Verbraucher klar erkennbar sein

In dem zugrunde liegenden Fall geht es um einen Verbraucher, der 2012 bei der Kreissparkasse Saarlouis einen grundpfandrechtlich gesicherten Kredit über 100.000 € mit einem bis zum 30.11.2021 gebundenen Sollzinssatz von 3,61 % pro Jahr aufgenommen hatte. 2016 hatte der Verbraucher diesen Vertrag widerrufen. Die Sparkasse ist der Ansicht, dass dies zu spät gewesen sei, denn sie habe ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht und alle Pflichtangaben belehrt.

Der EuGH hat nun mit Entscheidung vom 26.03.2020 (Rs.: C-66/19) entschieden, dass dem wohl nicht so ist: Denn für den Verbraucher war nicht klar erkennbar, wann die Frist zu laufen begonnen haben soll – und deshalb lief sie überhaupt noch nicht.

Mehrere Verweise nacheinander sind keine klare, prägnante Form für Verbraucher

Das Problem bei allen Verbraucherkreditverträgen ist, dass der Darlehensnehmer bestimmte Pflichtangaben erhalten muss, bevor die Widerrufsfrist zu laufen beginnt. Nur, wenn ein Verbraucher alle diese Informationen kennt, geht das Gesetz davon aus, dass er eine sinnvolle Entscheidung treffen kann. 

Welche Pflichtinformationen das sind, stand aber nicht im Kreditvertrag. Dort wurde nur auf ein deutsches Gesetz verwiesen, das wiederum auf ein anderes Gesetz verweist. Der Verbraucher musste sich also durch verschiedene Gesetze „wühlen“, bis er (nach Lektüre der Gesetzestexte) theoretisch herausfinden konnte, welche Pflichtinformationen gemeint sind. Im Anschluss musste er prüfen, ob und wann er diese denn nun erhalten hat.

Dass mache es einem Verbraucher nach dem EuGH praktisch unmöglich, seine eigenen vertraglichen Verpflichtungen zu bestimmen oder zu überprüfen, ob der abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Pflichtinformationen enthält. Eine solche „Kaskadenverweisung“ laufe der verbraucherschützenden EU-Richtlinie zuwider.

Verbraucher sollten ihre Darlehensverträge überprüfen – und möglicherweise widerrufen

Für viele Verbraucher dürfte es nun lukrativ sein, auch die eigenen Kreditverträge überprüfen zu lassen. Denn in den letzten Jahren sind die Zinsen für Kreditverträge noch einmal deutlich gesunken. Wer einen alten Vertrag widerrufen und stattdessen einen neuen abschließen kann, hat häufig großes Sparpotenzial: Egal, ob es um einen Hauskauf, ein Auto oder einen Fernseher ging: Betroffen sind potenziell alle Verbraucherkreditverträge!

Wenn auch Sie einen Kreditvertrag haben, den Sie möglicherweise widerrufen möchten, zögern Sie nicht, uns anzusprechen. Gerne prüfen wir mit Ihnen gemeinsam, ob ein Widerruf möglich und vor allem auch für Sie persönlich sinnvoll ist!

Rechtsanwalt Dennis Tölle

Tölle Wagenknecht Rechtsanwälte Partnerschaft mbB


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