Gefälschten Impfpass verwendet - Vorladung, Strafbefehl, Anklage erhalten

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Vorsicht neue Rechtslage!!! - Update-Video finden Sie hier

Die Corona-Pandemie ist seit über 1,5 Jahren eines der aktuellsten Themen in fast jedem Lebensbereich. So auch im Hinblick auf Straftaten.

Insbesondere in der letzten Zeit berichten die Medien immer mehr über gefälschte Impfausweise.

Ohne entsprechenden Nachweis – zum Beispiel ein Impfnachweis – sind eine nicht unbeachtliche Anzahl der Bereiche des öffentlichen Lebens vielerorts nicht mehr zugänglich.

Für manche Menschen die Lösung: Ein gefälschter Impfausweis, der das Bestehen einer entsprechenden Impfung bescheinigt, ohne dass eine solche jemals stattgefunden hat. Durch das Vorlegen eines Impfausweises bei einer Apotheke, kann (bzw. könnte) man so dann auch einen QR-Code für ein digitales Impfzertifikat erhalten.

Aber nicht nur das Herstellen und/oder Gebrauchen gefälschter Impfausweise (sowie entsprechender QR-Codes) ist dabei ein Thema, sondern auch der Handel mit diesen.

In Hessen und Baden-Würrtemberg wurden in diesem Zusammenhang Durchsuchungen vorgenommen und Tatverdächtige – sowohl Verkäufer als auch Käufer - festgenommen.

Wie sollte ich mich bei einer Hausdurchsuchung oder Festnahme wegen gefälschter Impfausweise verhalten?

Sollten sie mit einer Hausdurchsuchung oder einer Festnahme wegen gefälschter Impfausweise konfrontiert sein, so sollten Sie insbesondere die folgenden drei Dinge beachten:

  • Bewahren Sie Ruhe und einen kühlen Kopf
  • Machen Sie von Ihrem Schweigerecht als Beschuldigter im Strafverfahren Gebrauch (Sie können nicht dazu gezwungen werden, Angaben zum Tatvorwurf zu machen und sollten dies zunächst auch nicht tun)
  • Kontaktieren Sie so schnell wie möglich einen Strafverteidiger

Bei einer Hausdurchsuchung sollten Sie sich zudem den Durchsuchungsbeschluss zeigen lassen und dann vor allem das Datum, an dem dieser erlassen wurde überprüfen – für eine Durchsuchung darf dieser nicht älter als 6 Monate sein. Außerdem können und sollten Sie – wenn möglich – Durchsuchungszeugen hinzuziehen.

Wichtig ist aber auch, dass Sie sich weder bei einer Hausdurchsuchung noch bei einer Festnahme aktiv gegen diese Maßnahmen zur Wehr setzen – ansonsten können weitere Strafbarkeiten (z.B. wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte) drohen.

Laut Medienberichten war Hintergrund der Durchsuchungen und Festnahmen in Hessen und Baden-Würrtemberg, dass mehrere hundert gefälschte Impfausweise für jeweils mehrere hundert Euro verkauft worden sein sollen.

Das klingt strafbar. Ist es das aber auch?

Der Vorwurf: (Gewerbsmäßige) Urkundenfälschung

Wie hoch ist die Strafe für gewerbsmäßige Urkundenfälschung?

Grundsätzlich bedroht das Gesetz Urkundenfälschung mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren. In sogenannten besonders schweren Fällen – wozu auch die gewerbsmäßige Urkundenfälschung zählen kann – sieht das Gesetz allerdings keine Geldstrafe mehr vor, sondern eine Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren.

Wann macht man sich wegen Urkundenfälschung strafbar?

Aber wann macht man sich überhaupt wegen gewerbsmäßiger Urkundenfälschung strafbar?

Grundvoraussetzung ist, dass das Objekt, das der Betroffene „bearbeitet“ oder nutzt, eine Urkunde ist.

Eine Urkunde ist die Erklärung menschlicher Gedanken, die in (irgendeiner – typischerweise schriftlichen) Form verkörpert ist, dabei erkennen lässt, wer ihr Aussteller ist (von wem die Erklärung herrührt) und zudem im Rechtsverkehr sowohl zur Erbringung eines Beweises geeignet sowie bestimmt ist.

