FAQ zur Meinungsfreiheit und Unternehmenskritik

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Rechtsanwalt Dr. Bernd Lorenz ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Hier beantwortet er die wichtigsten Fragen zur Meinungsfreiheit und Unternehmenskritik.


1. Was sind Tatsachenbehauptungen und was sind Meinungsäußerungen?

Es ist zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen zu unterscheiden. Meinungsäußerungen sind durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt. Tatsachenbehauptungen sind Äußerungen, die einem Beweis zugänglich sind. Tatsachenbehauptungen sind entweder wahr oder unwahr.

Meinungsäußerungen werden durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Fall 1 GG) geschützt. Auch Tatsachenbehauptungen werden durch die Meinungsfreiheit geschützt, wenn sie als Grundlage für die Bildung von Meinungen dienen können.


2. Wie weit geht die Meinungsfreiheit?

Die Meinungsfreiheit geht sehr weit. Auch unbegründete, ungerechte, emotionale, wertlose, scharfe, überzogene, überspitzte, polemische, ausfällige, satirische oder zynische Meinungsäußerungen werden durch die Meinungsfreiheit geschützt.


3. Wo liegt die Grenze der Meinungsfreiheit?

Von der Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt ist die sog. Schmähkritik. Darunter versteht man eine Kritik, die primär auf die Herabsetzung der Person abzielt und nicht auf die Auseinandersetzung in der Sache.

Von der Meinungsfreiheit regelmäßig nicht mehr gedeckt sind Beleidigungen einer Person, z.B. in Form von Schimpfwörtern. Die Beleidigung einer Person ist strafbar (§ 185 StGB). Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings die Bezeichnung einer Person als „Dummschwätzer“ für eine Person, die tatsächlich dummes Zeug erzählt, als zulässig erachtet.

  • BVerfG, Beschluss vom 05.12.2008 – 1 BvR 1318/07

Von der Meinungsfreiheit nicht mehr geschützt sind ferner die üble Nachrede und die Verleumdung. Auch die üble Nachrede (§ 186 StGB) und die Verleumdung (§ 187 StGB) sind strafbar. Die üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens (§ 188 StGB) ist ebenfalls strafbar.


4. Wie weit geht die Unternehmenskritik?

Entsprechend der weiten Meinungsfreiheit, ist auch die Unternehmenskritik weit. Unternehmen haben wertende Kritik grundsätzlich hinzunehmen, auch wenn sie ihr wirtschaftliches Wirken tangiert. Wer sich im wirtschaftlichen Leben betätigt, muss sich in weitem Umfang der Kritik aussetzen.

  • LG Köln, Urteil vom 25.02.2015 – 28 O 419/14

Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann von der Meinungsfreiheit gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist.

- Unzulässig sind inhaltlich unrichtige Informationen. Unwahre Tatsachenbehauptungen sind stets unzulässig.
 
 - Bewertungen des Unternehmens oder deren Produkte oder Dienstleistungen sind unzulässig, wenn sie sich als Schmähkritik darstellen.

  • BGH, Urteil vom 16.12.2014 – VI ZR 39/14


5. Können auch Nicht-Kunden Bewertungen abgeben?

Umstritten war, ob auch Nicht-Kunden ein Unternehmen bewerten dürfen. Nach einer Meinung war es ausreichend, dass sich der Bewertende in irgendeiner Art und Weise eine Meinung über das Unternehmen gebildet hat. Dafür brauchte er nicht Kunde des Unternehmens zu sein.

  • LG Augsburg, Endurteil vom 17.08.2017 – 022 O 560/17

Nach anderer Ansicht war eine negative Bewertung ohne Tatsachengrundlage rechtswidrig.

  • LG Hamburg, Urteil vom 12.01.2018 – 324 O 63/17
  • LG Lübeck, Urteil vom 13.06.2018 – 9 O 59/17
  • vgl. auch OLG Nürnberg, Beschluss vom 17.07.2019 – 3 W 1470/19

Nach dem BGH sind negative Bewertungen, denen kein Kundenkontakt zugrunde liegt, rechtswidrig. Erfolgen die Bewertungen anonym oder unter einem Pseudonym, reicht es aus, wenn das bewertete Unternehmen den Kundenkontakt bestreitet. Das Bewertungsportal muss die Bewertungen dann überprüfen, und wenn es keinen Kundenkontakt feststellen kann, löschen.

  • BGH, Urteil vom 09.08.2022 – VI ZR 1244/20



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