Fahrverbote für Diesel können nicht durch höhere Grenzwerte umgangen werden

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Diesel-Fahrverbote sind für die Politik ein Schreckgespenst. Mit einem Bündel von Maßnahmen sollen Fahrverbote unbedingt verhindert werden. Und wenn das alles nicht reicht, sind nicht die Autos, sondern zu strenge Grenzwerte daran schuld. 

So wollte die Politik Diesel-Fahrverbote in vielen Städte mit einem einfachen Trick abwenden, indem der zulässige Grenzwert für Stickoxide von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft indirekt auf 50 Mikrogramm erhöht wird. „Offiziell bleibt der Grenzwert zwar bei 40 Mikrogramm, doch solange die Stickoxidbelastung die 50 Mikrogramm nicht überschreitet, gelten Fahrverbote einfach als unverhältnismäßig“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat der Bundesregierung jedoch einen dicken Strich durch diese Rechnung gemacht. Eine solche Regelung sei ein klarer Verstoß gegen europäisches Recht, urteilten die Richter in Mannheim. Europäisches Recht genieße Vorrang und die Neuregelung dürfe weder von Behörden noch von Gerichten beachtet werden.

Konkret ging es vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg um den Luftreinhalteplan für Reutlingen, in dem keine Diesel-Fahrverbote vorgesehen waren, da die Stickoxid-Belastung im Jahr 2018 „nur“ bei 53 Mikrogramm pro Kubikmeter lag und durch die geplanten Maßnahmen die 50 Mikrogramm unterschritten würden. Doch so einfach geht es nicht, machte der VGH klar. In dem Luftreinhalteplan werde zu Unrecht auf Diesel-Fahrverbote verzichtet, durch die die Grenzwerte früher eingehalten werden könnten. Das verbindliche Ziel, den Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickoxiden pro Kubikmeter Luft schnellstmöglich zu erreichen, dürfe auch nicht relativiert werden. Kämen Fahrverbote erst bei der Überschreitung von 50 Mikrogramm in Betracht, wäre dies ein Verstoß gegen europäisches Recht.

„Nicht nur für Reutlingen, auch für andere Städte werden Diesel-Fahrverbote in die Luftreinhaltepläne aufgenommen werden müssen. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs zeigt, dass der Plan der Bundesregierung, Fahrverbote durch eine indirekte Erhöhung der Grenzwerte zu umgehen, nicht aufgehen wird“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung, Kooperationsanwalt der IG Dieselskandal.

Für Dieselfahrer bleibt die Unsicherheit bestehen. Sie haben zwei Möglichkeiten drohenden Fahrverboten und dem Wertverlust ihrer Fahrzeuge zu entkommen. Wer direkt von Abgasmanipulationen des Herstellers betroffen ist, kann Ansprüche auf Schadensersatz geltend machen.

Alternativ dazu kann auch der Widerruf der Autofinanzierung geprüft werden, um auf diesen Weg die Rückabwicklung des Kaufvertrags zu erreichen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen Diesel oder Benziner handelt. Voraussetzung für den Widerruf ist lediglich, dass die finanzierende Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung oder fehlerhafte Verbraucherinformationen verwendet hat.

Mehr Informationen auf der Kanzleihomepage.



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