Dementsprechend ist beispielsweise (wenig überraschend) ein schulisches oder universitäres Zeugnis eine Urkunde.

Ein Impfausweis ist die in Schriftform verkörperte Gedankenerklärung, dass eine bestimmte Schutzimpfung für die Person, die Inhaber dieses Impfausweises ist, stattgefunden hat. Aussteller dieser Erklärung ist erkennbar derjenige, der bei Eintragung der Impfung unterschreibt und/oder seinen Stempel setzt. Damit ist der Aussteller, dass eine bestimmte Impfung durchgeführt wurde, erkennbar. Der Impfausweis ist zudem im Rechtsverkehr zum Beweis geeignet und auch bestimmt.

Damit ist ein Impfausweis in der Regel eine Urkunde.

Wird der Inhalt eines Impfausweises nachträglich dergestalt von jemandem (der nicht ursprünglicher Aussteller ist) verändert, sodass dieser Aussteller wird (von ihm/ihr entstammt dann die enthaltene Erklärung), so wird die Urkunde gefälscht im Sinne des § 267 StGB (dem Straftatbestand der Urkundenfälschung).

Damit wird die Urkunde unecht – der erkennbare Aussteller (wer (vermeintlich) die Impfung durchgeführt hat) und der wahre Aussteller (wer sie tatsächlich eingetragen hat) sind nicht (mehr) identisch.

Auch der Gebrauch einer solchen unechten oder gefälschten Urkunde ist eine strafbare Urkundenfälschung.

Gewerbsmäßig ist eine Urkundenfälschung dann, wenn sie dazu begangen wird, sich über eine längere Dauer aus wiederholter Begehung von Urkundenfälschungen eine Einnahmequelle von nicht nur unbedeutendem Gewicht zu verschaffen.

Nun stellt sich aber die Frage …

Ist das Herstellen, Verkaufen und Gebrauchen gefälschter Impfausweise strafbar?

Wieso das Thema der gefälschten Impfausweise in aller Munde ist, ist unter anderem auch, dass bis vor Kurzem gar nicht so eindeutig und klar war, ob dies überhaupt strafbar ist.

Bis vor Kurzem gab es nämlich keinen expliziten Straftatbestand „Fälschen von Impfausweisen“.

Dieses Problem soll sich nach neuester Gesetzgebung erübrigen.

Bis jetzt fiel bei der Frage nach der Strafbarkeit dieses Verhaltens der erste Blick auf die Urkundenfälschung (§ 267 StGB) und das Fälschen (sowie das Ausstellen und Gebrauchen unrichtiger) Gesundheitszeugnisse (§§ 277, 278, 279 StGB).

Fälschung von Impfausweisen als Urkundenfälschung?

Der Vorwurf beim Herstellen oder Gebrauchen gefälschter Impfausweise lautet oftmals Urkundenfälschung.

Ein Impfausweis ist schließlich in der Regel eine Urkunde.

Ein Problem war aber: bei Gesetzen gilt in der Regel das Prinzip, dass das speziellere Gesetz vor dem allgemeineren Gesetz Vorrang hat. Das bedeutet konkret: Es gibt einen Straftatbestand, der ein Verhalten unter Strafe stellt und einen weiteren Straftatbestand, der genau dieses Verhalten auch unter Strafe stellt, aber noch zusätzliche Voraussetzungen für eine Strafbarkeit aufstellt oder sonstig eine besondere Form eines Delikts darstellt. Dann ist der letztgenannte Straftatbestand spezieller und in der Folge vorrangig vor dem allgemeineren Gesetz.

Es ist vertretbar (und wurde beispielsweise vom LG Osnabrück so gesehen, vgl. LG Osnabrück, Beschluss v. 26.10.2021 – Pressemitteilung 40/21 vom 28.10.2021) zu sagen, dass es sich so beispielsweise mit dem Gebrauchen unrichtiger Gesundheitszeugnisse und der Urkundenfälschung verhält, also zu sagen, dass das Gebrauchen unrichtiger Gesundheitszeugnisse eine spezielle, abschließende, Form der Urkundenfälschung darstellt.

