FCA-Abgasskandal: OLG München sieht Wohnmobile von Stilllegung bedroht

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Im Diesel-Abgasskandal wird es für Fiat Chrysler Automobiles (FCA/jetzt: Stellantis) in der zweiten Instanz immer enger: Erneut hat das Oberlandesgericht München in einem Hinweisbeschluss klar gemacht, dass FCA in einem Wohnmobil eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut hat. Mit Hilfe einer Zeitschaltuhr beendet die Motorsteuerung nach knapp 22 Minuten die Abgasreinigung. Dem Kläger stünde aufgrund dieser unzulässigen Abschalteinrichtung Schadensersatz zu (Az. 36 U 3680/22). Dr. Stoll & Sauer rät Verbrauchern zur Beratung im kostenlosen Online-Check. Die Chancen auf Schadensersatz sind durch die Äußerungen am OLG München enorm gestiegen. Die Kanzlei gehört zu den führenden im Abgasskandal.

OLG München im Fiat-Abgasskandal vor wegweisenden Urteilen

Beim OLG München könnte im Abgasskandal der Wohnmobile Geschichte geschrieben werden. Bereits am 3. August 2022 kündigte der 36 Senat in einem Verfahren der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer eine Verurteilung an. In einem weiteren Verfahren hat der gleiche Senat nun ebenfalls klar zum Ausdruck gebracht, dass der Motor die Abgasreinigung mit Hilfe einer Timerfunktion nach rund 22 Minuten ausschaltet und das Fahrzeug daher von einer Stilllegung bedroht ist (Az.: 36 U 3680/22). In insgesamt vier Verfahren liegt die Konstellation ähnlich. Es könnten also vier Verurteilungen in zweiter Instanz anstehen. Das wäre dann ein Meilenstein in der juristischen Aufarbeitung des Abgasskandals der WoMo-Branche. Die Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer fasst mit Hilfe des eigenen Verfahrens zusammen, wie der 36. Senat den Abgasskandal bei Fiat Chrysler beurteilt:

  • Die betroffenen Wohnmobile verfügen über folgende Ausstattung: Fiat Ducato, 2,3-Liter-Motor, 96 bis 180 PS, Euro 5b oder 6b.
  • Die Kläger verlangen von FCA die Rücknahme des Fahrzeugs sowie die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung. Möglich ist auch der kleine Schadensersatz bei dem die Verbraucher das Fahrzeug behalten können. Bei Neufahrzeugen, die noch in der Gewährleistung sind, besteht die Klage auf Neulieferung eines mangelfreien Wohnmobils.
  • Folgende unzulässige Abschalteinrichtungen sind verbaut: Zeitschaltuhr, die nach rund 22 Minuten die Abgasreinigung des Motors beendet. Mit Hilfe des Lenkradwinkeleinschlags und Stellung des Gaspedals kann die Abgasreinigung ebenfalls manipuliert werden. Manipulation des On-Board-Diagnosesystems. Ein Thermofenster steuert die Abgasreinigung abhängig von der Außentemperatur.
  • Der 36. Senat am OLG München stellte in dem Verfahren der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer in einer Verfügung vom 3. August 2022 Folgendes fest:
    1. Die Timerfunktion wird als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 715/2007 gewertet. 
    2. Der Senat hält die Abschalteinrichtung auch nicht notwendig zum Schutz des Motors. 
    3. Die vom Abgasskandal betroffenen Wohnmobile unterliegen der „latenten Gefahr eines Rückrufs bzw. eines Widerrufs der Typengenehmigung“. Und das käme  einer Stilllegung der Wohnmobile gleich.

Seit 2015 beschäftigen sich US-Behörden mit Abgasskandal bei Fiat

Wie bereits bei VW nahm auch bei Fiat Chrysler Automobiles der Abgasskandal in den USA seinen Ausgangspunkt. Mit der aktuellen Verurteilung hat FCA insgesamt rund 1,2 Milliarden Dollar an Strafen und Entschädigungen in den USA bezahlt. Da wirken die Unschuldsbeteuerungen vor deutschen Gerichten bei Diesel-Verfahren aus Sicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer höchst unglaubwürdig. Hier die Historie des Abgasskandals in den USA:

  • Bereits 2015 klagten Investoren wegen angeblich irreführender Angaben zu Dieselabgasen gegen FCA. Erst im April 2019 einigte sich Fiat Chrysler im Rechtsstreit mit US-Anlegern auf einen Vergleich. Der Autokonzern zahlte 110 Millionen Dollar.
  • Daneben begannen 2017 Ermittlungen der US-Umweltbehörde EPA gegen den Konzern. Acht unzulässige Abschalteinrichtungen fanden die Ermittler in Fiat-Motoren. Daraufhin reichte die US-Justizbehörde für die EPA Klage gegen FCA ein. Um die zivilrechtliche Auseinandersetzung beizulegen, zahlte Fiat im Januar 2019 mehr als 500 Millionen Dollar sowie 300 Millionen Dollar an Entschädigungen für die Autobesitzer sowie für Rückrufe und Reparaturen von Dieselwagen. Der mitangeklagte deutsche Zulieferer Bosch, der eine Zeitschaltuhr zur Abgasmanipulation geliefert haben sollte, musste bis zu 27,5 Millionen Dollar bezahlen.
  • Mit dem Urteil vom 1. August 2022 ist nun auch das strafrechtliche Verfahren gegen FCA abgeschlossen. Das Bundesgericht in Detroit verurteilte FCA zur Zahlung von rund 300 Millionen Dollar wegen Betrugs bei Emissionsangaben, schreibt das Handelsblatt. FCA hatte im Juni ein Schuldeingeständnis abgelegt, um wahrscheinlich bei einer zu erwartenden Verurteilung einer noch höheren Strafe zu entgehen.
Foto(s): Pixabay

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