Ist also der Anwendungsbereich der Fälschung von Gesundheitszeugnissen eröffnet (bezieht sich das Geschehen also auf ein Gesundheitszeugnis), so musste (wegen der Spezialität) eine Bestrafung wegen Urkundenfälschung verneint werden.

Wenn es um gefälschte Impfausweise geht, kommt außer einer Urkundenfälschung also zudem eine Strafbarkeit wegen der Fälschung von Gesundheitszeugnissen und/oder dem Ausstellen und Gebrauch von unrichtigen Gesundheitszeugnissen in Betracht.

Das war auch bereits vor der Gesetzesänderung strafbar.

Das Problem war nur (weswegen beispielsweise das Vorzeigen eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke zur Erlangung eines digitalen Impfzertifikats nicht strafbar war, vgl. LG Osnabrück, Beschluss v. 26.10.2021 – Pressemitteilung 40/21 vom 28.10.2021), dass eine Strafbarkeit hiernach voraussetzte, dass eine Behörde oder eine Versicherungsgesellschaft getäuscht werden sollte. Eine Apotheke ist weder Behörde, noch Versicherungsgesellschaft. In Bezug zu gefälschten Impfausweisen waren die Straftatbestände also oftmals schlussendlich nicht verwirklicht, obwohl der Grundgedanke der Straftatbestände gepasst hätte. Zudem entfalteten diese im Vergleich zur Urkundenfälschung speziellen Straftatbestände eine Sperrwirkung, wenn es dann um die Frage einer Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung ging.

Das bisherige Ergebnis also: Straflosigkeit.

Gefälschte Impfausweise als strafbare Fälschung von Gesundheitszeugnissen – die neuen §§ 277 ff. StGB

Diese Strafbarkeitslücke hat der Gesetzgeber gesehen und in die am 18. November 2021 vom Bundestag beschlossene Gesetzesänderung aufgenommen.

Die §§ 277 folgende StGB wurden insbesondere dahingehend geändert, dass nunmehr keine Täuschung einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft mehr notwendige Voraussetzung einer Strafbarkeit ist, sondern stattdessen der Umstand, dass der Täter „zur Täuschung im Rechtsverkehr“ handelt. Unter die Täuschung des Rechtsverkehrs kann dann auch die Täuschung eines Mitarbeiters einer Apotheke fallen.

Auch den Streitpunkt des Verhältnisses des Gebrauchens unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 279 StGB) zur Urkundenfälschung (§ 267 StGB) wurde vom Gesetzgeber aufgegriffen. In der Gesetzesbegründung (zur Änderung der §§ 277 ff. StGB) führt der Gesetzgeber aus, dass der Straftatbestand des Gebrauchens unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 279 StGB) den Straftatbestand der Urkundenfälschung ergänzt. Das bedeutet in der Folge, dass eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung in einem Sachverhalt, bei dem auch eine Strafbarkeit wegen Gebrauchens unrichtiger Gesundheitszeugnisse greifen kann, gerade nicht automatisch ausgeschlossen ist.

Der Gesetzgeber weist darauf hin, dass eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung dann in Betracht kommt, wenn jemand gefälschte Gesundheitszeugnisse (im Sinne des § 267 StGB) gebraucht. Eine Strafbarkeit nach § 279 StGB setzt hingegen das Gebrauchen unrichtiger Gesundheitszeugnisse (im Sinne der § 277 und § 278 StGB) voraus (vgl. BT Drucksache 20/15 v. 08.11.21, S.34) .

Dies schlägt sich im neuen Gesetzeswortlaut nieder: Eine Bestrafung wegen des unbefugten Ausstellens von Gesundheitszeugnissen sowie des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse soll nur dann erfolgen, wenn die begangene Tat nicht bereits „in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwerer Strafe bedroht ist“.

Eine solche Vorschrift ist beispielsweise die Urkundenfälschung (mit einer Strafandrohung einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren im Gegensatz zu einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr für das Gebrauchen eines unrichtigen Gesundheitszeugnissen nach § 279 StGB).

Ist also bereits der Straftatbestand der Urkundenfälschung erfüllt, so findet keine Bestrafung mehr nach dem Straftatbestand des Gebrauchens unrichtiger Gesundheitszeugnisse statt.

Durch die Gesetzesänderung: Fälschung von Impfausweisen kann als Vorbereitung der Herstellung von unrichtigen Impfausweisen strafbar sein (§ 275 Abs.1a StGB)

Der Gesetzgeber hat überdies eine Strafbarkeitslücke bei vorbereitenden Handlungen zum Herstellen (und schlussendlich auch Nutzen) gefälschter Impfausweise erkannt und einen neuen Absatz in den Straftatbestand der „Vorbereitung der Fälschung von amtlichen Ausweisen“ (§ 275 StGB) geschaffen und die Vorbereitung der Herstellung von unrichtigen Impfausweisen nun unter Strafe gestellt.

Für die Vorbereitung der Herstellung von unrichtigen Impfausweisen droht gem. § 275 Abs.1a StGB eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren.

Höhere Strafen – eine Freiheitsstrafe zwischen 3 Monaten und 5 Jahren - drohen allerdings, wenn der Täter gewerbsmäßig (also um sich aus einer wiederholten Begehung der Straftat eine Einkommensquelle gewisser Dauer und gewissen Umfangs zu verschaffen) oder im Rahmen einer Bande, die sich zur Begehung solcher Straftaten verbunden hat, handelt (§ 275 Abs.2 StGB).

Wann droht eine Strafbarkeit nach § 275 Abs.1a StGB?

Strafbar ist nach dem neu eingefügten § 275 Abs.1a StGB das Vorbereiten der Herstellung von unrichtigen Impfausweisen.

Strafbar ist dabei zum Einen das Dokumentieren (also z.B. das Eintragen) einer Schutzimpfung in einem Blankett-Impfausweis, obwohl eine solche Schutzimpfung nicht vorgenommen wurde und zum Anderen das

  • Verschaffen (sich selbst oder einer anderen Person).
  • Feilhalten (also das Anbieten zum (Ver)kauf),
  • Verwahren,
  • Überlassen
  • Ein- oder Ausführen

eines so „ergänzten Blankett-Impfausweises“ (§ 275 Abs.1a StGB).

Ein Blankett-Impfausweis in diesem Sinne ist (so die Gesetzesbegründung, vgl. BT Drucksache 20/15 v. 08.11.21, S.32) ein Impfausweis, der noch nicht personalisiert ist, also noch nicht einer bestimmten Person zugeordnet ist.

Strafbar ist es auch, den Impfausweis eines anderen als eigenen zu nutzen

In § 281 Abs.2 StGB wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedroht, wenn jemand – zur Täuschung im Rechtsverkehr – ein Gesundheitszeugnis einer anderen Person (z.B. einen Impfausweis) dergestalt gebraucht, als wäre es sein/ihr eigenes. Spiegelbildlich macht sich ebenso strafbar, wer ein Gesundheitszeugnis einem anderen hierfür überlässt, obwohl das Gesundheitszeugnis nicht für diesen ausgestellt wurde.

Damit kann es beispielsweise strafbar sein, bei einem Restaurantbesuch unter „3G Bedingungen“ den Impfausweis einer anderen Person zu Täuschungszwecken vorzulegen (vgl.  BT Drucksache 20/15 v. 08.11.21, S.35).

Das Geschäft mit gefälschten Impfausweisen fällt nun also aus der Straflosigkeit in eine mögliche Strafbarkeit. Wie die Geschehnisse bereits zeigen drohen Strafverfahren und damit verbunden auch Hausdurchsuchungen und Festnahmen.

Sollten Sie mit dem Vorwurf einer strafbaren Handlung in Bezug zu gefälschten Impfausweisen, einer Hausdurchsuchung oder Festnahme wegen gefälschten Impfausweisen konfrontiert sein, sollten Sie sich am Besten so früh wie möglich anwaltliche Hilfe suchen, um eine möglichst effektive Strafverteidigung sicherzustellen.

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Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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